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Gericht

Cum-Ex-Prozess: Angeklagter beschwert sich über Bedingungen

Bonn (dpa)

Im Strafprozess gegen den bekanntesten Protagonisten im milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal, Hanno Berger, hat sich der Angeklagte über die Haftbedingungen beschwert. Vor dem Bonner Landgericht sagte der 71-Jährige am Donnerstag, es sei «nicht unbedingt menschenwürdig, wenn man in einem Raum untergebracht ist, der weitgehend verpilzt, verdreckt ist». Er bekomme «morgens und abends ein ungetoastetes Toastbrot mit einer Scheiblette» und kein richtiges Mittagessen - nur «Wassersuppe» und «gestern Reis, zusammengebappt mit etwas Soße drauf». Er wolle sich vor Gericht gegen die Vorwürfe verteidigen, aber ihm schwänden die Kräfte.

Von dpa

Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Berger betonte, dass er in der Haft nicht besser behandelt werden wolle als andere. «Ich möchte gleichbehandelt werden, ich möchte keine Sonderbratwürste haben.» Sein Anwalt sagte, die psychosoziale Situation seines Mandanten sei «äußerst kritisch». Dass Berger in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf gesagt worden sei, er dürfe jeden Monat nur zwei Mal 20 Minuten mit seiner Familie telefonieren, bewertet der Anwalt ebenfalls als bedenklich.

Berger gilt als der Architekt und «Mastermind» der «Cum-Ex»-Deals, die von 2006 bis 2012 ihre Hochphase hatten. Banken, Händler und Investoren schoben Aktien mit («cum») und ohne («ex») Ausschüttungsanspruch hin und her. Es war ein Verwirrspiel rund um den Dividendenstichtag, bei dem der Fiskus den Überblick verlor und Kapitalertragssteuer erstattete, die gar nicht gezahlt worden war. Der deutsche Fiskus büßte unterschiedlichen Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag ein.

Im Bonner Verfahren werden Berger drei Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vorgeworfen. Er soll unter anderem die Hamburger Privatbank M.M. Warburg zur Aufnahme von «Cum-Ex»-Geschäften bewogen und maßgeblich geholfen haben, die nötigen Strukturen einzurichten. Dem Fiskus soll damit ein Schaden von 278 Millionen Euro entstanden sein (Aktenzeichen 62 KLs 2/20).

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