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Arminia stellt Anschluss an das hintere Tabellenmittelfeld her – und was den Sieg über Hertha noch so wertvoll macht

Eine neue Perspektive

Bielefeld

Die Punktzahl für einen Sieg ist immer gleich. Und doch ist ein Dreier nicht gleich ein Dreier. Arminia Bielefelds 1:0-Erfolg im Bundesligaspiel über Hertha war deshalb so besonders wertvoll, weil er dem Team die Gewissheit gibt, es eben nicht nur mit Gegnern auf Augenhöhe, sondern auch mit der Kategorie darüber aufnehmen zu können. Mit Blick auf die kommende Partie in Hoffenheim kann das von enormer Bedeutung sein.

Dirk Schuster

Arminias Siegtorschütze Reinhold Yabo (links) Foto: Thomas F. Starke

Bisher hatte Trainer Uwe Neuhaus mit seinem Team ausschließlich Mannschaften aus dem unmittelbaren Tabellenumfeld besiegen können. Erst Köln (aktuell Tabellen-16.), dann Mainz (18.), dann Schalke (17.). Und jetzt eben Berlin. Und das auch noch verdient. Begleitet von dem nicht zu verachtenden Nebeneffekt, dass die Ostwestfalen zum ersten Mal seit dem 7. Spieltag wieder auf einen direkten Nichtabstiegsplatz sprangen. „Ich glaube schon, dass das hilft, Mut gibt und auch eine Perspektive“, sagte Uwe Neuhaus am Sonntagabend.

Doch mehr als einen flüchtigen Blick ist den Gewinnern die neue Tabellenkonstellation offenbar gar nicht wert. „Es ist nicht die Platzierung, sondern eher die Art und Weise, wie wir gespielt haben“, sagte Reinhold Yabo. „Weil wir gezeigt haben, dass wir es können.“

Yabo machte mit seinem entschlossenen Linksschuss Mitte der zweiten Halbzeit den vierten Saisonsieg möglich. Mit ihrer von Beginn an defensiv konsequenten und später endlich auch offensiv mutigeren Spielweise verdienten sich die Hausherren den Dreier redlich.

Und dann stellte Yabo, offenbar beschwingt durch das erste Bundesligator seiner Karriere, eine Gleichung auf, von der alle Arminia-Anhänger inständig hoffen, dass sie aufgehen möge. „Wenn wir das immer wieder abrufen, dann ist es eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, dass wir mehr Punkte holen als liegenlassen. Von daher glaube ich, dass wir am Ende eine Platzierung über dem Strich erreichen werden“, so der 28-Jährige.

13 Punkte aus 15 Spielen haben die Bielefelder bisher gesammelt. Neuhaus zog eine kurze Zwischenbilanz: „Wir sind nicht so ganz im Soll. Wir waren in zu vielen Spielen zwar nicht chancenlos, aber weit weg vom Topniveau der 1. Liga.“ Andererseits habe Arminia auch Zähler liegen gelassen. Neuhaus zählte auf: „Wenn ich an die Spiele in Leipzig (1:2), Wolfsburg (1:2), Freiburg (0:2) und gegen Leverkusen (1:2) denke – ohne unverschämt oder träumerisch zu sein oder irgendwas daherzuspinnen, hätten es vier Punkte mehr sein können.“

Allerdings hat auch nicht viel gefehlt, und die Ostwestfalen wären speziell in Wolfsburg und in Freiburg ganz böse unter die Räder geraten. Insofern korrespondiert die aktuelle Ausbeute mit den bisherigen Leistungen des Aufsteigers schon ganz gut.

Die Arminen haben es selbst in der Hand, ihr Punktekonto noch ein wenig freundlicher zu gestalten. Sie wissen nun, dass sie auch Teams vom Kaliber Hertha BSC bezwingen können. Doch auch wenn Neuhaus die zweite Halbzeit gegen die Berliner als Bielefelds bisher beste in dieser Saison bezeichnete, so betonte er auch: „Wir haben eine gute Ausgangsposition, aber wir sind noch lange nicht über den Berg.“

Doch immerhin hat der DSC Tuchfühlung aufgenommen zu Teams, die vor dem Spiel noch weit entfernt schienen. „Wir drehen jetzt nicht komplett durch. Aber wir haben zwei Punkte Rückstand auf Hoffenheim und Bremen und drei auf Hertha – das kann man schon als Anschluss bezeichnen“, meinte Neuhaus.

Auch Fabian Klos war froh, dass Arminia mit dem Erfolg ein Zeichen gesetzt hat, denn: „Man konnte in den letzten Wochen in der Außenwahrnehmung und vielleicht auch hier in den lokalen Medien den Eindruck gewinnen, dass wir abgeschlagen Letzter sind“, monierte der Kapitän, dass der DSC hier und da womöglich ein bisschen zu schlecht weggekommen sein könnte in der jüngeren Vergangenheit.

Das kann man so sehen, muss man aber nicht, hatte die vorherige Leistung gegen Mönchengladbach doch eher wenig Anlass gegeben, auf einen Heimsieg gegen die Hertha zu setzen.

Und auch die erste Halbzeit gegen die Berliner darf insgesamt eher in die Kategorie dürftig eingeordnet werden, wenngleich festzuhalten bleibt, dass der DSC defensiv diesmal stabil und gut sortiert war und allenfalls ein paar Halbchancen für die Gäste zuließ. „Wir haben uns in das Spiel reingebissen. Mit Beginn der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft dann die zweiten Bälle erobert, sie war immer einen Schritt schneller. Wir haben von Minute zu Minute mehr Selbstvertrauen bekommen“, sagte Neuhaus, der sich sogar über „einige ganz ansehnliche Ballpassagen“ freuen durfte.

Yabos Tor sei dann „eine absolute Erlösung“ gewesen. Neuhaus: „Selten waren die letzten 15 Minuten so lange wie diesmal. Es kam mir vor, als wenn die Zeit stehen geblieben wäre. Ich habe mich zwischendurch schon gefragt, was in dem Stadion wohl los gewesen wäre, wenn die Hütte voll gewesen wäre.“

Gut möglich, dass die Arminen in dieser Saison kein einziges Spiel vor Publikum mehr bestreiten werden. Aber spätestens seit Sonntagabend wissen sie ja, dass eine weitere Erstligasaison keine Utopie sein muss.

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