Hartmut Meichsner (CDU) meint, dass die Mirabelle am Bielefelder Brauhaus jahrelang vernachlässigt wurde
Mein Freund, der Baum
Bielefeld (WB)
Grau und trist sieht er jetzt im Winter aus, der Mirabellenbaum auf dem gleichnamigen Platz am Brauhaus in der Bielefelder Altstadt. Es geht ihm nicht gut, sagen die Fachleute vom städtischen Umweltbetrieb (UWB). Noch fünf bis zehn Jahre könnte er weiterleben. Länger geben sie ihm nicht.
7000 Euro will der UWB dafür investieren. Eine Metallstütze soll die Mirabelle erhalten, außerdem soll die derzeit offene Baumscheibe mit einem hüfthohen Metallgeländer umbaut und abgeschirmt werden. Am kommenden Donnerstag wird die Bezirksvertretung Mitte darüber informiert.
„Nachdenklich und misstrauisch“ habe ihn die Nachrichtvon der Baumrettung gestimmt, sagt Hartmut Meichsner. Der Christdemokrat gehörte Jahrzehnte der Bezirksvertretung an, meint, dass dem stadtbildprägenden Baum in dieser Zeit immer wieder übel mitgespielt worden sei. „Dass er jetzt in dem Zustand ist, in dem er ist, haben auch die zu verantworten, die ihn jetzt retten wollen“, sagt der altgediente Kommunalpolitiker.
Genauer gesagt macht er auch das frühere Gartenamt verantwortlich. Denn den Umweltbetrieb gab es noch gar nicht, als sich die Bezirksvertretung Anfang der 90er Jahre der Rettung des Baumes angenommen hatte. Damals wurde ein neuer Bebauungsplan für den Bereich rund um den Klosterplatz aufgestellt. Schon da habe der Mirabellenbaum im Weg gestanden, erinnert sich Meichsner.
Durch Bombensplitter beschädigt
Der Baum sei krank und durch Bombensplitter aus dem Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, habe es seinerzeit aus dem Gartenamt geheißen. Deshalb betrüge die Überlebenschance höchstens noch zwei bis fünf Jahre. Wohlgemerkt: Das war 1991.
Meichsner stellte einen Antrag zur Rettung des Baumes und zur Schaffung des kleinen Mirabellenplatzes; der wurde von der Bezirksvertretung einstimmig angenommen.
„Wer nun glaubt, die Verwaltung gäbe endlich Ruhe oder würde sich ernsthaft der Pflege und dem Erhalt des Baumes widmen, der irrt erneut“, so Meichsner. Schon 1998 sei wieder auf die Hinfälligkeit des Baumes und die Notwendigkeit seines Ersatzes hingewiesen worden.
Die Bezirksvertretung blieb hart, machte immer wieder Vorschläge zum Erhalt des Baumes. Zuletzt hatte auch das Schutzgitter dazu gehört, das nun auch kommen soll. Immer abgelehnt hätten die Bezirkspolitiker Ansinnen, den Platz für Gastronomie zu nutzen. „Dennoch wurde eine Genehmigung offensichtlich im vergangenen Jahr gewährt, ohne dass die Bezirksvertretung informiert und um einen erneuten Beschluss gebeten wurde“, so Meichsner. Jetzt hingen immer noch Kabel, Lämpchen und Verteilerkasten im Baum. Außerdem habe sich der Platz zu einer „Großsammelstelle für E-Roller“ entwickelt. Ein zerbeulter Abfalleimer sei noch immer nicht ersetzt worden. Der Platz biete ein „trostloses Bild“.
Für Meichsner ist es ein „Gipfel der Heuchelei“, wenn nun Rettungsmaßnahmen ergriffen würden, „um eine frühzeitige Fällung zu verhindern“, wie es in der Verwaltungsvorlage heiße. Er erzählt eine Geschichte. Ob sie stimmt, wisse man nicht so genau. Die Bombensplitter im Baum sollen ihm schon einmal das Leben gerettet. Als nämlich Mitarbeiter des Gartenamtes vor mehr als 30 Jahren ihn schon einmal zu fällen versuchten, sei die Kette gesprungen. Der Baum blieb stehen. Vielleicht rettet ihn dies auch in Zukunft.
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