Wisent aus dem Tierpark Olderdissen wird nach Rumänien ausgewildert – mit Video
Joachim zieht in die Karpaten
Bielefeld (WB). Der Himmel ist grau, die Luft fühlt sich schwer an: Passend zum Abschied des Wisent Joachim aus seinem Gehege ist die Atmosphäre im Tierpark Olderdissen am Montagmorgen melancholisch. Der Bulle wird ausgewildert – in die Karpaten.
Gegen 7 Uhr ahnt der zweijährige Bulle noch nicht, was mit ihm passieren wird. Voruntersuchungen an den Tagen zuvor hat er gut überstanden. Entspannt liegt er jetzt auf dem Gras, scheint noch zu dösen in der trüben Frühe.
Als sich ungewohnt viele Menschen rund um das Gehege sammeln, Fotografen und Tierpfleger, wird Joachim langsam aufmerksamer. Kauend und etwas skeptisch schaut er sich um, dreht eine Runde von Zaun zu Zaun. Ein gezielter Giftpfeil-Schuss durch das Blasrohr des Tierarztes trifft ihn und langsam wird er wieder müde.
Wisente wie Joachim sind in der freien Wildbahn eigentlich schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausgestorben. Nur durch gezielte Zucht des Menschen konnte die Art erhalten werden. Joachim selbst ist vor zwei Jahren im Tierpark Olderdissen zur Welt gekommen. »Heute geht es für ihn nun in die rumänischen Kaparten«, erklärte Leiter Herbert Linnemann. Im Rahmen des Projektes »Rewilding Europe« wird er dort gemeinsam mit Artgenossen aus anderen Tierparks in die Freiheit entlassen.
»Solch einen Wisent zu verladen, ist nicht ganz einfach«, weiß Linnemann. »Es sind Wild-Rinder, sehr aggressiv und stark. Sie könnten uns leicht verletzten.« Deshalb wird er zunächst narkotisiert und dann erst verladen – so lautet zumindest der Plan. Eine Vielzahl an Tierpflegern und Helfern ist am Morgen vor Ort. Nach dem ersten Narkosepfeil wird Joachim zunächst an Kopf und Hörnern mit einem Seil fixiert. Nachdem der Tierarzt noch einmal Blut- und Haarproben entnommen hat, fährt der Transportanhänger in das Gehege. Von zwei Seiten ist der Wisent nun mit den Seilen vermeintlich gut gesichert. Kräftig müssen die Helfer vor allem auf der Seite ziehen, die Joachim in den Hänger bewegen soll.
Die Hälfte ist schon geschafft, da passiert es: Eins der Seile reist. Vermutlich hat es sich unter der starken Spannung an einer Kante aufgeribbelt. Der Bulle wird unruhig, muss noch einmal mit einem Narkosepfeil beruhigt und mit einem neuen Seil gesichert werden. Dann klappt es.
Den Weg in seine neue Heimat muss Joachim nicht alleine antreten: Ein weiteres Wisent aus Belgien begleitet ihn in die Freiheit.
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