1. www.westfalen-blatt.de
  2. >
  3. OWL
  4. >
  5. Bielefeld
  6. >
  7. Die Stadt rüstet sich für den Corona-Winter

  8. >

Dringlichkeitsbeschluss in Bielefeld: Mehr als 90 neue Mitarbeiter in der Verwaltung

Die Stadt rüstet sich für den Corona-Winter

Bielefeld (WB). Oberbürgermeister Pit Clausen ist bereits ein Mal von der Corona-Warn-App seines Smartphones über eine Risiko-Begegnung informiert worden. Und CDU-Fraktionschef Ralf Nettelstroth musste schon für etwa zehn Tage in Quarantäne.

André Best

Dringlichkeitsbeschluss wegen Corona in Bielefeld: Mehr als 90 Mitarbeiter werden in der Stadtverwaltung eingestellt. Die Fraktionsvorsitzenden Ralf Nettelstroth (CDU, rechts), Georg Fortmeier (SPD, links) und OB Pit Clausen unterzeichnen die Verträge. Foto: Bernhard Pierel

Damit haben die mehr als 90 neuen Stellen bei der Stadt im Hinblick auf den Corona-Winter zwar nur indirekt zu tun. Aber Bielefeld bereitet sich auf steigende Zahlen vor. Immer im Blick: die Sieben-Tage-Inzidenz. Sie darf nicht über 50 steigen, sonst ist es vorbei mit Shoppen, Biergarten oder Besuchen der Großeltern. Die Kennziffer sagt aus, wie viele Menschen in sieben Tagen neu erkrankt sind, und zwar nicht in absoluten Zahlen, sondern bezogen auf jeweils 100.000 Einwohner der jeweiligen Stadt.

Gerät die Inzidenz annähernd an 35, drohen in Bielefeld bereits weitere Einschränkungen über die am 1. November neu in Kraft tretende Corona-Schutzverordnung hinaus. Dazu gehören auch Besuche von Fußballspielen beim Bundesligisten Arminia Bielefeld, etwa beim Heimspiel gegen die Bayern am kommenden Samstag um 18.30 Uhr. Aktuell liegt der Wert bei 24,8 . Damit diese Kennziffer nicht Richtung 50 und darüber hinaus steigt, wird massiv Personal in der Stadtverwaltung eingestellt. Die zehn Bundeswehrmitarbeiter reichen bei weitem nicht. Mehr als 90 Mitarbeiter kommen noch dazu. Es entstehen 40 Vollzeitstellen im Gesundheitsamt, 40 im Ordnungsamt sowie acht Stellen in der „Leitstelle“ des Ordnungsamtes und drei Stellen in der so genannten „Corona-Fachstelle“ im gehobenen Dienst.

Diese Maßnahme haben Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) sowie die beiden Fraktionsvorsitzenden der stärksten Parteien, Ralf Nettelstroth (CDU) und Georg Fortmeier (SPD), am Montag per Dringlichkeitsbeschluss auf den Weg gebracht. Der neue Rat muss das Ansinnen in seiner Sitzung am 12. November bestätigen. Im März und im April waren bereits Dringlichkeitsbeschlüsse erforderlich geworden, unter anderem, weil die Stadt den Menschen Kita- und andere Gebühren erlassen hatte .

Die neuen Stellen im einzelnen:

Gesundheitsamt: Zunächst befristet bis zum 31. März 2021 werden 40 neue Stellen für die Kontaktnachverfolgung geschaffen. Sie sollen Infektionsketten aufspüren und beseitigen. Eingestellt werden unter anderem Studenten, auch auf Teilzeitbasis. Wann die neuen Kräfte beginnen können? OB Clausen: „Sofort“.

Ordnungsamt: Auch hier werden 40 neue Stellen geschaffen. Die Mitarbeiter sollen überwiegend für die Kontrollen von Feiern und in Gaststätten und Restaurants im Außendienst tätig werden. Die Stellen sind ebenso zunächst bis Ende März 2021 befristet. Acht Stellen für koordinierende Tätigkeiten in der „Leitstelle“ des Ordnungsamtes und drei weitere Führungsmitarbeiter (gehobener Dienst) komplettieren das Personalpaket. Diese Stellen werden auf zwei Jahre befristet.

Etwa drei Millionen Euro kostet die Maßnahme. Refinanziert werden die Kosten mit Bundesmitteln. Vier Milliarden Euro hat der Bund an Hilfen für die Gesundheitsämter bereit gestellt. 720 Millionen fließen nach NRW. Bielefeld bekommt davon in den nächsten sechs Jahren rund 13 Millionen, so dass hier noch weitere Maßnahmen denkbar sind, wenn sie erforderlich werden.

Das Robert-Koch-Institut hält in der Stadt Bielefeld (340.000 Einwohner) 85 „Corona-Vollzeitstellen“ für angemessen. Derzeit liegt Bielefeld weit darunter. Mit den Neueinstellungen werden es etwa 81 Vollzeitstellen sein.

Neue Räume für die künftigen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes hat die Stadt direkt gegenüber der Seidenstickerhalle angemietet. Von dort soll der Kampf gegen den Corona im Winter erfolgen.

Kommentar

Nein, auch wenn die Spitzenvertreter der CDU und SPD sowie Oberbürgermeister Pit Clausen die Dringlichkeitsentscheidung aufgrund der brisanten Corona-Situation unterzeichnet haben – die Große Koalition in Bielefeld ist nicht gleichzeitig mitbeschlossen worden. Für „weißen Rauch“ ist es in dieser Frage noch nicht an der Zeit. Und ob die „große Lösung“ tatsächlich von beiden großen Fraktionen auch wirklich gewollt ist, darf bezweifelt werden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, ließe sich hinzufügen. Auch wenn manch einer noch nicht daran glaubt, wäre es dennoch die vernünftigste aller Lösungen – zumindest, wenn man den Willen der meisten Wähler ernst nimmt. Bielefeld hat keine weitere Wackelmehrheit verdient. Und erst recht keine Satire- und auch keine Linkspartei als Zünglein an der Waage. In der Krise braucht es große und gute Lösungen. Für Klamauk ist es nicht an der Zeit. Und auch nicht für andere Abenteuer. André Best

Startseite
ANZEIGE