Diskussion zur Studie Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen
Bielefeld will mehr Wohnprojekte unterstützen
Bielefeld
Die Nachfrage nach neuen gemeinschaftlichen Wohnformen ist groß und der Nutzen insbesondere für Familien enorm. Das bestätigt eine Studie, die jetzt im Bielefelder Wohnprojekt 5 diskutiert wurde.
„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, heißt es in einem vielzitierten afrikanischen Sprichwort. Ein Dorf ist das Wohnprojekt 5 in Quelle nicht, wohl aber ein sehr guter Ort, um Kinder großzuziehen. Zu diesem Schluss kommt Dr. Martina Heitkötter vom Deutschen Jugendinstitut in München, die jetzt zu Besuch war am Lipizzanerweg 4, wo 50 Erwachsene und 35 Kinder in insgesamt 38 Wohnungen leben.
Insbesondere Familien profitierten von Angeboten wie in Quelle, heißt es in der Studie „Familien in Gemeinschaftlichen Wohnformen“, an der Dr. Heitkötter mitgearbeitet hat und die jetzt vorgestellt wurde. Florian Parker kann das bestätigen. Von Anfang an, also seit 2017, wohnt er mit seiner Frau Laura und den beiden, mittlerweile fünf und sieben Jahre alten Kindern, am Lipizzanerweg 4.
Die beiden arbeiten als freie Schauspieler, haben also sehr flexible Arbeitszeiten. „Es ist krass, wie das Leben hier das mit den Kindern erleichtert“, sagt der 43-Jährige. Ein anderer Bewohner erzählt in der anschließenden Talkrunde, dass die Projektgemeinschaft die Coronazeit gut bewältigt habe. Einkaufsdienste seien zum Beispiel kein Problem gewesen, man habe sich gegenseitig unterstützt.
Das Wohnprojekt 5 ist zwar nicht das einzige seiner Art in Bielefeld, aber das größte und „es zeigt vorbildhaft, wie das Zusammenleben von mehreren Generationen funktionieren kann“, lobt auch Sozialdezernent Ingo Nürnberger.
Bei der Wahl neuer Mieter achtet der Projektverein darauf, dass das Alter gemischt ist. Die Hälfte der Mieter soll über 50 Jahre alt sein. Die große Lebensgemeinschaft, die sich um den Spielplatz mit Rutschhügel gruppiert, besteht unter anderem aus drei Wohngemeinschaften, Alleinerziehenden, Singles und Familien. Auch Inklusion wird gelebt, alle Wohnungen sind barrierefrei.
Die erste alternative Wohnform in Bielefeld war der Beginenhof in Senne, in dem Frauen seit 2009 gemeinsam leben. Es folgten Projekte am Heisenbergweg, die Hausgemeinschaft Pauluscarrée, das Wohnprojekt Quartier Ost, StattVilla, Wohnen an der Stiftsfreiheit und eben das Wohnprojekt 5. in Quelle.
Investoren brauchen feste Ansprechpartner
Sabine Kubitza, Geschäftsführerin der BGW, die Investor des Projekts am Lipizzanerweg ist, betont, dass das Wohnprojekt in Quelle besonders schnell umgesetzt werden konnte. Die BGW würde gerne weitere Wohnprojekte umsetzen - „aber wir brauchen dafür feste und verbindliche Ansprechpartner“, betont Kubitza. Die Initiatoren hätten zügig einen Verein gegründet, der heute Generalmieter und Ansprechpartner für die BGW sei.
Drei weitere Initiativen haben sich gegründet und wollen eigene Wohnprojekte starten. Unterstützt werden sie dabei von Martina Buhl und Silke Aron vom Büro für Sozialplanung der Stadt Bielefeld. Die beiden wollen bis Ende 2025 zehn weitere Wohnprojekte realisiert haben. Das sei hoch gegriffen, gibt Silke Aron zu, aber „in der Coronazeit ist die Nachfrage riesig gewesen“. Ziel sei jetzt, die Initiativen darin zu bestärken auf Investoren und Architekten zuzugehen.
Besonderes Konfliktmanagement ist notwendig
Sozialdezernent Ingo Nürnberger sieht in dem Büro für Sozialplanung mit „direktem Zugang ins Bauamt“ einen großen Vorteil. Allein es fehle oft an den notwendigen Baugrundstücken. Es ist Teil unserer Baulandstrategie, 50 Prozent der Grundstücke zu erwerben, sagt Nürnberger. Über eine Konzeptvergabe sollen auch Wohnprojekt-Initiativen gefördert werden.
In der Studie „Familien in Gemeinschaftlichen Wohnformen“ wurden bundesweit Wohnprojekte untersucht, darunter auch das Pauluscarrée. Neben der vielen Vorzüge wird darin auch betont, dass es ein besonderes Konfliktmanagement braucht, denn die Bewohner werden deutlich eingebunden in die Abläufe und notwendigen Aufgaben. Im Wohnprojekt 5 treffen sich die Bewohner alle zwei Wochen zu einem Plenum.
Weitere Informationen: Das Büro für Sozialplanung, Telefon 0621/512993.
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