Vier Spielerinnen des TuS Nettelstedt fiebern beim Halbfinal-Sieg der DFB-Frauen auf der Tribüne mit. Die EM in England wird zum Gänsehaut-Erlebnis. „So eine Stimmung haben wir noch nicht erlebt.“
Euro hautnah
Lübbecke
Für vier Spielerinnen des Kreisligisten TuS Nettelstedt wird die Europameisterschaft in England zum besonderen Erlebnis. Bei beiden Halbfinalspielen sitzen sie auf der Tribüne und bekommen den Hype hautnah mit. „So eine Stimmung haben wir beim Frauenfußball noch nicht erlebt“, sagt Stella Tiemann über den Nettelstedter EM-Ausflug auf die „Insel“.
Mit an Bord sind auch Kapitänin Rebecca Lütkemeier, Janina Schmale und Sharleen Goroncy. Ursprünglich hatten sich die Kreisliga-Kickerinnen sogar Hoffnungen auf das Endspiel gemacht. „Wir haben versucht, Karten für das Finale zu bekommen, aber das Wembley Stadion war lange ausverkauft“, berichtet Tiemann, die vor einem Jahr die Halbfinal-Tickets bei der UEFA geordert hatte. „Wir hatten gehofft, dass Deutschland bei der EM weit kommen würde“, so Tiemann.
Das Quartett reist am Montag der Vorwoche zunächst nach Manchester. Von dort geht‘s am nächsten Tag in das eine Stunde entfernte Sheffield, wo das erste Halbfinale zwischen England und Schweden steigt. 28.624 Zuschauer verfolgen an der fast ausverkauften Bramall Lane den 4:0-Sieg der Gastgeberinnen – darunter die begeisterten Nettelstedterinnen. „Wir waren schon häufiger bei Frauen-Spielen im Stadion, aber so eine Stimmung haben wir noch nicht erlebt. Das war beim Reinkommen von Männerspielen nicht zu unterscheiden“, sagt Tiemann über die 1a-Atmosphäre.
Am nächsten Tag steht die Reise nach Milton Keynes auf dem Programm. Im Stadium MK bekommen die Vier beim deutschen 2:1-Sieg über Frankreich einen EM-Krimi geboten. „Das war ein einziges Auf und Ab. Oft hat es einen nicht auf dem Sitz gehalten. Vor allem die Nachspielzeit war Nervenkitzel pur“, sagt Stella Tiemann. „Es war cool, dabei zu sein.“
Schnappschuss mit früheren Nationalspielerinnen
Unter die deutschen Fans mischen sich mit Babett Peter, Tabea Kemme und Josephine Henning auch drei frühere Nationalspielerinnen. „Die liefen da alle super entspannt rum“, sagt Tiemann über das Zusammentreffen mit den DFB-Größen, die sich bereitwillig für einen gemeinsamen Tribünen-Schnappschuss zur Verfügung stellen.
Wegen eines Bahnstreiks müssen die Vier eine außerplanmäßige Übernachtung in Milton Keynes einlegen. Dort läuft ihnen im Hotel Viviane Asseyi, eine frühere französische Nationalspielerin, die bis Sommer für den FC Bayern München spielte, über den Weg. „Sie war auch für das Spiel da“, so Tiemann.
Der Euro-Trip endet für das Kreisliga-Quartett am Donnerstag und Freitag in London. „In allen Städten, in denen wir waren, war die Wertschätzung für den Frauenfußball zu spüren. Überall standen Aufsteller, die auf das Turnier hinwiesen“, berichtet Tiemann. Auch Fan-Partys, die in Stadion-Nähe organisiert wurden, waren ein Ausdruck der Fußball-Begeisterung im Land.
Finale beim Trainer auf der Leinwand gesehen
Dazu trug natürlich auch der Siegeszug der „Lionesses“ bei, die mit dem 2:1-Endspielsieg nach Verlängerung über das DFB-Team am Sonntag einen nationalen Freudentaumel auslösten. Die Nettelstedterinnen schauten sich die Partie nach ihrer Rückkehr aus England mit dem Team bei Trainer Jonas Granzow an, der daheim eigens eine Leinwand aufgebaut hatte.
Stella Tiemann gibt zu: „Die Enttäuschung über das verlorene Finale war schon groß. Bis zu einem gewissen Punkt hätte man den Engländerinnen den Titel ja gegönnt“, sagt sie. Allerdings habe das Team mit dem ausufernden Zeitspiel gegen Ende der Verlängerung zumindest bei ihr einige Sympathien verspielt.
Viel mitnehmen können aber nicht nur die Nettelstedterinnen, sondern auch der Frauenfußball allgemein aus dem Turnier. Zumindest bei Tiemann hat die EM „noch mehr Lust auf Fußball geweckt. Obwohl ich derzeit verletzt bin, kribbeln einem die Füße. Man hat noch mehr Bock auf dem Platz zu stehen“, sagt die stellvertretende TuS-Kapitänin, die hofft, „dass der Schwung aus der EM mitgenommen werden kann. Es muss sich zeigen, ob die Begeisterung nachhaltig ist. Wir wurden jetzt schon häufig auf die EM angesprochen, das Feedback ist groß – das kann so bleiben.“
Dass Deutschland den Titel knapp verpasst hat, kann Tiemann verschmerzen. „Dann eben bei der WM im nächsten Jahr“, sagt sie lachend.
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