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NRW stellt Quarantäne-Entschädigungen für Ungeimpfte ein

Düsseldorf (dpa/lnw)

NRW erhöht den Druck auf Ungeimpfte. Wer in Quarantäne muss, für den gleicht das Land nicht mehr einen möglichen Verdienstausfall aus. Das finden die einen gefährliche Holzhammermethode, die anderen eine richtige Entscheidung. Für das Land geht es um Millionen.

Von dpa

Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen. Foto: Federico Gambarini/dpa/Archivbild

Für Verdienstausfälle bei Quarantäne zahlt das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen demnächst in der Regel keine Entschädigungen mehr an Ungeimpfte. Das Land werde entsprechend des bundesweiten Infektionsschutzgesetzes zum 11. Oktober die bisherige Regelung für Ungeimpfte auslaufen lassen, teilte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Freitag in Düsseldorf mit. Zuvor hatte der CDU-Politiker schon davon gesprochen, dass es für Ungeimpfte in Quarantäne keine «Lohnfortzahlung» mehr geben sollte. Das Vorhaben rief Kritik von Patientenschützern und Gewerkschaften hervor. Unternehmerverbände gaben Laumann recht.

«Wer sich also die Freiheit herausnimmt, sich nicht impfen zu lassen, obwohl medizinisch nichts dagegen spricht, steht für die Folgen seiner Entscheidung selbst ein - nicht der Arbeitgeber, nicht die Solidargemeinschaft», sagte Laumann. Ebenso sei klar: Wer sich wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder Schwangerschaft nicht impfen lassen könne, erhalte weiter Unterstützung. Einen Entschädigungsanspruch hätten weiterhin auch Genesene und Geimpfte, die wegen so genannten Impfdurchbrüchen oder Neuerkrankungen in Quarantäne müssten. Seinen Kurswechsel begründete Laumann damit, dass mittlerweile ein flächendeckendes Impfangebot zur Verfügung stehe.

Die Stiftung Patientenschutz sprach von einer «Holzhammermethode». «Das eignet sich fürs Festzelt und den Stammtisch und nicht für ein so hochsensibles Thema», sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Er befürchtet, dass Betroffene trotzdem zum Arbeitsplatz gehen, um nicht das Risiko tragen zu müssen, 14 Tage auf Lohn zu verzichten. Gerade in der Altenpflege könnten solche Schritte die fatale Wirkung haben, dass noch mehr Arbeitnehmer ihren Job aufgeben. «Eine Holzhammermethode ist in der Impfkampagne hochgefährlich.»

Die DGB-Landesvorsitzende Anja Weber hält das Vorhaben ebenfalls für falsch. Laumanns Anliegen sei zwar nachvollziehbar. «Seine Entscheidung, die Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte auslaufen zu lassen, führt dennoch ins Leere: Damit werden die Konflikte in die Betriebe verlagert, nicht aber die Impfquote gesteigert.» Anstatt auf mehr Druck sollte die Regierung auf Überzeugungsarbeit und mobile Impfangebote setzen.

Von den Unternehmensverbände hingegen kam Lob. Wer sich gegen eine Impfung entscheide, müsse mit Einschränkungen rechnen. «Das gilt auch für den Arbeitsplatz», erklärte Hauptgeschäftsführer Johannes Pöttering. Arbeitgeber dürften keine einseitigen Nachteile haben, weil sich Beschäftigte nicht impfen ließen. «Wer nicht geimpft ist, deswegen in Quarantäne muss und daher seine Arbeit nicht machen kann, kann weder von der Allgemeinheit noch vom Arbeitgeber eine Weiterzahlung seiner Vergütung verlangen.»

Bisher zahlen Arbeitgeber im Quarantänefall den Lohn fort und können sich den Betrag dann von den kommunalen Landschaftsverbänden erstatten lassen. Nach Ministeriumsangaben wurden in NRW bislang rund 120 Millionen Euro für Entschädigung des Verdienstausfalls in Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten Quarantäne ausgegeben.

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