Ausschuss diskutiert über Umsetzung des Verkehrskonzepts an der Beuthener Straße
Die Streifen und der „Andere Radweg“
Espelkamp (WB). Radwege? Mit oder ohne Schutzstreifen? Wie kann der Radverkehr in Espelkamp sicher geführt werden? Diese Fragen haben schon mehrfach die Gremien der Stadt beschäftigt – und teils zu hitzigen Debatten geführt. Der jüngste Streitfall im Stadtentwicklungsausschuss war die Beuthener Straße.
Von Arndt Hoppe
Die Ausgangslage: Für die Beuthener Straße steht eine Oberflächenbehandlung der Fahrbahndecke an. Bevor die Arbeiten des Landesbetriebs Straßen NRW beginnen, will die Stadt Vorschläge machen, wie die Straßenmarkierungen auf der neuen Fahrbahndecke aussehen sollen. Wie Sachgebietsleiter Thorsten Blauert deutlich machte, sieht das Radverkehrssicherheitskonzept vor, dass in beiden Fahrtrichtungen ein Schutzstreifen auf der Fahrbahn der Beuthener Straße aufgebracht wird. In westlicher Richtung (also von der Isenstedter Richtung Rahdener Straße, Anm. der Redaktion) sei das Fahren auf der Fahrbahn bereits jetzt zulässig.
Kein Radweg mit Benutzungspflicht
Der bestehende Radweg, der parallel zur Straße verläuft, wird zurzeit vielfach in beiden Richtung benutzt. „Wir dürfen in östlicher Richtung keinen benutzungspflichtigen Radweg anbieten. Das heißt, auch in dieser Richtung dürfen Radfahrer die Straße benutzen“, erklärte Blauert. Die Stadtverwaltung legte nun verschiedene Vorschläge vor: entweder mit Schutzstreifen an beiden Seiten oder mit nur einem Schutzstreifen auf der Nordseite. „Der bisherige Radweg könnte als so genannter ‚Anderer Radweg‘ weiterhin genutzt werden, so dass auf den Schutzstreifen auf der Südseite verzichtet werden könnte“, sagte Thorsten Blauert. Bei zwei Schutzstreifen könnten diese höchstens 1,35 Meter breit sein. „Der zusätzliche Schutzstreifen gibt ein größeres Sicherheitsgefühl“, gab Blauert zu bedenken. Werde auf den einen Schutzstreifen verzichtet, könnte der auf der Nordseite auf 1,65 Meter verbreitert werden.
Gerd-Udo Sasten (CDU) plädierte dafür, den Schutzstreifen auf der Südseite wegzulassen. „Ich bin der Meinung, dass mindestens 80 Prozent der Radfahrer lieber auf dem bestehenden separaten Radweg fahren“, sagte er.
Radfahrer auf die Straße
Thorsten Blauert erläuterte, dass die Verkehrsdichte nicht so hoch sei, dass eine solche Nebenanlage erforderlich sei. Zwar würden zum Beispiel Schüler an der Isenstedter Straße bewusst auf einer Nebenanlage geführt, aber: „Grundsätzlich gilt in NRW die Regel: Radfahrer gehören auf die Straße.“ Es werde auch vermehrt auf der Fahrbahn gefahren und mit einer weiteren Verbreitung von E-Bikes und Pedelecs werde dies noch zunehmen.
André Stargardt (SPD) sagte, dass aus seiner Sicht die Realität anders aussehe: „Obwohl die Nutzung des Radweges an der Beuthener nur in einer Richtung erlaubt ist, wird er in beiden genutzt. Die Radler meiden die Straße.“ Unsicheren Radfahrern nehme man durch den Schutzstreifen nicht die Angst vor der Straße. Er fragte, was an Schmalstellen, Kreuzungen und an Kreisverkehren geplant sei. „An diesen Stellen wird die Markierung aufgehoben“, lautete die Antwort.
Chaotisch und gefährlich
Florian Craig (Grüne) bemängelte, dass die Radwegführung an der Beuthener Straße zurzeit chaotisch und gefährlich sei. „Wir müssen strukturell darüber nachdenken und die Wegeführung bis zu Ende denken. So ist das kein Fisch und kein Fleisch.“
Gerd-Udo Sasten sprach von einer „Diktatur gegen die Autofahrer“, die ihm „gewaltig gegen den Strich“ gehe: „Da ist ein Fahrradweg und ich soll auf der Straße fahren? Da mach ich nicht mit.“ Gisela Vorwerg (FDP) sagte hinsichtlich der beidseitigen Schutzstreifen: „Da fährt doch jeder lieber mit dem Auto.“ Sie favorisiere die Lösung mit nur einem Streifen an der Nordseite.
Kompromiss
Bürgermeister Heinrich Vieker erklärte, dass es im Augenblick darum gehe, für die neuen Markierungen eine Lösung zu finden: „Das ist eine Landesstraße. Wenn dort irgendwann mal ein kompletter Umbau erfolgt, wäre da Platz ohne Ende. Der jetzige Stand ist nicht zulässig.“ Thorsten Blauert fügte hinzu: „Es geht um Vorschläge zur Gestaltung der überarbeiteten Fahrbahndecke. Machen wir keine, wird die Maßnahme wohl verschoben.“
Paul-Gerhard Seidel (Unabhängige) machte sich für die Kompromisslösung stark, dass zunächst ein Streifen auf der Nordseite markiert werden solle. „Aber nur so breit, dass wir noch einen zweiten Schutzstreifen auf der anderen Seite machen können, sollte es sich als notwendig erweisen.“
Marius Schumacher (CDU) sprach sich jedoch dafür aus, gleich beide Schutzstreifen zu markieren. „Es ist Vorschrift, den Radfahrverkehr grundsätzlich auf der Straße zu führen. Mit Markierungen ist das visuell sichtbar und ansonsten ist es für die Radfahrer nicht nachvollziehbar.“ Es gehe nicht um eine Bevorzugung, sondern eine Emanzipation des Rades: „Der Radfahrer ist genau so ein Verkehrsteilnehmer wie der Autofahrer.“
Bürger werden verwirrt
André Stargardt sagte, er sei höchst unzufrieden mit der Gesamtsituation, es fehle ein einheitliches Konzept. So würden die Bürger verwirrt: „Ich kann das so niemandem vermitteln.“ Heinrich Vieker entgegnete: „Wir beschließen das Radfahrkonzept. Die Beuthener können wir dennoch als Ausnahme beschließen.“
Schlussendlich gab es eine Mehrheit für den Seidel-Vorschlag: Es soll nur die Nordseite einen Schutzstreifen bekommen, der so schmal ist, dass gegebenenfalls auf der Südseite ein zweiter aufgebracht werden kann.
Das Thema Radwegekonzept steht auch am heutigen Mittwoch, im Hauptausschuss und am 24. Juni im Rat auf der Tagesordnung.
Kommentar
Sicherlich werden viele Radfahrer weiterhin den Radweg an der Beuthener Straße nutzen, solange er existiert. Obwohl sie eigentlich die Straße nutzen dürfen, ja in der einen Richtung sogar müssten. Die gewählte Lösung ist ein Kompromiss, aber irreführend. Wenn nicht auf beiden Seiten Schutzstreifen markiert sind, signalisiert das, wie Marius Schumacher richtig anmerkte, dass Radfahren nur auf einer Seite erlaubt ist. Klarheit sieht anders aus. Arndt Hoppe