Ist ein Ghostwriter-Verbot sinnvoll?
Obwohl es schwer ist, die genaue Beliebtheit von Ghostwriter-Agenturen zu quantifizieren, da es keine offiziellen Statistiken oder Daten gibt, die eine genaue Schätzung der Anzahl der Menschen ermöglichen, die Ghostwriter-Dienste nutzen, gibt es Hinweise darauf, dass die Nachfrage nach Ghostwriter-Agenturen in den letzten Jahren insbesondere im akademischen Bereich gestiegen ist. Eine Studie der Universität Wien aus dem Jahr 2018 ergab, dass etwa 15 Prozent der befragten Studierenden in Österreich Erfahrung mit Ghostwritern haben oder es in Erwägung gezogen haben. Eine Umfrage der Universität Bern aus dem Jahr 2021 ergab, dass fast ein Drittel der befragten Studierenden in der Schweiz bereits einmal Ghostwriting in Anspruch genommen hat. Darüber hinaus gibt es immer mehr Online-Plattformen und Ghostwriter-Agenturen, die ihre Dienste für akademische Arbeiten anbieten, was darauf hindeutet, dass es eine Nachfrage nach diesen Dienstleistungen gibt. Allerdings argumentieren Kritiker, dass Ghostwriting ethisch fragwürdig und betrügerisch ist und dass es das Vertrauen in akademische Abschlüsse untergräbt.
Ist Ghostwriting illegal?
Ghostwriting selbst ist nicht illegal, solange es im Rahmen der Gesetze und ethischen Standards bleibt. Es ist jedoch illegal, wenn es zu Plagiaten oder Betrug führt, zum Beispiel wenn ein Ghostwriter eine Arbeit für einen Studenten schreibt und dieser sie als seine eigene Arbeit einreicht, und der Ghostwriter von der Absicht des Studenten von Anfang an wusste und ihn nicht belehrt hat. Die Gerichtsurteile, die mit Ghostwriting in Zusammenhang stehen, fallen unterschiedlich aus: Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein Ghostwriter-Vertrag nicht grundsätzlich sittenwidrig ist, während das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem ähnlichen Fall entschieden hat, dass das Einreichen einer Ghostwriter-Arbeit illegal ist. Diese Gerichtsurteile zeigen, dass die Haftung und die Legalität von Ghostwriting von Fall zu Fall unterschiedlich sein können und dass die Legalität vom Gericht und der jeweiligen Faktenlage abhängig ist.
Österreich führte ein Ghostwriter-Verbot ein
Die im Jahr 2021 in Kraft getretene UG-Novelle (Universitätsgesetz-Novelle) in Österreich hatte das spezifische Ziel, das Phänomen des Ghostwritings in wissenschaftlichen Arbeiten zu bekämpfen. Die UG-Novelle sieht vor, dass Hochschulen und Universitäten verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um das Ghostwriting zu verhindern. Dies umfasst die Überprüfung der eingereichten Arbeiten auf Plagiate und die Durchführung von Disziplinarverfahren bei Verstößen gegen die Regeln der akademischen Integrität. Darüber hinaus werden Hochschulen und Universitäten aufgefordert, alternative Lösungen für Studenten anzubieten, die Schwierigkeiten beim Schreiben ihrer eigenen Arbeiten haben.
Die UG-Novelle hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Illegalität von Ghostwriting zu erhöhen und die Maßnahmen gegen Verstöße zu verstärken. Obwohl Ghostwriter nun bestraft werden können, bleibt die Beweislast weiterhin sehr schwierig.
Es bleibt jedoch eine Herausforderung, das Phänomen vollständig zu beseitigen, da viele Studenten weiterhin ihre Bachelorarbeiten schreiben lassen. In österreichischen Google-Suchergebnissen tauchen jedoch immer noch die gleichen Ghostwriter-Agenturen auf, sodass die UG-Novelle bisher keine Veränderungen gebracht hat.
Ghostwriting ist schwer zu verbieten
Auch wenn der Grundgedanke hinter der UG-Novelle nachvollziehbar war, stellt sich die Umsetzung als schwierig heraus. Gesetzesverbote sind schwierig durchzusetzen, wenn es nicht genügend Ressourcen gibt, um Verstöße zu verfolgen und zu bestrafen. Dies kann dazu führen, dass Verstöße gegen das Ghostwriter-Verbot unentdeckt bleiben oder nicht ausreichend geahndet werden, was sich schnell unter Studenten herumspricht.
Ein weiterer Grund ist die mangelnde Abschreckungswirkung. Ghostwriter-Verbote können aufgrund von mangelnder Abschreckungswirkung unwirksam sein. Wenn die Strafen für Verstöße gegen das Verbot nicht ausreichend abschreckend sind, kann dies dazu führen, dass Menschen das Risiko von Verstößen in Kauf nehmen. Die Umsätze der Ghostwriting-Agenturen sind hoch genug, um Geldstrafen in Kauf zu nehmen. Das Phänomen ist aber nicht nur in der Ghostwriter-Branche vertreten, da selbst Konzerne wie Pfizer, Meta und Alphabet regelmäßig zu Strafzahlungen verurteilt werden.
Des Weiteren ist der Begriff Ghostwriting im Zusammenhang mit Musterarbeiten nicht eindeutig definiert. Ghostwriter können ihre Dienste anbieten, da sie einen Disclaimer eingefügt haben, dass die erstellten Hausarbeiten, Bachelorarbeiten usw. nur als Vorlagen dienen und „nicht vom Kunden eingereicht werden dürfen“, wie Piotr Snuszka, der Geschäftsführer der Ghostwriter-Agentur Business And Science, begründet. Ein Gericht argumentierte, dass es sich in solchen Fällen dann nicht mehr um Ghostwriting handeln kann. Andere Gerichte argumentieren, dass es lebensfremd sei, dass jemand für einen reinen Übungstext hohe Geldsummen bezahlt.
Ein weiterer Grund sind auch Technologien und Entwicklungen, die nicht in der Lage sind, Ghostwriting erfolgreich aufzudecken. Plagiatsprüfungen können zwar viele textliche Übereinstimmungen aufdecken, aber solange der Ghostwriter nicht plagiiert hat, kann kein Ghostwriting aufgedeckt werden. Darüber hinaus erschweren Entwicklungen wie ChatGPT die Problematik des Ghostwritings noch mehr als Ghostwriter-Agenturen. Hohe Geldbeträge sind ein relevanter Grund, weshalb Ghostwriting nicht noch stärker unter Studenten vertreten ist. Durch ChatGPT und andere künstliche Intelligenzen fällt ein relevantes Hindernis, die finanziellen Mittel, weg, so dass sich jetzt jeder Student seine Hausarbeiten und Bachelorarbeiten bei entsprechender Anwendung teilweise selbst schreiben lassen kann.
Alternativen zum Ghostwriter-Verbot
Wie die Erfahrungen mit dem Verbot in Österreich zeigen, können solche Verbote nicht viel bewirken. Daher sollten proaktive Maßnahmen ergriffen werden, die deutlich vielversprechender sind. Hochschulen und Universitäten sollten die Bewusstseinsbildung unter Studenten stärken, um aufzuzeigen, welche negativen Auswirkungen Ghostwriting haben kann. Hochschulen und Universitäten können Workshops und Informationsveranstaltungen für Studenten und Fakultätsmitglieder organisieren, um das Bewusstsein für die Bedeutung der akademischen Integrität und die Auswirkungen von Ghostwriting zu schärfen. Die Problematik des Ghostwriting ist aber nicht nur unter Studenten, sondern auch unter Dozenten verbreitet. Fachbeiträge von Professoren werden oft von Doktoranden verfasst. Somit müssten nicht nur die Studenten, sondern auch alle Dozenten sich der akademischen Integrität bewusst werden.
Wird ein Student derzeit beim Plagiieren oder Ghostwriting erwischt, muss er an vielen Hochschulen und Universitäten oft lediglich einen dreistelligen Betrag bezahlen und eine Abschlussarbeit zu einem neuen Thema verfassen - selbstverständlich nur bei Abschlussarbeiten. Bei Haus- und Seminararbeiten muss oft nur eine Arbeit zum gleichen Thema verfasst werden. Um die Abschreckung zu erhöhen, wären höhere Geldbeträge sicherlich hilfreich.
Eine weitere Möglichkeit wäre es, obligatorische Plagiatsprüfungen und mündliche Prüfungen bei allen wissenschaftlichen Arbeiten einzuführen. Bei mündlichen Prüfungen könnten essenzielle Fragen zur Arbeit und dem Entstehungsprozess gestellt werden, die nur der Autor beantworten könnte. Zwar könnten auch mit dieser Methode nicht alle Ghostwriting-Fälle aufgedeckt werden, aber man könnte die Zahl stark erhöhen und den Abschreckungseffekt verstärken.
Dafür wäre allerdings eine wesentlich höhere Dozentenzahl nötig, um bei der stets wachsenden Anzahl an Studenten die Qualität aufrechtzuerhalten. Hierfür fehlen den Hochschulen und Universitäten die Mittel, sodass oft die kostengünstigere Methode gewählt wird und ein Verbot von Ghostwriting-Agenturen gefordert wird, unabhängig davon, ob es wie in Österreich scheitern würde.
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