Erneute Demo von „Recht und Freiheit 2020“ auf dem Bielefelder Kesselbrink
Melange von Meinungen
Bielefeld (WB/sas). Sie müsse jeden Samstag ihren Mut zusammennehmen, um für ihre Grundrechte einzustehen, sagte Anastasia Powolozki. Und denen, die ihr Pfingstsamstag auf dem Kesselbrink zuhörten, rief sie zu, dass man keine Hollywood-Helden brauche, wenn die Helden doch hier auf dem Platz seien. Die Helden: Das waren gut 40 Anhänger, die dem Ruf der Gruppe „Recht und Freiheit (RuF) 2020“ zur Demonstration gefolgt waren.
Da ging es dann in einer Elf-Punkte-Liste nicht nur um die coronabedingte und befristete Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Als angeblich drohendes Szenario wurde etwa auch die Kontrolle des Gesundheitszustandes durch den Arbeitgeber, das Wegnehmen von Kindern bei fehlender Gesundheitsbescheinigung oder die Erhöhung von Bußgeldern und Steuern, um die Krise zu finanzieren, aufgelistet. Beweise, Belege, Quellenangabe? Fehlanzeige.
„Wir sind besorgte Bürger, die sich um die Zukunft der Kinder sorgen machen“, betonte Initiatorin Anastasia Powolozki. „Ich will meinen Kindern später nicht sagen müssen: ‚Ich habe es nicht gewusst‘.“ Wobei das „es“ im Vagen blieb. Dafür folgte die Behauptung, dass die Großeltern, die schon in Russland unter Stalin gelitten hätten, nun wieder „Gefangene“ seien: in ihrer kleinen Wohnung im Lippischen, als Opfer der Politik. Powolozkis Konsequenz: Das Infektionsschutzgesetz müsse abgeschafft werden.
Die Lösung? „Unsere Verfassung von 1871.“
Aber die besorgte Mutter war nicht die einzige Rednerin, auch andere ergriffen das Mikro: Ein Gruppenmitglied erklärte recherchiert zu haben, dass das deutsche Grundgesetz seit 1990 keine Gültigkeit mehr habe, es keinen Friedensvertrag gebe und die Bundesbürger keine Grundrechte hätten, sondern nur Privilegien, die jederzeit genommen werden könnten. Etwa das Privileg, Versammlungen durchzuführen, Vereine zu gründen oder ein Hochschulstudium zu absolvieren. Die Lösung? „Unsere Verfassung von 1871.“
Das rief erneut die Gegendemonstranten auf den Plan, die im Halbkreis um das mit Flatterband markierte RuF-Areal standen. Es gab „Reichsbürger“-Rufe und die Parole: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda!“, zudem wurden Schilder mit Sätzen wie „Stellt Euch dem Leid der Betroffenen“ oder „Verschwörungsmythen töten“ hochgehalten.
Gegen den Vorwurf, ein Verschwörungstheoretiker zu sein, wehrte sich dann RuF-Anhänger Andreas, der intensive Internet-Recherche für sich in Anspruch nahm und behauptete, schwerstkranke Menschen im Hospiz dürften dort nicht von ihren Lieben besucht werden. Ein simpler Anruf hätte ihn über das Gegenteil informiert.
Versöhnliches kommt von einer jungen Frau
Olaf äußerte sich zu den aktuellen Zahlen der Corona-Infizierten und merkte gleich an, dass es eine deutsche Staatsangehörigkeit nicht gebe. Ein junger Mann berichtete von der Krebserkrankung seines Vaters, die auch ihn zu intensiver Recherche animiert und zu einer Erkenntnis geführt hatte: „Chemotherapie ist eigentlich Senfgas aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg.“ Die Deutschen, wusste er, sollten moderne Sklaven werden, würden überflutet – „Dafür sorgen die Mächte.“ – und könnten schon nicht mehr klar denken. Da wollte man spontan zustimmen.
Versöhnliches kam von einer jungen Frau, die alle aufforderte, schön und strahlend zu sein und eigens einen Song komponiert hatte (und vortrug): „Corona ist vorbei, wir sind wieder frei.“ Tja...
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