Orgelbauer Mathias Johannmeier reinigt Instrument in der Jesus-Christus-Kirche
Die Königin wird fein gemacht
Bielefeld (WB). Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Doch auch Königinnen sind nicht vor dem nagenden Zahn der Zeit gefeit und setzten Staub an. Deshalb ist es für die Orgel in der Sennestädter Jesus-Christus-Kirche nach 30 Jahren höchste Zeit für eine Grundreinigung.
1372 Pfeifen hat Orgelbauer Mathias Johannmeier inzwischen ausgebaut. Die kleinen hat er in seinen Betrieb in Stemwede/Kreis Minden-Lübbecke gebracht, wo seine beiden Mitarbeiter die Reinigung übernehmen. Für die wuchtigeren Pfeifen, die größte misst 2,80 Meter, hat er vor der Kirche eine Wanne mit Neutralseife aufgestellt. Mit extragroßen Spülbürsten rückt er dem Staub zu Leibe, der sich in den vergangenen Jahrzehnten festgesetzt hat. »Das Wetter ist ideal.
Die Luft ist warm und vor allem trocken«, freut sich Johannmeier über beste Arbeitsbedingungen. Insgesamt wird die Orgelreinigung wohl 400 Arbeitsstunden in Anspruch nehmen. Die Kosten, etwa 15.000 bis 20.000 Euro, muss die Kirchengemeinde aus dem Gemeindebudget finanzieren. »Ich bin sehr traurig, dass wir von der Stiftung ›Orgelklang‹ keinen Zuschuss bekommen haben«, bedauert Dieter Stier, Vorsitzender des Fördervereins Kirchenmusik. Auch mit Benefizikonzerten soll zur Finanzierung beigetragen werden.
»Normalerweise wird eine Orgel alle 15 bis 20 Jahre gereinigt«
»Normalerweise wird eine Orgel alle 15 bis 20 Jahre gereinigt«, weiß Kantorin Dorothea Schenk. Aber weil die Jesus-Christus-Kirche wenig Publikumsverkehr habe, das heißt nur zu den Gottesdienstzeiten und für Konzerte geöffnet werde, sei auch die Schmutzbelastung geringer. »Die Orgel hält die Stimmung gut. Es spricht für sich, dass sich der Zustand so lange gehalten hat«, sagt Schenk. Die Kantorin ist froh, dass ihr Vor-Vorgänger Eberhard Brünger sich für eine Qualitätsorgel stark gemacht hat.
Die Sennestädter Orgel der Jesus-Christus-Kirche stammt aus der Westberliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke, die es heute noch gibt. »Die 120.000 Deutsche Mark teure Anschaffung wurde allein über Spenden finanziert«, weiß Dieter Stier: »Und es war sogar noch Geld für ein Cembalo übrig«. Am vierten Advent 1971 war die Orgel eingeweiht worden – von Eberhard Brünger, der als erstes Werk die Toccata Es-Dur von Georg Dietrich Leyding spielte.
Auch wenn der Laie noch nichts vom Staub in den Pfeifen hören konnte, war es doch höchste Zeit für eine Reinigung, wie Orgelbauer Johannmeier betont. Und es ist nicht nur der Schmutz, der dem Instrument zusetzt. Die Blasebälge aus Leder, die dazu da sind, den Luftdruck stabil zu halten, sind im Laufe der Jahre porös geworden und müssen ausgetauscht werden. Denn »Windschwund« wie es im Fachjargon heißt, tut keiner Orgel gut.
»Jede Orgel ist ein Unikat«
Das Nähen der Bälge gehört zu den Aufgaben eines Orgelbauers, der nicht nur die einzelnen Pfeifen ausbaut und putzt, sondern auch Verschleißteile ersetzt. Auskennen muss er sich deshalb auch beim Arbeiten mit Holz: 30 der Pfeifen sind aus Mahagoni, die restlichen haben eine Zinn-Blei-Legierung. Ist die Orgel in ihre Einzelteile zerlegt, wird mit Staubwedeln, -sauger und bei den ganze feinen Teilen mit Pinseln dem Schmutz zu Leibe gerückt.
Erst wenn jedes Ventil sitzt und jede Pfeife wieder an ihrem Platz ist, wird die Orgel zum Abschluss gestimmt – auch das übernimmt der Orgelbauer. »Jede Orgel ist ein Unikat«, schwärmt der 44-Jährige über seinen Beruf. Mathias Johannmeier ist einer von nur etwa 350 Orgelbauern in ganz Deutschland. In seiner Firma in Stemwede beschäftigt der Engeraner zwei Mitarbeiter.
Bis zum 11. August soll die Orgel in der Jesus-Christus-Kirche fertig sein, so lange finden die Sommergottesdienste in der Kreuzkirche statt. Indes beschäftigen die Presbyter und die Mitglieder des Fördervereins schon die nächsten Projekte. »Als nächstes müssen wir die Orgel in der Kreuzkirche reinigen lassen«, weiß Kantorin Dorothea Schenk.
Und an der Jesus-Christus-Kirche, an deren Glockenturm gerade die Schallschutz-Lamellen repariert wurde, muss der Turm gestrichen und das Dach saniert werden. »Das sind mehrere 100.000 Euro«, schätzt Pfarrer Volker Gravemeier. Die Gemeinde habe bereits begonnen, dafür Geld anzusparen.
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