Pastor Bernd Lohse hält den diesjährigen Libori-Vortrag des Freundeskreises der Jakobuspilger Paderborn
13 Phasen einer Pilgerwanderung
Paderborn
„Der Weg des Weges – von den Phasen einer Pilgerwanderung“ – so lautete das Thema des diesjährigen Liborivortrags des Freundeskreises der Jakobuspilger Paderborn. Dass dieses Thema auf ein beträchtliches Interesse stößt, bewiesen die zahlenreichen Zuhörer im Audimax der Theologischen Fakultät Paderborn, vor denen Bernd Lohse, „Pilgerpastor der Nordkirche St. Jakobi in Hamburg“, referierte.
Mit Pastor Lohse gelang es dem Freundeskreis, einen ausgewiesenen Kenner des Pilgerns zu gewinnen. Bernd Lohse selbst war als Pilger nicht nur auf dem Camino in Spanien unterwegs, sondern auch europaweit auf dem 640 Kilometer langen Olavsweg in Norwegen sowie auf der Via Baltica. Neben Fachveranstaltungen und Vorträgen hat Bernd Lohse viele Publikationen zum Thema Pilgern veröffentlicht und ist zudem Sprecher des Netzwerkes Pilgern in Deutschland. Nicht zuletzt hat ihn sogar eine seiner Reisen inspiriert, einen Kriminalroman mit dem bezeichnenden Titel „Familienbande“ zu schreiben.
Der Vortrag beschäftigte sich in erster Linie nicht mit persönlichen Erlebnissen eines bestimmten Pilgerweges, sondern befasste sich hauptsächlich mit der spirituellen Seite und der theologischen Reflexion des Pilgerns. Pilgern bedeute somit auch, einen spirituellen Weg zu gehen. Dieser spirituelle Weg kann beispielsweise auch darin bestehen, wie seinerzeit Martin Luther als Frömmigkeitsübung tagelang schweigend gepilgert zu sein. Das Pilgern erzeuge beim Menschen in seiner Gesamtheit eine nachhaltige Veränderung, der Pilger erreiche das Ziel in einer anderen seelischen und geistigen Verfassung als die, mit der er am Anfang die Pilgerung startete.
Auf den Fokus dieses Prozesses, nämlich die Entwicklung des Pilgers – bezogen auf den Zeitraum vor, während und nach dem Absolvieren des Pilgerweges – ging Bernd Lohse dann im Nachfolgenden ein. So unterteilte er den Prozess des Pilgerns grundsätzlich in 13 Phasen des Weges: Am Anfang steht die Idee, ich will pilgern, die erfahrungsgemäß verschiedene Ursprünge haben kann wie beispielsweise eine Trauerbewältigung, Neuorientierung, notwendige Veränderungen oder Ähnliches.
Nach den Vorbereitungen erfolgt daraufhin die Anreise und damit die Herauslösung aus dem bisherigen Alltagsgeschehen. Als nächste Phase folgt das Losgehen, „Ultreya“ (Begrüßung der Pilger untereinander auf dem Jakobsweg), um dann auf dem Weg seinen ganz persönlichen Rhythmus zu finden, frei nach dem Motto: „Ich gehe, also bin ich.“
Als Nächstes folgt, mit der Wegeexistenz (Weggemeinschaft, Bruderschaft auf dem Weg) vertraut zu werden, wozu auch Grenzerfahrungen und Krisen zählen. Auch die Seele des Pilgers erfährt fortan vielfach Veränderungen und Verwandlungen, mit den Worten von Pastor Lohse: „Es kommt etwas hoch beim Pilgern, die Seele setzt Fett an“.
Dieser Prozess kann sich auch als schwierig erweisen, wenn nämlich der Körper plötzlich nicht mehr mitmacht. Allmählich kommt jedoch das Ziel näher, das schließlich erreicht wird und dem Weg Richtung und Ziel gibt. Und plötzlich ist man ein anderer Mensch geworden. Was dann folgt, ist für viele die Rückreise in eine fremd gewordene andere Welt und die Sehnsucht nach einem neuen Weg. Viele kommen in dieser Welt verändert an, in einer anderen seelischen Verfassung: Hochsensibel und schnell verletzlich.
An dieser Stelle sollte eigentlich als Nachsorge die Pilgerseelsorge der Kirchen einsetzen. Die fehlt jedoch, weil, so Lohse, die Kirche diesen Bedarf noch nicht erkannt habe.
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