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Eine Partei in Bielefeld im Kampf mit sich selbst: Kommentar zur umstrittenen Nominierung für die Kommunalwahl

Die Grünen und die Causa Kocabey

Sieben Wochen vor der Kommunalwahl am 13. September bereiten sich die Parteien auf einen Wahlkampf vor, den es so noch nie gegeben hat. Wegen Corona ist die Wahl eine besondere Herausforderung. Die Bielefelder Grünen haben neben dem Virus noch ein weiteres Problem. Sie kämpfen zwar wie ihre Mitstreiter um jede einzelne Stimme, aber gleichzeitig führen sie darüber hinaus einen Kampf mit sich selbst.

André Best

Die Grünen und der Fall Kocabey. Was entscheiden die Grünen am Donnerstag? Foto: Burkhardt Hoeltzenbein

Der Fall Kocabey hat für große Unruhe in den eigenen Reihen gesorgt. Hinter den Kulissen gibt es massiv Ärger. Viele sind noch immer fassungslos darüber, dass die Grünen zur Kommunalwahl einen Kandidaten nominiert haben, der zugleich Funktionär einer höchst umstrittenen, rechten Gruppe ist.

Milli Görüs wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Bewegung vertritt Ziele, die laut NRW-Verfassungsschutzbericht nicht mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind. Konkret strebe Milli Görüs an, die Vorherrschaft der westlichen Zivilisation durch eine islamische zu ersetzen. Zudem träten bei den Äußerungen einiger ihrer Funktionäre antisemitische Einstellungen deutlich zu Tage.

Jemand, der dort aktiv ist oder war, heißt es hinter vorgehaltener Hand einiger Mitglieder, dürfe niemals bei einer Wahl antreten, schon gar nicht bei den Grünen. Neben den rein ideologischen und auch parteiinternen Fragen, die diskutiert werden, befürchten viele Mitglieder, die Wahl in Bielefeld wegen der Causa Kocabey verlieren zu können. Die Sorge ist, dass die Partei das Thema nicht los wird und zunehmend in Erklärungsnot gerät.

Selvet Kocabey hat die Grünen in arge Turbulenzen gebracht. Aber es wäre nicht vollständig, ihm die alleinige Schuld zu geben, so umstritten er auch sein mag. Die Grünen selbst müssen diese Nominierung verantworten und sich ihren Wählern gegenüber rechtfertigen, wenn unangenehme Fragen gestellt werden.

Die Partei steckt in einem Dilemma, aus der sie so leicht nicht herauskommen. Auch die Landesgrünen haben versucht, ihre Bielefelder Parteifreunde davon abzubringen, einen Kandidaten mit diesem Bezug aufzustellen. Bislang ohne Erfolg. Es laufen hinter den Kulissen weitere Gespräche. Ende offen.

Für Donnerstag haben die Grünen zur Mitgliederversammlung geladen. Da soll der Fall Kocabey auf die Tagesordnung kommen und der Konflikt um die umstrittene Nominierung beraten werden. Die Mitglieder werden wissen wollen, welche Rolle er in der Ditib-Gemeinde wahrnimmt oder wahrgenommen hat und wie er zur Scharia steht. Selvet Kocabey soll sich erstmals persönlich vor den Mitgliedern erklären. Bislang soll er weder bei seiner Nominierung am 13. Juni noch bei einer anderen Mitgliederversammlung in den vergangenen Jahren jemals persönlich in Erscheinung getreten sein.

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