Diethelm Krause, der Vorsitzende des Kreissportbundes Paderborn, im Interview
„Wir lassen die Basis nicht im Regen stehen“
Paderborn
Diethelm Krause (64) ist eine laute Stimme für den ostwestfälischen Sport. Er ist Präsident des Kreissportbundes Paderborn und damit Chef der Interessenvertretung von etwa 320 Vereinen des organisierten Sports im Kreis Paderborn mit etwa 105.000 Mitgliedern.
Darüber hinaus ist er Vizepräsident Finanzen im Präsidium des Landessportbundes NRW. Sportredakteur Jörg Manthey befragte den Salzkottener zum zweiten Sport-Lockdown in dieser Corona-Krise samt der Begleiterscheinungen.
Herr Krause, der organisierte Sport ist für einen Monat stillgelegt. Obwohl der Sport selbst laut Robert-Koch-Institut kein Treiber der Pandemie ist. Als wie sinnvoll bewerten Sie den Entscheid der Politik? Sind Sie enttäuscht?
Diethelm Krause: Verbale Seitenhiebe gegen die Politik wären jetzt sehr einfach, aber wir als Kreissportbund Paderborn konzentrieren uns im engen Austausch mit dem Landessportbund und unseren Stadt- und Gemeindesportverbänden lieber darauf, während der sportlichen Lockdown-Phase von Beginn an aktiv auf vielen Ebenen als Krisenmanager aufzutreten. Denn das klare Ziel muss es doch im Sinne des organisierten Sportes sein, dass spätestens ab dem 1. Dezember wieder möglichst viele Menschen verantwortungsvoll ihre jeweiligen Sportarten ausüben können.
Sind die Erfahrungswerte des ersten Lockdowns jetzt hilfreich oder trifft es den Sport diesmal ungleich härter?
Krause: Vorab will ich etwas beruhigen: Der organisierte Sport wird diesen vierwöchigen Lockdown überstehen! Aber wir wissen alle, dass sich die Pandemie danach nicht wie auf Knopfdruck verabschieden wird. Eine über den November hinausgehende mehrmonatige Unklarheit oder weitere Stilllegung würde die normalerweise bestens funktionierenden Vereins- und Verbandsstrukturen und ihre wichtigen Leistungen für die Menschen in unserem Land dauerhaft beschädigen.
Welches Stimmungsbild machen Sie in den heimischen Vereinen aus?
Krause: Noch lässt sich in unserer Region kein Trend erkennen, dass Mitglieder ihre Vereine verlassen. Der aktuelle Lockdown kam ja auch sehr kurzfristig. Aber ich erinnere daran, dass auch innerhalb des KSB Paderborn die große Mehrheit der Sportvereine unter ehrenamtlicher Führung steht. Jede kurzfristige Entscheidung, die einen größeren organisatorischen Mehraufwand bedeutet, lässt sich für sie ohne Unterstützung kaum bewältigen. Hier wollen wir einmal mehr die große Solidarität im organisierten Sport unter Beweis stellen und uns als starker Akteur präsentieren. Ich möchte an dieser Stelle auf unsere neue Homepage hinweisen mit eigener Rubrik mit aktuellen Informationen zur Corona-Pandemie und Hinweisen zur Sonderförderungsprogrammen des Landes.
Zahlreiche Vereine haben reichlich Energie und ebenso Geld dafür verwendet, ausgeklügelte Hygienekonzepte umzusetzen, damit der Schutz der Sportler beim Trainings- und Spielbetrieb bestmöglich gewährleistet ist. Die müssen diese verordnete Zwangspause doch als Ohrfeige empfinden, oder?
Krause:In der Tat habe ich mit Stolz beobachtet, wie unsere Vereine mit viel Kreativität sowie Disziplin in den vergangenen Monaten ihren Mitgliedern einen geregelten und vor allem sicheren Trainings- und Wettkampfbetrieb ermöglicht haben. Auch wenn wir den gesamten Sport und seinen Wert für die Menschen sowohl im Kreis Paderborn als auch in NRW gemeinsam mit dem Landessportbund und der Landesregierung im Blick behalten, beansprucht der Sport keine Sonderrolle für sich, sondern trägt die beschlossenen Maßnahmen mit.
Der Profisport darf weitermachen. Ist dieser Beschluss der Politik ein Indiz dafür, dass der Amateursport keine Lobby hat?
Krause:Ein klares Nein. Im Doppelpass mit dem Land setzt der Landessportbund gerade für den Breitensport verschiedene Sonderförderprogramme für Sportvereine erfolgreich gemeinsam um – wie die „Soforthilfe Sport“ oder bewährte Unterstützungsleistungen wie „1000 x 1000-Anerkennung für den Sportverein“ oder für Übungsarbeit im Verein. Auch die neue 15-Millionen-Nothilfe speziell für Viertligisten passt ja ins Gesamtbild, dass wir die sportliche Basis eben nicht im Regen stehen lassen.
LSB-Chef Christoph Niessen hat in einem Interview von einem ,,verlorenen Jahrgang’’ gesprochen. Teilen Sie seine Meinung? Welche Spätfolgen befürchten Sie?
Krause:Wir sind uns doch einig, dass gesicherte Bewegungsangebote für alle Altersklassen mit Bezug auf Gesundheit und Lebensqualität eine herausragende Bedeutung haben. Dies hat die LSB-Führung auch in einem Schreiben an Ministerpräsident Armin Laschet nochmals betont. Deshalb muss der vollumfängliche Erhalt des Schulsports, des außerunterrichtlichen Sports im Ganztag und der Bewegungsangebote in Kindertagesstätten im Fokus stehen, um mögliche Spätfolgen zu vermeiden.
Was möchten Sie der Solidargemeinschaft der Sportler jetzt zurufen außer Durchhalteparolen wie ,,Da müssen wir jetzt durch’’ oder ,,In der Krise zeigt der Sport seine Stärke’’. Haben Sie eine Botschaft?
Krause:Natürlich muss im Verein, aber genauso in Schule oder Kita, unser Motto überall gelten: „Trotzdem Sport!“ Deshalb nimmt der Landessportbund NRW unter anderem eine Million Euro in die Hand, um Ideen für einen praxistauglichen „Corona-Wintersport“ umzusetzen. So geht es wieder verstärkt um digitale Sportangebote, dazu kommen Sonderaktionen wie „Kibaz im Kinderzimmer“ (Bewegung für Kinder bis zum Grundschulalter) oder „Sport im Park“ als mögliche Winteredition.
Glauben Sie wirklich, dass im Dezember alles wieder hochgefahren wird? Oder wann kommt der dritte Lockdown für den Sport? Oder der vierte?
Krause:An einer solchen Kaffeesatzleserei will ich mich nicht beteiligen. Wenn es gelingt, dass Politik sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene, der KSB Paderborn und der Landessportbund weiter vor allem gemeinsam handeln und unsere großen Möglichkeiten als starker Dachverband genutzt werden, bin ich optimistisch, dass wir die Menschen in NRW gut durch die Krise und die kommenden Monate bringen werden. Uns muss es als solidarische Gemeinschaft gelingen, kreative Lösungsvorschläge für unsere Vereine und deren Mitglieder zu erarbeiten. Wir müssen in jeglicher Hinsicht weiter in Bewegung bleiben. Unsere Gesundheit ist ein hohes Gut und steigert unsere Lebensqualität. Gestalten wir den ab dem 1. Dezember mit viel Sport und Bewegung!
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