Squash: Vorsitzender Andreas Preising im Interview
„Wir passen aufs Geld auf“
Paderborn (WB). Andreas Preising übernahm den Vorsitz beim Paderborner Squash Club, da war Deutschland noch gar nicht wiedervereint. Das Gründungsmitglied des mit Abstand erfolgreichsten Paderborner Sportvereins sitzt bereits seit 1981 im Vorstand und hat den Deutschen Rekordmeister und Rekord-Europapokalsieger wie kein anderer geprägt. Die Corona-Pandemie bringt aber auch Deutschlands Vorzeige-Squash Club in Not. Über die Auswirkungen und die Perspektiven sprach Matthias Reichstein mit dem 61-Jährigen.
Herr Preising, seit Mitte März findet Squash praktisch gar nicht mehr statt. Wie fühlt sich das für Sie, der seit 1979 ununterbrochen dabei ist, an?
Preising: Komisch. Nur ein Beispiel: Für mich ist der Europapokal der Landesmeister im September der Höhepunkt. In den vergangenen 16 Jahren war ich als ein Teil der Mannschaft dort immer eine Woche mit dem Team zusammen. Das fehlt mir. Aber wir sind beim PSC eine große Familie und haben uns zwischendurch immer mal wieder – natürlich unter Einhaltung der Abstandsregelungen – getroffen, ausgetauscht und auch Themen wie die Kaderplanung diskutiert.
Was bedeutet diese Zwangspause für den Paderborner Squash Club?
Preising: Das ist auch für uns eine große Herausforderung. Unsere Halle war elf Wochen geschlossen, wir hatten praktisch keine Einnahmen und mussten sehen, dass wir unsere 16 Mitarbeiter, davon fünf Vollzeitkräfte, bezahlt bekommen. Jetzt haben wir seit einigen Wochen wieder geöffnet, wenn auch nur begrenzt und unter Beachtung aller Sicherheits- und Hygienevorschriften.
Wie geht es dem PSC finanziell?
Preising: Wir haben auch die Saison 2019/2020 zum 30. Juni voll abgerechnet. Obwohl die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft nicht stattfand, hat keiner unserer Spieler auch nur einen Cent weniger bekommen. Wir werden die Gehälter oder Zuschüsse an die Spieler ab August ebenfalls weiterzahlen. Das ist unsere Verantwortung, der werden wir als Verein gerecht.
Der Ahorn-Sportpark ist Ihre Heimat und die Haupteinnahmequelle. Beschreiben Sie doch bitte mal die aktuelle Situation.
Preising: Die Zwangspause war schon hart. Aber wir hatten uns in den vergangenen Jahren etwas Speck angefressen, sehr ordentlich gewirtschaftet und sind so abgesichert, dass wir auch die kommenden Monate überstehen werden. Egal, was passiert. Wir zahlen alle unsere Rechnungen, wir passen auf unser Geld aber auch sehr genau auf. Insgesamt sind wir daher viel besser dran als beispielsweise Patrick Gässler. Er musste jetzt seine Anlage in Magstadt bei Stuttgart coronabedingt leider schließen.
Wie reagieren die Mitglieder und Sponsoren?
Preising: Überwiegend positiv. Wir haben knapp 200 Mitglieder, seit der Corona-Krise haben fünf gekündigt. Das liegt absolut im Rahmen. Aber auch Squasher, die nicht Mitglied sind, haben uns die Treue gehalten und das Abonnement nicht gekündigt. Die Sponsoren stehen ebenso fest zu uns. Die vier großen Gönner sind weiter im Boot, sie bilden die finanzielle Grundlage für unseren Etat, der so zwischen 160.000 und 200.000 Euro liegt. Bei den kleineren Sponsoren gibt es schon mal Wechsel. Da tut jeder Abschied weh, aber diese Größenordnung können wir kompensieren.
Wedegärtner „ein Glücksfall“
Der PSC ist der mit Abstand erfolgreichste Squashverein in Deutschland. Viele werden auf Ihren Club schauen, gibt es Kontakt?
Preising: Wir sind fast mit allen Klubs und auch mit dem Verband in einem ständigen Austausch. Unsere Geschäftsführerein Anna Wedegärtner hat beispielsweise bei dem Sicherheits- und Hygienekonzept vorbildliche Arbeit geleistet und ist hier für uns Squasher zu einer anerkannten Expertin geworden. Anna ist als Nachfolgerin von Norman Farthing für uns ein absoluter Glücksgriff. Das zeigt sich jetzt auch noch einmal ganz besonders in dieser Krise. Aber mal ganz abgesehen davon gilt für uns sowieso: Wenn andere Vereine Fragen haben, stehen wir zur Verfügung.
Gab es staatliche Hilfen?
Preising: Natürlich haben wir für unsere hauptamtlichen Mitarbeiter das Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen. Auch die Soforthilfe des Landes in Höhe von 9000 Euro hat geholfen, den ersten Schmerz zu lindern. Aber auch hier ein Beispiel: Der April ist bei uns ein sehr guter Monat, da nehmen wir allein bei den Mieten für die Courts mehr als 10.000 Euro ein. Dieses Jahr mussten wir komplett schließen, da floss kein einziger Euro.
Schauen Sie manchmal neidisch in Richtung Profi-Fußball?
Preising: Ich schätze den SC Paderborn sehr, aber mit dem Geisterspielen konnte ich nichts anfangen. Fußball hat viel mit Emotionen zu tun, da braucht es die Zuschauer. Aber bei dieser Entscheidung ging es ausschließlich um wirtschaftliche Interessen. Neidisch bin ich nicht, da muss jeder seinen Weg gehen. Neben dem Squash sind auch viele andere Sportarten nicht zum Zug gekommen, deshalb gilt für mich eher: Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Was machen Ihre Top-Stars wie Simon Rösner?
Preising: Simon und auch Raphael Kandra sind seit Mitte März ohne Turnier und damit praktisch ohne Beschäftigung. Wobei Raphi bei der Bundeswehr angestellt ist und da viel weicher fällt. Simon ist aber Vollprofi, der verdient sein Geld durch Spiele, die im Moment nicht stattfinden. Der Weltverband hatte zunächst bis Mitte August alle Turniere abgesagt, jetzt wurde bis Mitte September alles ersatzlos gestrichen.
Bundesliga-Start offen
Welche Sorgen machen Sie sich um die Bundesliga?
Preising: Die Kernfrage ist, wann wir wieder den Ligabetrieb starten können. Zunächst sollen möglicherweise im Oktober die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften stattfinden, danach könnte die Bundesliga beginnen. Das würden wir alles hinbekommen, ich sehe aktuell aber ein anderes Problem: Weltweit sind die Flugreisen noch immer stark eingeschränkt. Wie soll zum Beispiel ein Spieler aus Ägypten oder den USA zur Meisterschaftsendrunde nach Deutschland kommen?
Mit dem Rheydter Squashclub hat bereits ein Verein aufgegeben und tritt nicht mehr an.
Preising: In Krisenzeiten werden auch im Squash die guten Klubs immer begehrter. Das merken wir auch. Bei uns bekommen die Jungs ihr Geld, das ist bundesweit bekannt. Daher hätten wir in den vergangenen Wochen fast alle deutschen Top-Spieler verpflichten können. Wir haben uns letztlich für die amtierende Deutsche Meisterin Saskia Beinhard entschieden. Aber wir haben auch so in den vergangenen fünf Jahren weder bei den Damen noch bei den Herren keine Meisterschaft verloren. Das freut unsere Konkurrenz natürlich nicht. Wenn ich jetzt zum Beispiel die deutsche Nummer drei oder vier oder einen weiteren Nationalspieler aus dem Kader des Bundestrainers Oliver Pettke ins Team verpflichtet hätte wollen, wären wir auch in den nächsten Jahren unschlagbar. Aber dann hätte irgendwann auch keiner mehr gegen uns spielen wollen oder es hätte die tolle bestehende Truppe auseinandergerissen.
Keine Turniere
Wie sieht Profi-Squash im kommenden Jahr aus?
Preising: Ich hoffe, dass wir alle diese Pandemie überstehen und in den normalen Modus mit Turnieren und Meisterschaften zurückkehren. Im Moment bin ich froh, dass wir für 2021 kein großes Turnier geplant haben. Wir wollten ursprünglich mal so etwas wie die German Open in Paderborn ausrichten und in einer Baustelle oder Lagerhalle spielen. Motiviert hatten uns die DPD-Open 2019 in Eindhoven, die in einem Logistikzentrum ausgetragen wurden. Da stand der Glascourt praktisch neben einem Förderband für die Pakete und 800 Fans sahen zu. So etwas hätte ich mir auch in Mönkeloh vorstellen können. Aber davon sind wir im Moment weit entfernt. Jetzt müssen wir zunächst diese Krise meistern. Völlig unabhängig davon, wie lange unser Leben noch von diesem Virus bestimmt wird.
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