Leopold Altenburg ist der Ururenkel von Kaiserin Sisi und Kaiser Franz Joseph
»Hallo, ich möchte die Verwandtschaft besuchen«
Bielefeld (WB). Wer Leopold Altenburg Anfang der 2000er Jahre als Teil des Musikkabarett-Duos »Leopold und Wadowski« im Theaterlabor erlebt hat, wird sich zweifellos an ihn erinnern. Denn solch einen frech-frivolen und heruntergekommenen Lebemann vergisst man einfach nicht.
Manch ein Zuschauer wird sich damals gefragt haben, wie viel von dem versoffenen Bühnen-»Leopold« wohl im realen Leopold steckt. Was kaum jemand wusste: Altenburg ist der Ururenkel von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth von Österreich. Als er 1998 27-jährig von Wien nach Bielefeld zog, um im Theaterlabor als Schauspieler zu reüssieren, ließ er den Prinzen und seine aristokratische Herkunft zurück.
Nun kehrte Altenburg, der inzwischen in Berlin lebt und freiberuflich als Schauspieler, Regisseur, Kabarettist, Autor und Krankenhaus-Clown tätig ist, zurück: Mit seinem ersten Buch und jeder Menge Geschichten und Anekdoten über seine adeligen Verwandten und Vorfahren, vorzugsweise über seinen Großvater, Erzherzog Clemens, der als Lieblingsenkel des Kaisers Franz Joseph galt. Als Clemens indes im Jahr 1930 nicht standesgemäß heiratete, legte er den Familiennamen Habsburg ab und nannte sich fortan Altenburg.
Das Buch »Der Kaiser und sein Sonnenschein«, erschienen im Goldegg-Verlag, ist von sofort an im Buchhandel erhältlich.
Sie sind in Deutschland lange Zeit nicht mit ihrer Herkunft und Familiengeschichte hausieren gegangen. Das änderte sich, als Anfang 2016 das Musical »Sisi« nach Berlin kam und im Admiralspalast Premiere feierte. Da haben Sie sich quasi geoutet.
Leopold Altenburg: Ja, das geht auf eine Initiative meiner Frau zurück. Die wollte unbedingt, dass wir das Musical besuchen. Irgend etwas hat aber mit dem Online-Kartenkauf nicht geklappt. Ein Freund meinte dann, wir sollten dem Veranstalter einfach mitteilen, wer ich bin. Wir würden dann schon eingeladen. Ich habe daran nicht geglaubt. Aber das Gegenteil war der Fall. Und das Medieninteresse war gigantisch. Es gab eine Menge Fotografen, die mich fotografiert haben – wie man das von meinen Kollegen William und Harry kennt (lacht). Es war schon extrem. Ich musste viele Live-Interviews geben und mich mit den Ensemble-Mitgliedern fotografieren lassen. Die Fotos erschienen in den nächsten Tagen in den Zeitungen. Daraufhin habe ich viele E-Mails bekommen mit der Anregung, ich sollte doch mal meine Familiengeschichte aufschreiben.
Hat dieses Outing Ihre Karriere weiter befeuert?
Altenburg: Das kann man schon so sagen. Das Schöne ist, dass die Beschäftigung mit meinen Vorfahren immer in Verbindung mit meinem Beruf geschieht. Im Jahr 2016 bekam ich zum Beispiel den Auftrag, als Host zu arbeiten, also als Gastgeber oder Moderator, der zu einem bestimmten Thema mit Experten spricht. Das war zum Beispiel in der Dokumentation über Kaiser Franz Joseph der Fall. Der Film wurde anlässlich seines 100. Todestags gedreht. Und dann habe ich das Buch geschrieben, mit dem ich jetzt unterwegs bin und zu dem ich eine eigene Leseshow mit Liedern und Clownsnummern entwickelt habe.
Sie sind seit fast 25 Jahren als Krankenhaus-Clown bei der internationalen Organisation »Rote Nasen« tätig. Machen Sie das im Ehrenamt?
Altenburg: Nein, das ist eine bezahlte Tätigkeit, bei der künstlerisches und professionelles Können im Alltag des Krankenhauses erwartet wird. So braucht man Grundkenntnisse in Hygiene und über die verschiedenen Krankheiten.
Haben Sie es mit schwer Erkrankten zu tun?
Altenburg: Ja, ich bin in der Onkologie und in der Kinderhospiz-Arbeit tätig. Mache aber auch sehr viel für Senioren, die an Demenz erkrankt sind, und für Erwachsene in der Psychiatrie sowie bei Wachkoma-Patienten.
Gibt es die Roten Nasen auch in Bielefeld?
Altenburg: Ja, seit 15 Jahren. Ich habe sie ausgebildet. Die Gruppe wird am Donnerstag bei meiner Lesung auch einen Info-Tisch haben.
In ihrem Buch geht es um Ihre Familiengeschichte. Können Sie ad hoc die direkte Erblinie auflisten, von Sisi und Franz Joseph bis hin zu Ihnen?
Altenburg: In Kurzform: Sisi, Marie-Valerie (jüngste Tochter der Kaiserin, Anm. d. Red.), mein Großvater Clemens, mein Vater Peter und dann komme ich.
Welche Rolle hat Ihre aristokratische Abstammung in Ihrer Kindheit und Jugend gespielt?
Altenburg: Es wurde nicht direkt darauf hingewiesen, sondern wir haben das eher so nebenbei durch die Gespräche der Erwachsenen mitbekommen. Wir hatten häufig am Sonntag Besuch von unterschiedlichen Verwandten aus ganz Österreich. Nach dem Essen setzte man sich in den Salon, rauchte Zigarren, Zigaretten und Pfeifen und trank türkischen Kaffee. Da hingen dann auch die Bilder von der kaiserlichen Familie an der Wand.
Kommen wir noch mal zurück auf das sonntägliche Mittagessen. Stimmt es, dass Sie bei feierlichen Anlässen von dem Silberbesteck gegessen haben, das aus dem Korfu-Nachlass der Kaiserin Elisabeth stammte?
Altenburg: Ja, das ist immer benutzt worden. Meine Mutter benutzt heute noch täglich ein Silberbesteck, allerdings ein anderes. Mein Vater hat immer wieder in Antiquitätengeschäften Silberbestecke gekauft und jedes seiner fünf Kinder damit ausgestattet.
1919 wurde der Adel in Österreich durch das Adelsaufhebungsgesetz abgeschafft.
Altenburg: Alle Habsburg-Nachkommen wurden dazu angehalten, eine Verzichtserklärung zu unterschreiben, also auf Titel und Regentschaft zu verzichten. Dann durften sie in Österreich weiter leben und ihr Privatvermögen behalten. Das Kaiserpaar hat die Verzichtserklärung nicht unterzeichnet und ist in die Schweiz emigriert, während meine Urgroßeltern verzichteten und bleiben durften. In Österreich herrscht seitdem eine große Titelsehnsucht, deshalb nennen sich dort alle »Magister«.
Können Sie das Schloss Schönbrunn und die Hofburg sowie die Kaisergruft eigentlich umsonst besuchen oder müssen Sie Eintritt zahlen?
Altenburg: In der Gruft müssen Familienmitglieder tatsächlich keinen Eintritt zahlen. Ich habe es mal ausprobiert, bin hingegangen und habe gesagt: »Hallo, ich möchte gerne mal die Verwandtschaft besuchen.« In Schönbrunn und in der Hofburg muss ich theoretisch schon Eintritt bezahlen. Allerdings kenne ich durch die Dreharbeiten zu dem Film »Auf den Spuren des Kaisers« einige Leute, die ich anrufen kann, wenn ich mir dort etwa angucken möchte.
Was bedeuten Ihnen Ihre adeligen Wurzeln?
Altenburg: Ich habe von meinen Eltern mitbekommen, dass man von der Umwelt keine große Anerkennung erwarten soll. Andererseits ist es schon wichtig zu wissen, wo man herkommt. Man muss aber auch realisieren, dass die Welt sich geändert hat und man sich anpassen muss. Das fiel meinen Eltern noch viel schwerer, denn die sind noch anders erzogen worden.
Wie hat eigentlich Ihre aristokratische Verwandtschaft darauf reagiert, dass Sie Schauspieler geworden sind?
Altenburg: Es gibt in der Familie Altenburg erstaunlich viele Mitglieder, die handwerklich arbeiten. Schon mein Großvater hat gerne mit Holz gearbeitet. Und es gibt einen sehr erfolgreichen Keramiker. Mein Vater hat mich bei meiner Berufswahl unterstützt, weil er selbst seinem Wunsch, Geschichte und Kunstgeschichte zu studieren, nicht nachkommen konnte. Aber es hat auch Verwandte gegeben, die nicht begeistert waren.
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