Elif und Mustafa Budumlu setzen sich für Nachhaltigkeit ein
Die Lebensmittel-Retter
Bielefeld (WB). Samstagmittag, es ist ziemlich kalt. Dennoch bleibt die Tür von „Restlos“ im Herzen von Schildesche geöffnet. Immerhin: Die Kälte hält auch die Äpfel und Kartoffeln, den Eisbergsalat und die Radieschen frisch. „Unser Laden ist noch jung, sonst kommt niemand“, erklärt Mustafa Budumlu den Tag der offenen Tür. Aber auch das Prinzip ist noch wenig bekannt. „Wie sind denn hier die Regeln?“ fragt denn auch eine ältere Dame.
Die Regeln sind einfach: Mustafa und Elif Budumlu geben Lebensmittel ab. Was die kosten? „Das, was es Ihnen wert ist“, erklärt Budumlu. Zu viel oder zu wenig gebe es nicht, schon gar nicht, wenn jemand nicht viel hat. Sicher aber sei: „Die Kunden retten Lebensmittel und unterstützen mit jedem Einkauf ein Sozialprojekt.“
Vor wenigen Tagen hat das junge Ehepaar Budumlu seinen „Rettungsmarkt“ in der Johannisstraße eröffnet. Bestückt ist er mit Lebensmitteln, die Supermärkte nicht mehr verkaufen können und die anderenfalls im (Bio-)Müll landen würden. „Das sind zum Beispiel Radieschen, bei denen das Grün schon welk ist, Gurken und Möhren, die zu krumm oder zu klein sind, um einer Norm zu entsprechen, Kartoffeln, die womöglich ganz leicht beginnen zu keimen“, erklärt Mustafa Budumlu.
Gewinn machen die beiden nicht
All’ dies, aber auch Wurst, Käse oder Molkereiprodukte kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder Produkte, die im Rahmen einer mittlerweile beendeten Kampagne angeboten wurden, „retten“ die Budumlus. „Die Sachen sind schließlich in Ordnung, da ist nichts dran“, versichern sie. Ihre „Lieferanten“ sind Supermärkte in der Umgebung. Auch der Edeka-Markt Haddenhorst in der unmittelbaren Nachbarschaft unterstützt „Restlos“ und gehört zu den Spendern.
Als Spende gilt auch das, was die Kunden zahlen, wenngleich penibel Buch geführt wird. „Wir haben eigens einen Verein gegründet, dessen Gemeinnützigkeit auch anerkannt ist“, erklärt Mustafa Budumlu, derweil seine Frau Kunden bedient. Gewinn machen die beiden nicht. Im Gegenteil: „Zuerst wollten wir unser Projekt über Crowdfunding finanzieren, das hat nicht geklappt.“ Also haben die Budumlus aus eigenen Rücklagen den 40-Quadratmeter-Laden gemietet, gestrichen und ausgestattet. Irgendwann allerdings, so hoffen sie, soll er sich tragen und die Kosten decken.
Reich werden Elif und Mustafa Budumlu damit aber nicht. Denn die Überschüsse wollen sie in Schulprojekte und Bildungsarbeit investieren. „Wir wollen Lehrmaterial über Ernährung und die Erzeugung von Lebensmitteln anschaffen, mit „geretteten“ Lebensmitteln in Schulen gehen und dort nach der Theorie mit Kindern und Jugendlichen kochen.“ Außerdem möchten sie ein Schulobstprogramm anstoßen.
Die Idee kommt nicht von ungefähr: Mustafa Budumlu hat sein Pädagogikstudium bereits abgeschlossen, seine Ehefrau Elif studiert noch. Beide haben bereits für die Edeka-Stiftung in Kitas und Schulen gearbeitet. „Auch da ging es viel um Nachhaltigkeit.“
Smoothies aus geretteten Lebensmitteln
Damals haben beide erfahren, wie viele Lebensmittel verschwendet werden. „Nach einer WWF-Studie werden in Deutschland pro Person jedes Jahr 82 Kilogramm noch genießbare Lebensmittel auf den Müll geworfen.“
Was sich daraus noch zaubern lässt, will das Ehepaar jeweils freitags und samstags beweisen: Dann gibt es bei ihnen aus geretteten Lebensmitteln Smoothies oder Kokosreis mit Gemüse – natürlich auf Papptellern und mit Besteck aus Maisstärke. Irgendwann, überlegt Mustafa Budumlu, könne man auch Reste-Rezepte kreieren. „Pesto muss man zum Beispiel nicht mit Basilikum machen: Es geht auch mit dem Grün von Möhren.“
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