Zeugwart Rainer Schonz (47) ist die gute Seele des DSC: Der Haller hat all die bewegten Zeiten hautnah miterlebt
»Dann steigen wir ab – und du bist schuld«
Halle (WB). Rainer Schonz ist Zeugwart des Fußball-Zweitligisten DSC Arminia Bielefeld, soweit seine Arbeitsbezeichnung. Doch der 47-jährige Haller ist für die Spieler viel mehr als das: Helfer in allen Lebenslagen, Stimmungskanone, die gute Seele des Vereins – oder wie es Mittelfeldstratege Tom Schütz ausdrückt: »Schonzi ist positiv verrückt, ein super Typ.«
Das finden auch die Altherren-Fußballer des TSV Amshausen, mit denen Schonz am Montagabend ab und an kickt – und die guten alten TSV-Zeiten wieder aufleben lässt: »Ich habe in Amshausen ein Jahr A-Jugend-Landesliga gespielt. Auch später in der dritten Mannschaft war das eine super Geschichte. Aufs Training haben wir oft verzichtet, doch am Sonntag haben sich alle reingehängt, wenn es um Punkte ging.« C-Liga-Fußball eben.
Von morgens bis abends
Seitdem ist »Schonzi« um neun Klassen aufgestiegen. Zunächst machte er den Job beim DSC ehrenamtlich, unterstützte den damaligen Zeugwart Asim Obarcanin und nahm sich für so manches Trainingslager Urlaub. Seit 2004 ist der gelernte KFZ-Lackierer hauptberuflich für die Arminia-Profis zuständig, wäscht die verschwitzten Trikots und Trainingsklamotten, besorgt morgens vom Großmarkt frisches Obst und schließt abends als Letzter die aufgeräumte Kabine ab. Und wenn ein Profi neu beim DSC ist und Möbel braucht, denn fährt Schonzi auch mal mit ihm zu Ikea, lädt den Bulli voll und hilft beim Zusammenbauen.
Auf der Bank leidet er bei den Spielen mit und wünscht sich von der aktuellen Zweitliga-Spielzeit vor allem eines: »Eine sorgenfreie Saison ohne Abstiegsangst und Zittern.« Und für die Zukunft hat Schonz einen Traum: »Dass wir im Pokalwettbewerb einmal ein Halbfinale gewinnen.«
Bewegte Zeiten
Tränen beim Abstieg, Sektduschen auf dem Rathausbalkon, Sternstunden gegen die Bayern, »Lass die Finger von Owomoyela«-Sprechchöre: Wie kein Zweiter hat der gebürtige Künsebecker Arminias bewegte Zeiten hautnah als Teil der Mannschaft erlebt und manchmal sogar selbst für Schlagzeilen gesorgt.
Trikot von Leandro: Rainer Schonz ist verheiratet. Den Namen seines Sohnes Yannick (13) hat seine Frau ausgesucht. Den Namen des zweiten Sohnes (7) durfte er bestimmen. »Ich hatte keine Ahnung, ehe beim Auswärtsspiel in Unterhaching ein Spieler mit dem Namen Leandro vor mir in die Kabine ging. Ich habe ihm gesagt, dass ich unbedingt sein Trikot brauche, weil mein Sohn Leandro heißen wird. In den nächsten Jahren hat mir Leandro Grech bei jedem Spiel gegen Arminia sein Trikot für meinen Sohn Leandro geschenkt.«
Das Darmstadt-Trauma in der Relegation 2014: Wir hatten das Hinspiel in Darmstadt 3:1 gewonnen. Und dann das Rückspiel in Bielefeld: Ein geiler Sommerabend, das ganze Stadion in Schwarz, Weiß und Blau gehüllt. Was sollte noch schief gehen? Doch Darmstadt schießt nacheinander das Tor des Tages, des Monats und des Jahres. Als wir in der 122. Minute das 2:4 kassieren, sitze ich neben Christian Müller auf der Bank und will es nicht wahrhaben. Ich sage: »Christian, ist doch noch alles gut, oder?« Er antwortet: »Nein Schonzi, wenn wir jetzt kein Tor mehr machen, sind wir abgestiegen.« So wirklich begriffen habe ich es am nächsten Morgen um 4 Uhr. Ich bin im Stadion geblieben und habe im Physioraum geschlafen. Ein Sicherheitsdienst-Mitarbeiter hat mich geweckt. Erst da wusste ich: Wir sind abgestiegen.
Krimis in Dresden: Als wir jetzt den Klassenerhalt geschafft haben, bin ich zu Julian Börner gelaufen. Wir lagen zusammen auf dem Rasen und haben geweint. Das sind Momente, die meinen Job so besonders machen.
Die traditionelle Andrea Berg-Parodie im Trainingslager: Ernst Middendorp hat mir bei einem Hüttenbesuch mal gesagt: »Wenn du jetzt nicht die Andrea machst, dann steigen wir ab und du bist schuld.« Da habe ich mich lieber schnell umgezogen, »Du hast mich 1000 Mal belogen« gesungen und die Party ging los. Dieses Jahr habe ich leider im Stress die Verkleidung vergessen. Ich wollte auch schon mal Helene Fischer imitieren, aber das scheiterte an der Figur.«
Der verrückteste Spieler: Viele Geschichten, die im Buch von Ansgar Brinkmann zu lesen sind, hat er mir schon früher in seiner Arminia-Zeit erzählt. Ich habe während des Trainings manchmal seine Jeans und T-Shirts gewaschen und immer den Stuhl aus dem Ermüdungsbecken geholt, den er vor dem Spiel da reingeworfen hat. Das war sein Ritual.
Schlagzeile in der Bild: Meine Mutter hat in Künsebeck zehn Jahre die Minigolf-Anlage betrieben. Das wussten die Spieler natürlich nicht. Silvio Meißner und die anderen haben sich nur gewundert, dass sie im Trainingslager keine Chance gegen mich hatten. Und die Bild-Zeitung hat getitelt: Zeugwart besiegt die DSC-Profis – im Minigolf.
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