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Leichtathletik-Kreisrekorde: Brakeler Klaus Moreau hält seit vier Jahrzehnten Speerwurf-Bestmarke

Über den Zaun zum heimlichen Training

Brakel (WB)

Wenn Klaus Moreau die Zeit 40 Jahre zurückdreht, denkt er nicht zwangsläufig sofort an seine drei Kreisrekorde, die heute noch Bestand haben, sondern an die Gemeinschaft. „Es war eine tolle Zeit damals. Die Leichtathleten der DJK Adler Brakel waren wie eine große Familie“, betont der 57-Jährige.

Sylvia Rasche

Wenn nicht gerade Lockdown herrscht, leitet Klaus Moreau in diesem Raum Reha- und Fitnesskurse. Den Speer aus vergangenen Tagen bewahrt der Kreisrekordhalter normalerweise nicht hier auf. Ein Comeback in der Seniorenklasse kann sich der 57-Jährige vorstellen. Foto: privat

Speerwerfen war seine große Stärke, Kugelstoßen gehörte ebenfalls zu seinen Lieblingsdisziplinen. „Ich konnte immer schon gut werfen. Wenn andere einen Ball weggeschossen haben, habe ich ihn lieber geworfen“, erinnert sich Klaus Moreau. Das blieb auch bei den ersten Dreikämpfen als Schüler nicht unentdeckt. „Laufen war nicht so mein Ding. Sprint ging ja noch, aber länger...“, lacht Klaus Moreau.

Schnell landete er daher beim Kugelstoßen und Speerwerfen, brachte sich auch außerhalb der Trainingsstunden viel selber bei. „Ich habe oft den ganzen Nachmittag im alten Nethegaustadion verbracht und geübt. Wenn die Tore zu waren, bin ich auch mal über den Zaun geklettert, um zu trainieren“, erzählt der Brakeler. Sein Vater hatte ihn zum Klavierunterricht angemeldet. „Der Lehrer hat aber schnell gemerkt, dass ich auf dem Sportplatz besser aufgehoben war“, schmunzelt Moreau.

Seine Bestmarken im Speerwerfen der U18 (1980 in Borgentreich) und U20 (1982 in Homburg) sind bis heute im Kreis Höxter unerreicht. Dazu hält Klaus Moreau noch den Kreisrekord der U20 im Kugelstoßen. In der Männerklasse sind die heimischen Kreisrekorde sogar noch älter. Im Kugelstoßen hält der Bad Driburger Josef Nakielski die Bestmarke seit 1970, im Speerwerfen der Warburger Dr. Eberhard Heilig seit 1967.

Klaus Moreau musste beim Übergang in die Männerklasse sein Trainingspensum und auch seinen Wettkampfkalender deutlich herunter schrauben. „Ich habe nach der Schule eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert. Da hatte ich natürlich deutlich weniger Zeit als in der Schule“, berichtet er.

Klaus Moreau schaut dem Speer hinterher. Seine beiden Kreisrekorde aus den 1980er Jahren sind immer noch aktuell. Foto: privat

Außerdem sei die neue Kugel ein Problem gewesen. „Die Männerkugel wiegt gut ein Kilogramm mehr als die der A-Jugend und ist auch größer. Dafür waren meine Hände zu klein“, blickt der Brakeler zurück.

Zu Jugendzeiten gehörte er zu den besten Werfern seiner Altersklasse, bekam sogar die DLV-Bestennadel verliehen. Die erhalten nur Athleten, die in den Top-30 der deutschen Rangliste zu finden sind.

Moreau absolvierte Länderkämpfe und holte sich den Titel des DJK-Bundessiegers – übrigens mit dem Speer des späteren Drittplatzierten. „Der hat mir für einen Versuch seinen Speer überlassen. Ich war so begeistert, dass ich mir anschließend den gleichen gekauft habe“, sagt der 57-Jährige.

Im Kugelstoßen hält der Brakeler Klaus Moreau den Kreisrekord der U20-Klasse seit 1982. Foto: privat

Schmunzeln muss er, wenn er an eine Annentags-Begegnung denkt. „Ich habe dort nach Jahren ein bekanntes Gesicht gesehen, wusste es aber nicht richtig einzuordnen. Meinem Gegenüber ging es genauso. Plötzlich machte er eine Speerwurf-Bewegung. Es stellte sich dann heraus, dass wir uns bei einem Länderkampf in Frankreich kennen gelernt hatten...“

Trainingslehrgänge mit anderen Athleten aus dem Kreis Höxter, Fahrten mit der DJK Adler Brakel nach Schweden oder Zeltlager im Sauerland mit den Vereinskollgenen haben in seinen Erinnerungen aber einen mindestens ebenso hohen Stellenwert wie Medaillen und Urkunden.

Seiner Sport-Leidenschaft ist Klaus Moreau übrigens auch beruflich treu geblieben. Er ist Inhaber des Brakeler Fitnessstudios Be fit Club, hat vorher 20 Jahre zusammen mit einem Geschäftspartner ein Studio in Uslar betrieben. „Ich habe das Krafttraining als junger Kugelstoßer kennen gelernt und war sofort begeistert. Schnell stand für mich fest, dass es beruflich in diese Richtung gehen sollte“, berichtet der ehemalige Zeitsoldat.

Nach der Bundeswehr verwirklichte er seinen Traum. „Mit den Jahren hat sich allerdings der Schwerpunkt verlagert“, betont Moreau. Die Muckibuden-Zeiten sind vorbei. Der Gesundheitsfaktor überwiegt. „Ich bin viel im Präventions- und Rehasport tätig“, sagt der Brakeler. Dabei sieht er sich nicht nur als passiven Kursleiter, sondern ist gemeinsam mit den Teilnehmern aktiv. „Im ersten Lockdown im Frühjahr hatte ich plötzlich Rückenprobleme. Die kenne ich sonst gar nicht“, berichtet der Familienvater. Statt wie gewohnt seine Kurse mitzumachen, nutze er die Zeit für Renovierungsarbeiten im Studio. „Als ich endlich wieder öffnen durfte, waren die Schmerzen schnell vergessen...“

Im aktuellen zweiten Lockdown ist das Studio inzwischen seit drei Monaten geschlossen. „Neben den finanziellen Einbußen ist auch die Ungewissheit schlimm. Ich weiß nicht, wann es weitergeht“, sagt der Inhaber.

Als Sportler hat er einen Traum aber ganz klar vor Augen: Er möchte noch einmal zum Speer und/oder zur Kugel greifen und bei den Westfälischen Seniorenmeisterschaften ganz vorne landen. „So ein Westfalenpferdchen hätte ich schon ganz gerne. Ob es klappt, weiß ich natürlich nicht. Aber versuchen möchte ich es in jedem Fall“, hat er sich vorgenommen. An mangelnden Fitness-Vorbereitungsmöglichkeiten fehlt es jedenfalls nicht...

Moreaus Kreisrekorde

Kugelstoßen U20: 14,33 Meter September 1982 in Bad Driburg

Speerwerfen U20: 58,44 Meter Juni 1982 Homburg

Speerwerfen U18: 56,20 Meter September 1980 in Borgentreich.

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