FH-Absolventen präsentieren Abschlussarbeiten in einer Werkschau – mit Video
Ästhetische Experimente in einer digitalen neuen Welt
Bielefeld (WB). Die zunehmende Digitalisierung verändert nicht nur die Wahrnehmung des Menschen auf seine Umwelt, sie spiegelt sich auch in den Abschlussarbeiten der Bachelor- und Masterabsolventen am Fachbereich Gestaltung wider. 48 Arbeiten sind entstanden, die an diesem Wochenende der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die große Werkschau erstreckt sich auf das gesamte FH-Gebäude an der Lampingstraße und umfasst Arbeiten aus den Studienrichtungen »Fotografie und Medien«, »Grafik und Kommunikation« und »Mode«. »95 Prozent alle Arbeiten entstehen digital«, sagt Prodekan Professor Dirk Fütterer. Die FH reagiert darauf mit dem neuen Studiengang »Digital Art and Experiment«, der im Wintersemester 2019/20 an den Start gehen soll.
Der Trend generiert indes auch einen Gegentrend, wie Professor Nils Hoff, Fachbereichsleiter für Grafik und Kommunikationsdesign, ausführt: »Auf der anderen Seite gibt ein großes Interesse am Handwerklichen.«
Im Bereich Mode geht es auch gar nicht anders. Mit ihrer Kollektion »Reset« lässt Sophie Möbus die Trägerin selbst zur Gestalterin werden. Ihre feminine Kollektion kann nach dem Baukastenprinzip kombiniert werden. Alles passt zu allem, Ärmel lassen sich abnehmen, Teile wenden. Weißtöne dominieren, zartes Rosa mischt sich dezent darunter.
Eine Welt ohne Farben
Inspirieren ließ sich die Modedesignerin vom Roman »Arthur und die Farben des Lebens« von Jean-Gabriel Causse. Das Werk offeriert eine Welt ohne Farben. »Ich habe versucht, einer unbunten Farbe Leben einzuhauchen, indem ich viele unterschiedliche Materialien verwendet habe«, sagt Sophie Möbus. Strickmaschen und Metallringe stehen symbolisch für den Kreislauf des Lebens. »Meine Kollektion soll den Blick auf die wesentlichen Dinge des Lebens lenken«, erklärt die junge Designerin.
Die Welt der Soundsystemkultur fokussiert dagegen Fabio Ney in seiner Bachelorarbeit im Bereich Fotografie. »Die Soundsystemkultur«, erläutert Ney, »entstand in den 1950er Jahren in Jamaika aus der sozialen Unterdrückung der unteren Schichten. Not macht bekanntlich erfinderisch: Da der Arbeiterklasse der Zugang zu Musik- und Kulturveranstaltungen verwehrt wurde, zimmerten die Menschen aus altem Baustellenholz Musikboxen. »So entstand eine unabhängige, selbstverwaltete Kultur, die im Zuge von Arbeitsmigration auf der ganzen Welt verbreitet wurde«, sagt Ney, der dem Sound der mächtigen Musikanlagen vor einigen Jahren selbst verfiel.
Neben Fotografien verschiedenster Soundsysteme besteht seine Bachelorarbeit aus einem Soundsystem Marke Eigenbau. »Ich wollte verstehen, wie das funktioniert und habe acht Monate lang an den Boxen gearbeitet«, berichtet Ney. Die beeindruckende 8000-Watt-Anlage war bereits beim Carnival der Kulturen und bei einer Party in »Nummer zum Platz« im Einsatz und bildet das Herzstück seiner Abschlussarbeit.
Mit einem ästhetischen Experiment lenkt Nils Pisarsky die Blicke auf seine Bachelorarbeit. Der Absolvent im Bereich Grafik und Kommunikationsdesign hat das altbekannte Medium »Plakat« neu interpretiert. Über eine entsprechende Programmierung wird das Plakatdesign live generiert und ständig verändert. So zum Beispiel ein Plakat zum Thema »IT und Sicherheit«. Dazu nutzte Pisarsky Überwachungskameras im Netz, die nicht durch ein Passwort geschützt sind. Wie einem Voyeur ist es so jedermann möglich, in private Bereiche Einblicke zu nehmen.
Eine humorvolle Auseinandersetzung mit dem Drama »Der Gott des Gemetzels« von Yasmina Reza präsentiert Dennis Schelenberg. Er hat die Wortgefechte, die sich die beiden Elternpaare liefern, in einem Buch typografisch, zum Beispiel durch Flattersatz, sichtbar gemacht.
Mensch und Natur
Mit den Auswirkungen einer zunehmend technisierten und digitalisierten Welt setzt sich Vera Venjakob in ihrer Bachelorarbeit auseinander. In ihren Fotografien von Mensch und Natur geht es einerseits um die Entfremdung des Menschen von der Natur, andererseits um die Romantisierung.
Die Ausstellung mit zahlreichen weiteren sehenswerten Abschlussarbeiten ist von heute an, 18 Uhr, zu sehen sowie an diesem Samstag von 11 bis 18 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Die Werkschauparty beginnt heute um 23 Uhr.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der von Studentinnen und Studenten aus dem fünften Semester gestaltet wurde.
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