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Neue Corona-Maßnahme in Filialen der Bielefelder Bäckerei Pollmeier und Lechtermann im Einsatz

QR-Code und Handy statt Adresslisten

Bielefeld (WB). 20 Aktenordner füllen die Zettel bei Lechtermann und Pollmeier – Formulare, die die Kunden in Corona-Zeiten ausfüllen müssen, wenn sie sich in einer der 38 Bäckerei-Filialen an einen Tisch setzen. „7000 bis 8000 Formulare verteilen wir jede Woche an unsere Filialen“, sagt Katja Rommel aus der Personalabteilung. Sie setzt nun auf eine digitale Lösung, die die Erfassung der Kundendaten vereinfachen und für mehr Datensicherheit in der Gastronomie-Branche sorgen soll.

Peter Bollig

Bei Pollmeier an der Eckendorfer Straße kommt die Innovation zum Einsatz, bei der Gäste am Tisch einen QR-Code scannen, um sich zu registrieren. Hinten: Die Entwickler von Gastroident Viktor Gottfried (von links), Viktor Waal und Dennis Wiosna. Foto: Bernhard Pierel

Die Wiedereröffnung der Gastronomiebetriebe nach der Corona-Zwangspause hat nicht nur den Café-Bereichen der Bäckereien, sondern der ganzen Branche eine Zettelwirtschaft beschert. Kunden müssen Namen, Adresse und Telefonnummer hinterlassen, die Dauer ihres Aufenthaltes und die Tischnummer erfassen, damit die Gesundheitsämter im Falle eines positiven Coronatests die Infektionsketten zurückverfolgen können. Vier Wochen müssen die Betriebe die Zettel aufbewahren, danach vernichten. „Allein das Schreddern ist ein großer Aufwand“, sagt Katja Rommel. Dazu kommt der Materialaufwand, das Desinfizieren des Kugelschreibers nach jedem Kunden. Bei Pollmeier und Lechtermann wird eine Liste pro Gast beziehungsweise Gruppe ausgegeben und nach dem Ausfüllen eingesammelt. Kritik kommt mitunter von Datenschützern und Gästen, weil in manchen Gastronomiebetrieben Listen offen ausliegen, nachfolgende Besucher sehen können, wer ebenfalls im Lokal war.

700 Betriebe machen mit

Ein kleines Unternehmen aus Soest hat jetzt eine Lösung vorgelegt und ist damit beim dreitägigen Bielefeld-Hackathon ausgezeichnet worden. Das Digitalisierungsbüro der Stadt und die Initiative Open Innovation City hatten aufgerufen, digitale Lösungen vorzulegen, die den Alltag in Corona-Zeiten in den Bereichen Einzelhandel, Kultur, Gastronomie und Mobilität vereinfachen. „Und dieses Beispiel zeigt, dass das gelingt“, sagt Matthias Eichler, Leiter des Digitalisierungsbüros.

Das Soester Unternehmen Spot AR hat beim Hackathon seine Innovation Gastident vorgestellt, das für den Gastronomiebesuch aufs Smartphone setzt statt auf Papier und Kugelschreiber – und auf so genannte QR-Codes. Die kleinen Bildchen aus schwarzen und weißen Quadraten werden vom Smartphone optisch erfasst und führen auf eine Internetseite, die den jeweiligen Lokalbesuch registriert. „Nur beim ersten Besuch muss sich der Kunde einmal mit Namen, Adresse und Telefonnummer anmelden“, sagt Viktor Waal von Spot AR. Von da an muss der Gast in allen Lokalen, die Gastident nutzen, nur einmal mit dem Handy den auf dem Tisch platzierten QR-Code scannen, sich zum Ende des Besuchs per Knopfdruck abmelden.

Der Besuch wird automatisch erfasst – samt der persönlichen Daten, Tischnummer und der Besuchsdauer. Zudem kann ein weitere Gast mit registriert werden, der selbst kein Smartphone hat. Und nach vier Wochen werden die Daten automatisch gelöscht. Auf der Seite, die sich nach dem Scan auf dem Smartphone öffnet, kann der Kunde zudem schon mal in die Speisekarte des Lokals schauen. „Irgendwann lässt sich über diese Funktion vielleicht sogar im Lokal bestellen“, beschreibt Viktor Waal die Vision seiner Firma.

Nach deren Angaben nutzen bereits 700 Betriebe in Deutschland Gastident, unter anderem in München der Flugplatz und der Hofbräukeller, in Bielefeld neben Lechtermann und Pollmeier auch das Restaurant The Good Hood. Man sei im Gespräch mit einer Burger-Kette, außerdem mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). 20 bis 30 Betriebe kämen als neue Kunden täglich hinzu, etwa 10.000 Mal würden sich Gastronomie-Besucher jeden Tag über Gastident in einem Lokal anmelden.

Lechtermann und Pollmeier hat nach Angaben von Unternehmenssprecherin Michaela Wortmann Gastident zwei Wochen lang in der Filiale an der Eckendorfer Straße getestet. Rund 30 Prozent der etwa 100 Gäste im Café-Bereich pro Tag hätten sich über Gastident angemeldet. Wortmann: „Wir haben schnell gesehen, dass die Kunden das annehmen.“ Sie geht davon aus, dass es mehr werden, sobald das Programm bekannter ist. Die QR-Codes sollen nun in weiteren Filialen eingeführt werden. Für die Bäckerei sei das Verfahren eine Arbeitserleichterung, aber auch ein Weg zur Nachhaltigkeit, indem viel Papier gespart werde. Und es biete den Kunden einen Umgang mit ihren Daten, die für andere so nicht einsehbar seien.

Vier digitale Lösungen für den Alltag

Im Juni hatten sich mehrere Teams beim Hackathon den Herausforderungen gestellt und an digitalen Lösungen gearbeitet, die den Alltag angesichts der Corona-Gefahr erleichtern. Neben der Idee Gastident wurden drei weitere Projekte ausgezeichnet:

Toole V ist eine Plattform, die die zentralisierte Kommunikation und Organisation von Sportvereinen ermöglicht. Die App organisiert Termine, ermöglicht schnelle Zu- oder Absagen, holt digital Einwilligungen ein. Sie soll Mannschaften so die Koordination erleichtern.

BIE Spotty will dem Problem der Überfüllung von öffentlichen Räumen entgegen wirken. Nutzer können per App sehen, wo sich Menschen gebündelt aufhalten und so überfüllte Plätze meiden.

ANA Shopping ist eine App, die die Wartezeit im Handel vermindern und das Kundenerlebnis verbessern soll. Über die App können Geschäfte gesucht, QR-Codes eingescannt werden. Der Kunde erhält dann Informationen über die Frequenz im Laden und kann Produkte reservieren.

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