Teil 8: Korrekturen nach 1973 stärkten die neuen Bezirke
Brackwede wurde nur widerwillig ein Teil Bielefelds
Bielefeld
Viele Freunde hatten die Architekten dieser Planung in Brackwede nicht gewonnen, als sie im Zuge der kommunalen Neuordnung den Ort 1973 der neuen Großstadt Bielefeld zuschlugen. Die Brackweder hingen an ihrer Eigenständigkeit.
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Erst 1956 war das Dorf Brackwede zur Stadt erhoben worden und 1970 durch die Einverleibung der Gemeinden Ummeln, Quelle und Holtkamp auf fast 30.000 Bewohner gewachsen.
Noch heute steht das Wort „Rathaus“ groß und selbstbewusst über der Eingangstür des Bezirksamtes an der Germanenstraße. Auch Dr. Bernd Brunemeier, später SPD-Landtagsabgeordneter und Bezirksvertreter in Brackwede, war gegen die Entscheidung des Landtags. Inzwischen hat er seinen Frieden damit gemacht.
Der heute 78-Jährige war nach der Gebietsreform in die Brackweder Bezirksvertretung eingetreten, war von 1980 bis 2005 Mitglied des NRW-Landtags. Den Prozess der Eingemeindung zu Beginn der 1970er Jahre hat er intensiv begleitet. „Es gab wohl keinen Befürworter dieser Pläne in Brackwede“, blickt Bernd Brunemeier zurück. Viele hätten lieber einen Beitritt zum Kreis Gütersloh gesehen, statt mit den Nachbarn jenseits des Teutos zusammenzugehen.
Die Lösung mit dem Kreis Gütersloh habe er schon damals kritisch gesehen, sagt Brunemeier. „Da wären wir ein Fremdkörper gewesen.“ Brackwede war schon lange eng mit Bielefeld verflochten, die in den 1960er Jahren angestoßenen Planungen für ein größeres Bielefeld waren für Brunemeier daher nachvollziehbar. „Bielefeld brauchte Raum für eine Entwicklung.“ Ein weiteres Argument für die Eingemeindung Brackwedes, das damals nicht betont worden sei, „um nicht missverstanden zu werden“, seien wohl finanzielle Aspekte gewesen, sagt Bernd Brunemeier: „Brackwede war reich, hier war viel Industrie.“
Der SPD-Politiker erinnert sich an eine große Veranstaltung in der Aula des Brackweder Gymnasiums 1971, in der die Pläne der kommunalen Neuordnung mit den betroffenen Bürgermeistern erörtert wurden. „Da war eine gemischte Stimmung. Einige hofften, dass da noch etwas zu retten ist, andere waren sich sicher, dass die Eingemeindung längst entschieden war.“ Klaus Schwickert (SPD), damals Landtagsabgeordneter und Landrat des Kreises Bielefeld, habe die Versammlung geleitet und gewarnt, sie dürfe keine bloße Schauveranstaltung sein. „Vergeblich. Die Einwände der betroffenen Städte und Gemeinden blieben ohne Wirkung“, erinnert sich Brunemeier. Dabei hatte es vom Kreis Bielefeld 1971 noch den Kompromissvorschlag gegeben, den renitenten Süden anders zu behandeln und für ihn einen eigenen Kreis zu bilden.
Bernd Brunemeier wirft den Landtagsabgeordneten, die die Gebietsreform 1972 mit großer Mehrheit auf den Weg brachten, vor, viele Nachteile nicht bedacht zu haben. Denn die neuen Stadtbezirke blieben zunächst ohne Einfluss. Erst mehrere Korrekturen innerhalb von elf Jahren hätten das wieder ausgebügelt. So seien 1974 die Bezirksausschüsse gegründet worden, die aber kaum Rechte gehabt hätten. 1975 seien dann die Bezirksvertretungen eingeführt worden, deren Vertreter aber erst ab 1978 von den Bürgern gewählt, und nicht vom Rat ernannt worden seien. Erst 1984 sei eine umfassende Zuständigkeit der Bezirksvertretungen für bezirkliche Angelegenheiten eingeführt worden - bis heute achten die Bezirksvertreter empfindlich und argwöhnisch darauf, dass ihnen die gesamtstädtischen Gremien und die Verwaltung diese Kompetenz nicht beschneiden.
Serie „Vom Kreis zur Großstadt“
Für Bernd Brunemeier sind es die nachträglichen Korrekturen, die die Gebietsreform, aus der Distanz für ihn milder dastehen lassen. Und die Zeit sei über viel Gift von damals hinweggegangen. Brunemeier nimmt auch Klaus Schwickert, später Oberbürgermeister von Bielefeld, in Schutz, dem viele vorwarfen, er habe ihre Städte und Gemeinden an Bielefeld verkauft. Schwickert habe am meisten kämpfen müssen, unter den Debatten zur Gebietsreform leiden müssen wie kein anderer. „Gegen die Pläne des Landes wollte er anfangs dagegen halten, konnte am Ende aber nur versuchen zu retten, was zu retten ist.“ Als OB habe er genau verstanden, was die neuen Stadtbezirke brauchen.
Und Brackwede ist nicht bedingungslos der Großstadt beigetreten. Im Gebietsänderungsvertrag war etwa festgelegt worden, dass die Stadt das Brackweder Zentrum saniert. Bernd Brunemeier: „Das ist von Bielefeld engagiert durchgezogen worden.“ Und dass die „Hauptstraße“ bei all den anstehenden Umbenennungen von Straßen infolge der Eingemeindungen in Brackwede bleiben würde, „das war schnell klar“.
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