Aus OWL neu in den Bundestag? – Folge 10: Friedrich Straetmanns (Linke) aus Bielefeld
Der unbefangene Sozialrichter
Bielefeld (WB/as). Friedrich Straetmanns spürt, wo es in der Gesellschaft kneift. Als Richter am Sozialgericht Detmold verhandelt er auch viele Einsprüche gegen Hartz-IV-Bescheide. Ist er da als Politiker der Partei Die Linke nicht befangen?
Von Westfalen-Blatt
»Ich habe darum gebeten, von solchen Fällen entbunden zu werden. Aber das Gericht sieht das nicht so. Und ich bin da auch kein Weichei. Wenn Kürzungen bei Hartz IV berechtigt sind, dann sind sie berechtigt. Anträge wegen Befangenheit sind an einer Hand abzuzählen«, sagt Straetmanns.
Der 56-Jährige will Nachfolger von Inge Höger werden. In den vergangenen vier Jahren war die Herforderin die einzige Abgeordnete der Linken aus OWL. Straetmanns hat Listenplatz 12. Holt die Linkspartei mehr als zehn Prozent, könnte das für ein Mandat in Berlin reichen.
Kurswechsel der SPD erhofft
Die Gesetze zur sozialen Sicherung hält er nicht für gut. »Nicht gut im Sinne sozialer Gerechtigkeit. Martin Schulz hätte das Thema vom Beginn seiner Kampagne an durchziehen müssen, das hat er nicht getan«, bedauert Straetmanns und hofft auf einen Kurswechsel bei den Sozialdemokraten nach der Wahl unter Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles.
Seit 2007 ist der Jurist Mitglied der Linkspartei. »Das hat sich seit 2004 mit der Einführung der Hartz-Gesetze entwickelt«, blickt Straetmanns zurück. Seitdem beschäftigen ihn die Belange der Rentner, Arbeitnehmer und Sozialhilfebezieher nicht nur beruflich, sondern auch politisch.
Rente und bezahlbarer Wohnraum sind große Anliegen
Dass die gesetzliche Rente bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent des letzten Nettoeinkommens sinken soll, lehnt er ab. »Diese Zahl ist auf den durchschnittlichen Rentner, den sogenannten Eckrentner, gerechnet. Da sind die vielen gebrochenen Arbeitsbiografien nicht berücksichtigt. Und für die Menschen reicht das dann nicht«, erklärt Straetmanns, der von sich selbst sagt, kein »Fundamental-Oppositioneller« zu sein.
Sein zweites großes Anliegen neben der Rente: bezahlbarer Wohnraum. Dieses Problem spiele in seinem Wahlkampf in Bielefeld eine wichtige Rolle. Das Besondere: Friedrich Straetmanns ist selbst Vermieter und sieht keinen Widerspruch darin, Wohnraum zu vermieten und sich gleichzeitig für Belange von Mietern einzusetzen. Wenn man so will, orientiert er sich an der Dialektik – der Lehre von den Gegensätzen und ihrer Aufhebung. Das nennt man dann Synthese. Oder wie Straetmanns sagt: »Ich bin streitbar, aber auch kompromissfähig.«
Keine Kompromisse geht er ein, wenn es um seine Leidenschaft geht. Sein Herz hängt am DSC Arminia Bielefeld, er ist Mitglied des Ehrenrates. »Wenn es um den Verein und die Mannschaft geht«, sagt Straetmanns, »kommt es nicht auf die Partei an.«
#btw17 – die Themenseite des WESTFALEN-BLATTES
Wie sähe die Sitzverteilung auf Grundlage verschiedener Umfragen aus? Wen hätten die Menschen lieber als Kanzler? Welches Ergebnis wirft der Koalitionsrechner aus? Wir liefern die Antworten auf diese Fragen interaktiv.
Zudem haben wir auf unserer Themenseite zur Bundestagswahl viele Berichte zusammengestellt, zeigen welche Spitzenpolitiker wo in OWL auftreten und bieten Video-Interviews: http://www.westfalen-blatt.de/Bundestagswahl-2017
Teil 1: Christian Sauter (FDP) aus Extertal
Teil 2: Kerstin Vieregge (CDU) aus Extertal
Teil 3: Udo Hemmelgarn (AfD) aus Harsewinkel
Teil 4: Wiebke Esdar (SPD) aus Bielefeld
Teil 5: Oliver Vogt (CDU) aus Espelkamp
Teil 6: Frank Schäffler (FDP) aus Bünde
Teil 7: Ute Koczy (Grüne) aus Lemgo
Teil 8: Henning Welslau (SPD) aus Bielefeld
Teil 9: Michael Weber (CDU) Bielefeld
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Serie: Aus OWL neu in den Bundestag? – Folge 1: FDP-Kandidat aus Extertal Unterwegs mit Christian Sauter
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Serie: Aus OWL neu in den Bundestag? – Folge 2: Kerstin Vieregge (CDU) aus Extertal Vieregge: »Jedes Dorf ist anders«
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Serie: Aus OWL neu in den Bundestag? – Folge 3: AfD-Kandidat aus Harsewinkel Udo Hemmelgarn: »Wir werden das Korrektiv sein«
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Serie: Aus OWL neu in den Bundestag? – Folge 4: SPD-Kandidatin aus Bielefeld Wiebke Esdar: Politik statt Professur
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