Bob-Dylan-Reise ist am 6. April im Theater im Park
Wolfgang Niedecken liest und spielt in Bad Oeynhausen
Bad Oeynhausen
Es gibt wohl keinen anderen deutschen Musiker, der eine solche Nähe zu Bob Dylan hat wie Wolfgang Niedecken. Seit Jahrzehnten prägt er mit seiner Band BAP und als Solist die deutschsprachige Rockmusik und setzt sich immer wieder mit Bob Dylan auseinander.
Das macht er nicht nur musikalisch, sondern auch literarisch. Mit seinem Buch über Bob Dylan kommt er am Donnerstag, 6. April, in Form einer musikalischen Lesung nach Bad Oeynhausen. Im Interview verrät er, woher seine Faszination für Dylan stammt und wie der Musiker ihn beeinflusst hat.
Wann haben Sie das erste Mal selbst Dylan gehört? Was fasziniert Sie an ihm?
Wolfgang Niedecken: Ich kann mich gut daran erinnern. Ich war 15 und habe in einer Schülerband Bass gespielt. Ein Kollege fragte: Was hältst du von Dylan – und ich kannte den nicht. „Blowing in the wind“ kannte ich nur in der Version von Peter, Paul und Mary, aber das war so Süßkram. Da konnte ich nichts mit anfangen. Auf einem Schulfest hatte unser Sänger dann die neue Single von Dylan dabei und den Text übersetzt. „Like a Rolling Stone“ war wie ein Blitzeinschlag, und mir wurde klar, solche Lieder will ich schreiben. Vorher gab es nur hauptsächlich Boy-meets-Girl-Texte. Durch Dylan wurde alles anders. Ich hab mich gefragt, wer ist dieser Typ mit der Sonnenbrille, und Dylan knallte in mein Leben.
Welchen Einfluss hat Bob Dylan auf Ihr eigenes Werk als Songwriter?
Niedecken: Ich hab damals ja erst angefangen, Lieder zu schreiben, aber ohne Bob Dylan wäre die Rocklyrik vermutlich in der Verblödung geendet, mit Reim-dich- oder ich-fress- dich-Texten. Bob Dylan hat mich für Lyrik interessiert, für Filme, für Malerei, er hat mir den Schlüssel zu einer neuen Welt gegeben.
Für Arte haben Sie sich auf die Spuren von Dylans Amerika begeben. Was haben Sie über ihn dabei Neues gelernt?
Niedecken: Das haptische Erleben war das spannende. Die Atmosphäre in der kleinen Stadt Minnesota, in der er aufgewachsen ist, zu spüren, zu sehen, wo seine Schule war, das kleine Theater, in dem er zuerst aufgetreten ist. Wie klein das alles war und wie groß das später wurde. Das alles zu erleben, was das mit einem macht und zu sehen, wie die Menschen dort drauf sind, zu sehen, worüber er seine Stücke geschrieben hat und zu verstehen, warum er da weggehen musste, war für mich interessant.
Sie haben Dylan schon persönlich getroffen. Kennt er ihre Doku oder hat davon gehört?
Niedecken: Ich nehme an, sein Manager hat's ihm gesagt, denn der wusste, dass wir das vorhatten. Getroffen habe ich ihn zum letzten Mal davor, in den Nuller-Jahren. Als Wim Wenders den BAP-Film gedreht hat und Dylan in Köln ein Konzert gab, hat Wim Wenders uns einander vorgestellt und wir haben uns zu dritt unterhalten. Dylan war sehr nahbar, gar nicht arrogant, aber irgendwie schüchtern.
Und kennt er Ihre Coverversionen seiner Stücke im Kölner Dialekt?
Niedecken: 1995 hab ich Bruce Springsteen kennengelernt, er wollte wissen, was ich mache. Ich hab ihm eine CD von meinem Album „Leopardefell“ (Album mit Coverversionen von Bob Dylan, Anm. d. Red.) gegeben, und er sagte: „Gib mir noch eine für Bob.“ Später kam dann ein Fax aus Dylans Büro, die wollten, dass wir ihnen eine ganze Kiste schicken, deswegen geh’ ich mal stark davon aus, dass er sie gehört hat.
Wie sieht es mit Ihren Fans aus? Schätzen die ihre Dylan-Coverversionen oder hätten die lieber mehr Original Niedecken und BAP?
Niedecken: Manche Fans sagen: Schön, dass du uns den Dylan mal näherbringst. Dylan ist ja nicht so zugängig, dass er dauernd im Radio läuft und man über ihn stolpert. Wenn man sich nicht für ihn interessiert, kommt man drumherum. Natürlich gibt’s Leute, die sagen, spiel lieber dein eigenes Zeug. Kann ich auch verstehen, denn als Dylan Sinatra gecovert hat, hab ich mir das zwar angehört, aber war dann auch froh, als er wieder seine eigenen Lieder aufgenommen hat (lacht).
Lassen sich alle Stücke von Dylan übersetzen?
Niedecken: Es gibt immer wieder welche, wo ich es probiere. Aber ich bin mittlerweile vorsichtiger geworden. Bei meinen ersten Übersetzungen hab ich gedacht, Dylan hat Humor, und habe manchmal was dazu gedichtet, was er so nicht gemeint hat. Aus Highway 61 hab ich zum Beispiel damals den Nürburgring gemacht. Das würde ich mich heute nicht mehr trauen. Ich versuche mittlerweile werkgetreu zu bleiben. Vergangenes Jahr habe ich „Not dark yet“ übersetzt, vielleicht schafft es das auch mal auf eine Platte. Ich bin vor allem sehr selbstkritisch.
Gibt es noch einen anderen Künstler, dessen Sie sich in der gleichen Form annehmen möchten wie Dylan?
Niedecken: Ich hab schon ein paar Sachen von Leonard Cohen übersetzt und sogar schon mal daran gedacht, ein Coveralbum zu machen. Neil Young würde ich hingegen nicht machen, die Lieder sind zu sehr an seine Person gebunden. Mit Ray Davies von den „Kinks“ hab ich mal ein Duett gesungen, der ist ein toller Songwriter, der noch nicht mal beeinflusst ist von Dylan. Ray geht sehr britisch, so Charles-Dickens-mäßig an seine Songs ran.
Was erwartet die Besucher bei Ihrem Liveauftritt mit der „Dylan-Reise“ in Bad Oeynhausen?
Niedecken: Das ist ja alles ganz zufällig und organisch entstanden. Nach der Reise für den Arte-Fünfteiler wurde ich gefragt, ob ich für die Reihe Musikbibliothek ein Buch darüber schreibe, wie Bob Dylan mich beeinflusst hat. Gerne, aber wenn, dann muss man so etwas ordentlich machen, aber da hatte ich keine Zeit für. Dann kam Corona – und ich hatte plötzlich Zeit. Also hab ich das Buch endlich geschrieben. Die Elbphilharmonie hat dann angefragt, ob ich ein Dylan-Programm zu dessem 80. Geburtstag machen würde. Ich hab dann meinen Freund, den Pianisten Mike Herting, den ich länger kenne, als BAP existiert, gefragt, ob er das mit mir zusammen macht, und weil das schade war, das alles nur für einen Abend einzuproben, haben wir die Dylan-Reise weiter geführt und sind inzwischen schon über 80-mal damit aufgetreten. Das sind wunderschöne, entspannte Abende. Ich lese aus dem Buch, plaudere, und wir spielen die Lieder, die da hingehören.
Die große Sommer-Tournee mit BAP ist bereits angekündigt, was steht demnächst noch Neues bei Ihnen an?
Niedecken: Mit BAP spielen wir dieses Jahr nur sechs Konzerte. Ich freue mich sehr, wenn die Band wieder zusammenkommt. Wir leben ja nicht alle in Köln und sitzen nicht wie die sieben Zwerge dauernd zusammen (lacht). Trotzdem arbeiten wir an neuen Songs, Ideen haben wir ohne Ende. Im Moment bin ich einfach froh, dass man auch wieder mit großem Besteck spielen kann. Das war andererseits das Schöne an der Dylan-Reise, dass man da so flexibel war, dass man auch unter Corona-Bedingungen spielen konnte. Mich hat auch nie gestört, wenn da jeder zweite Platz frei blieb oder die Leute mit Maske da saßen. Wir konnten auf Tour gehen. Ich sag’ mal: Wir haben einfach Schwein gehabt.
Gemeinsam mit dem Pianisten, Arrangeur und Big-Band-Dirigenten Mike Herting kommt Wolfgang Niedecken mit seiner „Dylan-Reise“ am 6. April um 19.30 Uhr ins Theater im Park nach Bad Oeynhausen. Informationen gibt es auch unter www.bap.de oder www.staatsbad-oeynhausen.de.
Das macht er nicht nur musikalisch, sondern auch literarisch. Mit seinem Buch über Bob Dylan kommt er am Donnerstag, 6. April, in Form einer musikalischen Lesung nach Bad Oeynhausen. Im Interview verrät er, woher seine Faszination für Dylan stammt und wie der Musiker ihn beeinflusst hat.