Uni Baskets geben sich nach Saison-Abbruch kämpferisch
„Wir sind noch nicht fertig“
Paderborn (WB). Es klingt fast perfekt: Die Uni Baskets verabschieden sich mit einem Heimsieg über die zuvor 22-mal in Serie unbezwungenen Niners Chemnitz von ihren Fans und landen auf Rang sechs – die beste Platzierung seit acht Jahren. Fantastische Fakten, bekanntlich getrübt von der bitteren Bilanz gegen einen Konkurrenten namens Corona. Covid 19 hat das Team von Headcoach Steven Esterkamp nicht nur um die greifbare Play-off-Teilnahme, sondern zudem in finanzielle Nöte gebracht. Der erste Schock saß tief, die Bilanz dieser ProA-Spielzeit fällt trotzdem positiv aus.
Die wirtschaftliche Lage
Unter den üblichen Umständen hätten die Uni Baskets am vergangenen Samstag vor 2000 plus X Fans in der Maspernhölle gegen Bremerhaven ihr letztes Hauptrundenspiel bestritten. „Nach dem Tabellenführer hätten wir nur zu gerne auch den Tabellenzweiten geschlagen und mit den Zuschauern den Einzug in die Play-offs gefeiert“, sagt Geschäftsführer Dominik Meyer. Aber das Happy-end gibt’s nur im Konjunktiv. Stattdessen müssen die Baskets sowohl auf den ganz großen Teil der Einnahmen für die letzten drei Heimspiele als auch auf die für mindestens einen Play-off-Auftritt in den eigenen vier Wänden verzichten. Wie viel genau fehlt(e), vermag Meyer nicht zu sagen, aber viel wichtiger ist, dass der Zweitligist gute Chancen hat, aus dem kurzfristig angesetzten Existenzkampf als erleichterter Punktsieger hervorzugehen: „Das sind anstrengende Zeiten, doch wir sind relativ optimistisch, dass wir diese kritische Situation gemeinsam überstehen.“ Selbstverständlich war das zu keinem Zeitpunkt. Der Dank gilt Fans wie Sponsoren. „ Wir sind beinahe fassungslos, wie viel Solidarität wir erfahren haben. Wir wissen noch nicht genau, was an Rückforderungen auf uns zukommt, aber die bisherigen Reaktionen sind unglaublich positiv“, sagt Meyer. Das trifft auch auf die Aktion #ourplayoffs2020 zu, bei der es Tickets für ein imaginäres Viertelfinale gegen Science City Jena zu kaufen gibt. Fast 770 Karten sind bereits geordert worden. Trotzdem benötigen die Baskets weitere Hilfe und haben ein Spendenkonto eingerichtet: Jump & Joy e. V., Sparkasse Paderborn-Detmold, IBAN DE58 4765 0130 0000 0087 97.
Der sechste Platz
Nach dem fünften Platz in der Saison 2011/2012 ist das die zweitbeste Platzierung seit dem BBL-Abstieg vor zehn Jahren. Der Lohn in Form packender Play-off-Partien bleibt den Baskets versagt, aber dafür darf dem starken Abschneiden ein positiver Input auf besagte Hilfsaktionen bescheinigt werden. „Wer weiß, wie das Feedback gewesen wäre, wenn wir unten drin gestanden hätten“, mutmaßt Meyer, um dann auf den sportlichen Wert der Platzierung zu sprechen zu kommen: „Es tut extrem gut, dass uns ein weiterer großer Schritt in unserer Entwicklung gelungen ist.“ Ein weiterer – nicht der letzte: „Wir sind noch nicht fertig. Wir wollen in der nächsten Saison da ansetzen, wo wir nun aufhören mussten, uns dann aber tatsächlich mit den ersten Play-off-Spielen belohnen. Steven Esterkamp ist schon jetzt heiß wie Frittenfett. Ihn hat es mit am meisten genervt, dass wir diese Saison nicht vergolden konnten.“
Der Erfolgscoach
Apropos Esterkamp. Besser hätte die erste ProA-Spielzeit in seiner noch jungen Trainerkarriere kaum verlaufen können. Einer der Paderborner BBL-Aufstiegshelden aus dem Jahr 2006, hat der 39-Jährige die Hoffnungen, die die Baskets-Verantwortlichen mit seiner Rückkehr verbunden haben, übererfüllt. „Steven und die Baskets – das passt eben. Wir sind wahnsinnig glücklich darüber, wie sich diese Zusammenarbeit entwickelt hat, was für einen attraktiven Basketball er spielen lässt. Steven ist ein Glücksfall für uns und wir hoffen, dass wir diesen Weg genauso weitergehen“, sagt Meyer.
Der Spieler der Saison
Esterkamp hat seine Kompetenz unter anderem damit unter Beweis gestellt, dass er einen gewissen Kendale McCullum dazu gebracht hat, nach Paderborn zu wechseln. Der viertbeste Scorer (18,1 Punkte) und beste Assistgeber (7,1) der Liga war der Kopf des Kollektivs. Die Experten von eurobasket.com haben ihn zum besten Spieler und besten Verteidiger der ProA-Saison gekürt – nicht schlecht für einen Rookie. „In einem Topteam gut zu spielen, ist relativ einfach. Aber ein Team, das zu Saisonbeginn nicht so weit oben erwartet worden ist, auf ein solches Level zu heben, das ist etwas ganz Besonderes. Kendale hat wunderbar in unser System und auch charakterlich super in unsere Mannschaft gepasst“, sagt Meyer.
Die Überraschung
Jens Großmann hat bis zu seiner schweren Fußverletzung nur zehn ProA-Partien bestreiten können, aber das, was der damals 19- und mittlerweile 20-Jährige an den ersten Spieltagen auf dem für ihn neuen Niveau abgeliefert hat, war erstaunlich stark. „Wir hätten nie gedacht, dass Jens sofort in der Lage sein würde, fast 20 Minuten auf dem Feld zu stehen. Aber das hat er richtig gut gemacht und uns so sehr dabei geholfen, den Ausfall von Daniel Mixich zu kompensieren“, sagt Meyer. Der tut sich sonst schwer, einzelne Akteure herauszuholen, hat aber für den „Dunk-King“ und dessen Zuarbeiter noch ein Extralob parat: „Die unzähligen Alley-oops und Dunks von Martin Seiferth waren sinnbildlich für den spektakulären Team-Basketball, mit dem wir unsere Fans begeistern konnten.“
Das Team 2020/2021
Jens Großmanns Vertrag läuft noch zwei weitere Jahre, Kapitän Ivan Buntic und Headcoach Steven Esterkamp sind noch eine Saison an die Uni Baskets gebunden. Im Papier, das Henning Ballhausen unterschrieben hat, gibt es eine Option auf ein zweites Jahr der Zusammenarbeit. Vier Bausteine für noch eine erfolgreiche Saison haben die Baskets beisammen. Ginge es nach Dominik Meyer, wüsste er auch schon alle anderen Namen: „Es war keiner glücklich damit, wie das Ganze zu Ende gegangen ist. Der allgemeine Tenor war, dass sich das unfertig angefühlt hat, und wir hoffen nun natürlich, dass möglichst viele der Jungs bei der Meinung bleiben, den Weg in die Play-offs dann eben in der kommenden Saison gemeinsam zu Ende zu gehen. Am liebsten wollen wir alle halten.“ Am schwierigsten, so realistisch ist die Betrachtungsweise, dürfte es mit einer Weiterverpflichtung von Topscorer Kendale McCullum werden. Der 23-Jährige steht längst bei einigen BBL-Teams auf der Wunschliste und nicht nur da. Aber: Aufgeben gilt nicht. „Es wäre fatal, wenn wir es nicht wenigstens versuchten, Kendale zu überzeugen“, sagt Meyer, fügt aber hinzu: „Wir werden uns finanziell auch mit Blick auf die kommende Saison keinesfalls übernehmen. Sonst gibt’s irgendwann die nächste Krise und dann bist du weg.“
Startseite