Bei Zahlungsrückständen in Bielefeld
100 Mal pro Monat wird Haushalten der Strom abgeklemmt
Bielefeld
Noch ist bei den Stadtwerken Bielefeld nicht extrem auffällig spürbar, dass Kunden durch einen coronabedingt höheren Energieverbrauch – einfach, weil sie häufiger als üblich zu Hause sind – Schulden auflaufen lassen. Bei Zahlungsrückständen aber kann es zu einer Stromsperre kommen. Das bedeutet: kein Licht, keine heiße Dusche, das Handy kann nicht aufgeladen werden, es gibt weder Kaffee noch eine warme Mahlzeit.
In „normalen“ Monaten, so Stefan Froneck als zuständiger Geschäftsbereichsleiter, werden Stromsperren „im niedrigen vierstelligen Bereich“ angedroht – wenn die Schulden mehr als 100 Euro betragen und mit einem vierwöchigen Vorlauf.
Allerdings: Nur bei drei Prozent der Fälle, im Durchschnitt maximal 100 pro Monat, wird der Strom tatsächlich auch abgeschaltet. Mansour Mansouri, Stadtwerke-Experte für Stromsperren, sagt aber auch: „In 60 bis 70 Prozent wird der Strom noch am selben Tag wieder eingeschaltet, beim Rest am Folgetag.“ Dann hat sich eine Lösung gefunden: Die Rückstände werden ausgeglichen, Ratenzahlung vereinbart, die monatlichen Abschläge erhöht.
Froneck betont: „Eine Stromsperre ist die wirklich allerletzte Maßnahme, die wir ergreifen, um an das ausstehende Geld zu kommen.“ Im vergangenen Jahr gab es wegen der Corona-Pandemie eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die finanziell angespannten Haushalten helfen sollte. Diese Regelung lief zum 30. Juni 2020 aus. Obwohl in den Monaten April, Mai und Juni ein Zahlungsaufschub gewährt wurde, wurden 2020 nach Angaben der Bundesnetzagentur deutschlandweit in 298.000 Haushalten der Strom gesperrt.
Mansouri und Froneck wissen, warum es mitunter dazu kommt: „In vielen Fällen einfach aus Nachlässigkeit oder auch, weil es Sprach- und Verständnisprobleme gibt“. 90 Prozent der Stadtwerke-Kunden könne so etwas eigentlich nicht passieren, weil sie ihrem örtlichen Energieversorger einen Lastschriftauftrag erteilt hätten. Nachzahlungen, aber auch Gutschriften bei geringerem Verbrauch als mit dem Abschlag abgegolten, würden so automatisch verrechnet. Üblich seien aber nach wie vor Daueraufträge, die möglicherweise nicht entsprechend angepasst würden, oder auch Barzahlung.
Eine Stromsperre, versichern Mansouri und Froneck, komme nicht plötzlich „aus heiterem Himmel“. Nach der Androhung vier Wochen vor einem im Schreiben genannten Sperrtermin werde der Vollzug der Sperre zudem noch einmal drei Tage vorher angekündigt. Kunden, so Froneck, sollten schnell darauf reagieren und sich telefonisch beraten lassen: „Gibt es den Willen, die offene Rechnung zu begleichen, helfen wir dabei, die Angelegenheit zu klären.“
Die beiden Experten haben die Erfahrung gemacht, dass die Kunden meist dankbar für die Unterstützung seien. Selbst vor Ort, wenn tatsächlich der Strom abgestellt wird, komme es, so Mansouri, „so gut wie nie zu aggressiven Reaktionen“. Der „unbürokratische Vor-Ort-Service“, den die Stadtwerke böten, werde meist gern angenommen.
Stefan Froneck weist darauf hin, dass zum Beispiel auch Geschäftsinhaber, deren Ladenlokale wegen des Lockdown seit Monaten geschlossen seien, ihre monatlichen Abschlagzahlungen verringern und dem (Nicht-)Verbrauch vorübergehend anpassen könnten. Da genüge ein Anruf beim Versorger, um auf diese Weise Geld einzusparen.
Das sagt die Verbraucherzentrale
Zahlungen für Energie und Miete sollten immer Vorrang haben. Zahlungsaufforderungen oder Mahnungen sollten nicht ignoriert werden und Abschlagzahlungen zum Energieverbrauch passen.Bei einem Zahlungsrückstand ab 100 Euro kann der Versorger den Strom abklemmen.Er muss die Sperre vier Wochen vorher und dann noch einmal drei Werktage vor dem Termin ankündigen.Um eine Stromsperre zu vermeiden, können Ratenzahlungen vereinbar, die Abschläge erhöht oder auch eine Stundung ausgehandelt werden.Wer Sozialleistungen bezieht, kann sich vom Jobcenter Geld leihen, um seine Energieschulden zu begleichen.Mehr Infos unter www.verbraucherzentrale.de
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