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Mitglieder des Beverunger Vereins Dritte Welt und Umwelt besuchen Kinderdorf Awassa

„Äthiopien braucht unsere Unterstützung“

Beverungen

Seit 20 Jahren wird das Kinderdorf Awassa in Südäthiopien gesponsert. Neben dem Beverunger Förderverein Dritte Welt und Umwelt tragen auch die Fördervereine aus Freiburg und Chicago dazu bei. Und so können 550 Menschen unterstützt werden.

Empfang des Beverungen-Besuchs im Kinderdorf Awassa.
Foto: Reiner Kempe

Teilnehmer des Vereins aus Beverungen waren jetzt vor Ort, um zu sehen, wie die Mittel der Sponsoren verwendet werden. Elfi Strumpen, Corina Warnecke-Kempe, Reiner Kempe (1. Vorsitzender), Falko Schormann und Lars Scholand haben das Kinderdorf Awassa besucht. Wie immer, werden die Reisekosten von den Teilnehmern selbst bezahlt.

Apotheke ist wieder aufgefüllt

Die Beverunger hatten viel Oberbekleidung im Gepäck. Hosen, T-Shirts und Pullover wurden an die Kinder im Kinderdorf verteilt – dazu erhielt jedes Kind ein Paar Schuhe. Außerdem wurden viele Medikamente mitgenommen, um die Apotheke im Kinderdorf wieder aufzufüllen. „Auch in Äthiopien sind die Medikamente in den letzten beiden Jahren sehr teuer geworden“, weiß Vorsitzender Reiner Kempe zu berichten. Lars Scholand, Hörgeräteakustiker aus Borgentreich, hat gebrauchte und neue Hörgeräte mitgenommen und sie für diejenigen Kinder und Erwachsenen angepasst, die unter Hörproblemen zu leiden haben. Dabei wurden etwa 40 Menschen untersucht und vielen von ihnen konnte mit einem Hörgerät sowie Batterien für etwa sechs Monate geholfen werden.

Hörgeräteakustiker Lars Scholand untersucht die Ohren eines äthiopischen Jungen. Foto: Reiner Kempe

Siebenjähriger Junge kann wieder hören

Besonders groß war die Freude bei einem siebenjährigen Jungen, der gar nicht hören konnte. Lars Scholand hat es immer wieder probiert und nicht aufgegeben. Und endlich, nach drei Tagen, konnte der Junge mit Hilfe eines Hörgerätes zum ersten Mal in seinem Leben Töne wahrnehmen. Er, seine Mutter und auch alle im Kinderdorf waren tief bewegt.

„Die Corona-Pandemie hat auch in Awassa zu deutlichen Einschränkungen geführt“, so Kempe. Dennoch sei das Kinderdorf trotz der vielfältigen Einschränkungen bisher recht gut und ohne weitere Probleme durch diese schwere Zeit gekommen. „Da es in Äthiopien wärmer ist als in Deutschland, verbreiten sich die Viren dort nicht so stark“, so der Vorsitzende weiter.

Viel problematischer seien dort die Arbeitslosigkeit und die drastisch gestiegenen Preise, besonders bei Lebensmitteln. Der Wechselkurs der äthiopischen Währung habe in den letzten zwei Jahren mehr als 65 Prozent seines Wertes eingebüßt. „So eine schlimme Inflation hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Was das tatsächlich für das tägliche Leben bedeutet, lässt sich nur schwer begreifen. Betroffen macht schon, dass manche Menschen nicht mehr so viel Geld zur Verfügung haben, um sich genügend Lebensmittel zu kaufen.“

Berufsausbildung wird angeboten

Die Teilnehmer der Reise konnten sich überzeugen, dass die Geldmittel genau dort ankommen, wo sie ankommen sollen. „Das Geld ist gut angelegt in die Entwicklung und die Berufsausbildung äthiopischer Kinder und Jugendlicher“, versichert Reinhard Kempe.

Das Projekt besteht zum einen aus dem eigentlichen Kinderdorf, in dem rund 90 Waisenkinder ein Zuhause und eine Heimat gefunden haben. Die Kinder besuchen die Schule und werden bis zum Ende Ihrer Berufsausbildung begleitet. Im Jahr 2021 konnten sogar sieben Studenten aus dem Kinderdorf erfolgreich ihr Universitätsstudium abschließen.

Neben dem Kinderdorf wird eine Berufsausbildung für junge Menschen angeboten. Junge Frauen können in der Näherei oder mit einer Computer-Ausbildung einen Abschluss erwerben. Außerdem wird im Bereich der Büro-Berufe ein Abschluss in Verwaltung und Personalwesen angeboten.

Christian Haase hat vermittelt

Für junge Männer wird Elektrotechnik, Möbelherstellung, Schweißerei sowie die Installation und Wartung von Fotovoltaikanlagen unterrichtet. Dank einer Vermittlung des Beverunger Bundestagsabgeordneten Christian Haase konnte die GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Bonn) gewonnen werden, Mittel für die Installation von Fotovoltaikanlagen in zehn Orten in und um Awassa sowie die Mittel für die Ausbildung junger Menschen bereit zu stellen. Damit soll die Errichtung von Fotovoltaikanlagen in Äthiopien gefördert werden.

Christian Haase bei seinem Besuch 2016 in Awassa mit drei jungen Männern, die in der dorfeigenen Werkstatt zu Elektrikern ausgebildet werden. Dank Haases Vermittlung hat die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Mittel sowohl für die Ausbildung als auch für die Installation von Fotovoltaikanlagen zur Verfügung gestellt. Foto: privat

Zum Dritten werden unverheiratete junge Mütter mit ihren Kindern, ältere Menschen und Behinderte aus den Mitteln des Kinderdorfes unterstützt und erhalten neben Nahrungsmitteln und Geldzuwendungen auch weitere Unterstützung durch die Sozialarbeiter der Kinderdorfes.

550 Menschen werden unterstützt

„Insgesamt erhalten also 550 Menschen eine Unterstützung, die sonst nicht möglich wäre“, sagt Kempe. Dies sei nicht nur den vielen Sponsoren zu verdanken, sondern auch dem Leiter des Kinderdorfes Ato Girma Melese und seinen Mitarbeitern, die sich seit vielen Jahren um die Kinder des Kinderdorfes und die Menschen in Äthiopien kümmern.

Schwierige politische Verhältnisse

Äthiopien mit etwa 117 Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Es gibt mehr als 80 ethnische Gruppen, die das politische und soziale Leben mitbestimmen. Daher ist die Führung des gesamten Landes eine schwierige Aufgabe. Im Norden des Landes sind die Tigray angesiedelt (etwa 4 Millionen Menschen), die von 1991 bis 2018 der Regierungspartei angehörten, die autoritär über Äthiopien geherrscht hatte. Als der derzeitige Ministerpräsident Abiy Ahmed 2018 die Regierungsgeschäfte übernahm, und die Tigray der Regierung nun nicht mehr angehörten, kam es zu schwelenden Konflikten mit der Zentralregierung in Addis Abeba, die im November 2020 in einem bewaffneten Konflikt mündeten. Die Positionen sind auf beiden Seiten festgefahren. Eine kurzfristige Lösung des Problems ist nicht in Sicht.

Auch wenn die Mehrheit der äthiopischen Bevölkerung hinter dem Ministerpräsidenten steht, belastet der Konflikt das ganze Land und auch die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung.

Jede Spende zählt

„Wir haben wirklich keine Vorstellung davon, wie gut es uns in Europa geht, weil wir keine vergleichenden Erfahrungen gemacht haben“, erklärt Reiner Kempe und unterstreicht noch mal das Ziel des Vereins, jungen Menschen in Äthiopien Bildung und einen Beruf zu geben, damit sie die Möglichkeit haben, sich ein eigenes Leben aufbauen zu können. Gerne würde er weitere Sponsoren für das Projekt willkommen heißen. Spendenkonto: Dritte Welt und Umwelt e.V., Beverungen. Konto: DE36 4726 0121 0111 1220 00 bei der Verbund Volksbank OWL eG, Paderborn.

www.kinderdorf-awassa.de

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