Corona-Beschränkungen vereiteln die üblichen Partys zum Jahreswechsel
So feiert Bielefeld die Silvesternacht
Bielefeld -
Mit Superlativen geht das diensthabende Personal in Bielefelds Leitstellen üblicherweise sparsam um. Am Neujahrstag waren sich Feuerwehr, Rettungsdienste und Polizei allerdings einig: Es war entgegen mancher Befürchtung „eine sehr unproblematische Silvesternacht“. Dank der Corona-Beschränkungen könnte es die vielleicht sogar ruhigste Silvesternacht in Bielefeld aller Zeiten gewesen sein.
Von Markus Poch
Die Innenstadt war schon weit vor Mitternacht nahezu menschenleer, und das änderte sich auch nicht mehr. Dazu trugen viele vernünftige Familien bei, die, wie von Bundes- und Landesregierung empfohlen, den Jahreswechsel in kleinem Kreise gemütlich zu Hause feierten. Der Außendienst des Ordnungsamtes, der in den Böllerverbotszonen und letztjährigen Party-Orten während der Abendstunden mit 76 Mitarbeitern Präsenz zeigte, musste nur in wenigen Situationen eingreifen, um Böller-, Alkohol- und Versammlungsverbote durchzusetzen.
Um Mitternacht hätten sich etwa 120 Personen auf Promenade und Sparrenburg eingefunden sowie 70 auf dem Johannisberg, berichtet Philipp Wilkens, Chef des Außendienstes. Die Menschen hätten sich aber fast alle an die Corona-Regeln gehalten und nur vereinzelt gegen das Alkoholverbot verstoßen. Gewissenhaft überprüften die Amtsmitarbeiter auch jedes Dreiergrüppchen auf die Anzahl der beteiligten Haushalte, und selbst brave Liebespaare mussten den zum Anstoßen mitgebrachten Neujahrssekt tatsächlich wieder einpacken.
Aus den Augenwinkeln fiel den Mitarbeitern des Ordnungsamtes ein in diesem Jahr „äußerst spärliches Feuerwerk über der Stadt“ auf: Böller und Raketen seien praktisch ausschließlich in den Außenbezirken abgebrannt worden.
Nach Mitternacht wurden nach Hinweisen aus der Bevölkerung noch einige Partys kontrolliert und dabei zwei größere in einer Gaststätte und einem Privathaus aufgelöst. Auf dem Sennestädter Reichowplatz sei ein Mülleimer regelrecht gesprengt, der Verursacher aber direkt gestellt worden.
„Ich freue mich sehr, dass fast alle Bielefelder vernünftig waren und auf größere Partys und das Böllern verzichtet haben“, bilanzierte Krisenstabsleiter Udo Witthaus an Neujahr. So habe eine weitere Belastung der Kliniken gemeinsam vermieden werden können. Außerdem sei das Sicherheitskonzept des Ordnungsamtes aufgegangen. Witthaus: „Dafür danke ich den Mitarbeitern sehr, die die ganze Nacht in der Kälte auf den Beinen waren.“
Viel ruhiger als ursprünglich geplant, nämlich mit nur zwei Gästen, verbrachten der pensionierte Pfarrer Gerhard Duncker (68), zuletzt Islambeauftragter der Landeskirche, und Ehefrau Gudrun (67) die Silvesternacht: Zum Raclette hatten sie das über den Lions Club befreundete Ehepaar Susanne (61) und Hubertus Adam (63) eingeladen.
„Wir konnten uns leider über Monate nicht sehen. Da gab es eine Menge Gesprächsbedarf“, sagte Gudrun Duncker. Sie kredenzte unter anderem Sarma, mit Bulgur gefüllte Weinblätter, eine Spezialität aus ihrer zweiten Heimat, der Türkei, wo sie fast zehn Jahre lang mit ihrem Mann gelebt hat. Es wurde locker geplaudert, geschmaust, um Mitternacht angestoßen und mit den Kindern telefoniert.
Noch ruhiger feierte Michael Bräuer (57) mit seiner Frau Martina (54) ins neue Jahr: Während des ersten Lockdowns hatten beide Kurzarbeit und dadurch plötzlich so viel Freizeit, dass sie sich einen Bausatz für ein Gartenhäuschen bestellten. „Es kam wie ein Puzzle – in 1400 Einzelteilen“, erzählt Michael Bräuer. Mehr als einen Monat lang hätten sie an Fundament und Aufbau gearbeitet.
In der Silvesternacht belohnten sie sich mit einem Abend zu zweit am Feuer vor der Hütte sowie Hamburgern vom Grill und Eierpunsch. Fürs neue Jahr steht auf ihrer Wunschliste: „Dass unsere Familie gesund bleibt und wir die Pandemie endlich hinter uns lassen.“
So feiert Bielefeld die Silvesternacht
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1. Januar 2021 um 0 Uhr: Blick auf die Stadt Bielefeld ohne Feuerwerk am Himmel.
Foto: Bernhard Pierel -
Silvesterfeier im kleinsten Kreis. Von links: Gudrun und Gerhard Duncker , Hubert und Susanne Adam.
Foto: Bernhard Pierel -
Jahreswechsel 2020/2021: Die Innenstadt ist wie leergefegt.
Foto: Bernhard Pierel -
Jahreswechsel 2020/2021: Am Alten Markt keine Menschenseele.
Foto: Bernhard Pierel -
So schön kann der Jahreswechsel sein: Michael und Martina Bräuer an ihren neuen Gartenhaus.
Foto: Bernhard Pierel -
Jahreswechsel 2020/2021: Die Bielefelder Innenstadt ist wie leergefegt.
Foto: Bernhard Pierel -
Das Ordnungsamt kontrolliert.
Foto: Bernhard Pierel -
Jahreswechsel 2020/2021: Die Innenstadt ist wie leergefegt.
Foto: Bernhard Pierel