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Stadt gegen Abschuss – Online-Petition – Unternehmer will helfen

Protestwelle nach Urteil zu Bielefelder Mufflonherde

Bielefeld (WB). Seit gut 60 Jahren lebt eine Mufflon-Herde im Teutoburger Wald in Bielefeld, seit Jahren gibt es juristischen Streit um die Tiere. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster droht den Tieren nun der Abschuss. Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen und fast 19.000 Teilnehmer einer Online-Petition wollen dies verhindern.

Hendrik Uffmann und Andreas Schnadwinkel

Mufflons, hier ein Archivbild. sorgen in Wäldern für Schäden an Bäumen. Foto: imago

In den 60er Jahren waren die Wildschafe im Teutoburger Wald freigelassen worden. Schon seit 2011 fordert die August Klasingsche Familienstiftung, der ein Teil des Waldes, in dem die Herde lebt, gehört, dass die Tiere umgesiedelt oder abgeschossen werden, weil diese mit ihren Hörnern und durch Verbiss Schäden an den Bäumen anrichten. 2013 hatte die Familienstiftung vom Verwaltungsgericht in Minden Recht bekommen, als sie gegen den von der Stadt Bielefeld erlassenen Abschussplan geklagt hatte, nach dem der Bestand der Herde auf zwölf Tiere reduziert, aber nicht alle Mufflons getötet werden sollten.

Zahlreiche Unterstützer

Gegen dieses Urteil hatte die Stadt Bielefeld Rechtsmittel eingelegt. Am Freitag hatte der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts in Münster dann nach sechsstündiger Verhandlung ein Urteil gefällt. Demnach war der von der Stadt Bielefeld 2012 erlassene Abschussplan falsch, weil dieser die Interessen der Waldbesitzer und die diesen entstandenen Schäden – Gutachten beziffern die Summe auf etwa 5000 Euro jährlich – nicht ausreichend berücksichtigt habe, so die Münsteraner Richter.

Da dies bedeuten könnte, dass alle Tiere der Herde abgeschossen werden, hat sich in Bielefeld seit Freitag eine große Zahl von Menschen für den Verbleib der Mufflons ausgesprochen. Eine Online-Petition, die die Bielefelderin Sabine Weber auf dem Portal »change.org« gestartet hat, richtet sich unter anderem an Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen, sich dafür einzusetzen. »Viele Bielefelder hängen sehr an ihrer Muffelwildherde«, schreibt Weber in ihrer Begründung. Bis Montagabend gab es bereits beinah 19.000 Unterstützer der Petition.

Die Stadt Bielefeld werde nach Eingang der Münsteraner Entscheidung prüfen, ob sie Rechtsmittel einlege oder andere Maßnahmen treffe, kündigte Clausen am Montag an. »Ich möchte den Abschuss der Mufflons nicht freigeben und werde alle Möglichkeiten ergreifen, das zu vermeiden«, sagte Bielefelds Oberbürgermeister. Seit 2002 stehe der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz. Clausen: »Diesem Auftrag wollen wir auch im Umgang mit der kleinen Muffelwildherde gerecht werden, gegebenenfalls mit Hilfe des Bundesverwaltungsgerichts.«

Große Enttäuschung nach Urteil

Und auch Bielefelder Unternehmer setzen sich für den Erhalt der Herde ein. »Bis eine Lösung gefunden ist, die das Überleben der Tiere garantiert, kommen wir für die auf 5000 Euro bezifferten jährlichen Schäden auf«, sagte Henning Kleemann, geschäftsführender Gesellschafter des Straßenbauunternehmen Asphalt Kleemann, dem WESTFALEN-BLATT. Am Montag habe er schriftlich Kontakt mit Vertretern der Klasingschen Familienstiftung aufgenommen und seinen Vorstoß erläutert. »Die Mufflons begleiten mich seit meiner Kindheit. Für mich persönlich gehören sie zu Bielefeld wie die Sparrenburg. Ich halte die Herde für unbedingt erhaltenswert«, erklärt der 55-Jährige sein Engagement für die Wildschafe.

Mit großer Enttäuschung haben auch die Mitglieder des Bielefelder Muffelwildrings das Urteil aus Münster aufgenommen. »Für uns ist es eine Niederlage, die aber noch nicht zwangsläufig den Totalabschuss der Tiere bedeutet«, sagt Waldbauer und Jäger Mark Meyer zu Bentrup, der dem Ring vorsteht. Otto Klasing, Vorstandssprecher der August Klasingschen Familienstiftung, erläuterte am Montag hingegen, warum die Stiftung auf die Beseitigung der Tiere dränge. »Wir haben kein kapitalistisches Interesse. Wir wollen den Wald in dem Auftrag der Stiftung und im Sinne des Naturschutzes erhalten«, so Klasing. Die Erlöse aus der Waldwirtschaft haben nach seinen Worte in den vergangenen Jahren jährlich unter 5000 Euro gelegen.

Jagdsaison endet am 15. Januar

Hinzu komme, dass der Wald durch Trockenheit, Borkenkäferbefall und Stürme stark geschädigt sei. Die notwendige Wiederaufforstung sei jedoch unmöglich, da die Mufflons die Triebe der frisch gepflanzten Bäume abfräßen.

Darüber hinaus betont Otto Klasing, dass die Wildschafe als Jagdwild angesiedelt worden seien und seit dem Bestehen der Herde fortlaufend Tiere geschossen werden. »Ich möchte allen Tierschützern sage, dass die Tiere ohnehin schon immer geschossen wurden. Keines der Mufflons ist bislang an Altersschwäche gestorben.«

Die derzeitige Jagdsaison ende am 15. Januar, so Klasing. Und bereits für diese habe die Stiftung erneut den Antrag auf Totalabschuss gestellt. Otto Klasing: »Unser Interesse wäre deshalb, die Tiere bis Mitte Januar zu schießen.«

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