Leiche im »Golden Tulip«-Hotel in Bielefeld: Obduktion soll am Dienstag Ursache für Kopfschuss klären
Toter Doppelmörder: War es Suizid?
Bielefeld (WB). Wer hat dem verurteilten Doppelmörder Erdal A. (38) im Bielefelder Altstadt-Hotel Golden Tulip in den Kopf geschossen? Diese Frage soll an diesem Dienstag bei einer Obduktion des Leichnams von Experten der Rechtsmedizin geklärt werden.
»Bislang spricht alles für einen Suizid«, sagte Polizeisprecherin Sarah Siedschlag zur mutmaßlichen Todesursache des getöteten Bielefelders. Die Sprecherin beruft sich dabei auf eine erste Einschätzung der Rechtsmedizin. Demnach sei am Samstag, dem Tag des Leichenfunds, der Tote bereits von Experten in Augenschein genommen worden. Endgültige Gewissheit zum vermuteten Suizid soll die rechtsmedizinische Obduktion bringen. Mit dieser sogenannten inneren Leichenschau lassen sich die Todesursache und die Rekonstruktion des Sterbevorgangs detailliert bestimmen.
Unbeteiligter Hotelgast gerät ins Visier
Wie brisant für die Polizei Bielefeld der Fall des erschossenen Doppelmörders ist, zeigt die Größe der Mordkommission. Neun Ermittler unter Leitung von Hauptkommissar Markus Mertens wurden nach dem Fund des Leichnams von Erdal A. am Samstag zusammen gerufen, sagte die Polizeisprecherin. So ist es immer noch nicht ausgeschlossen, dass der 38-jährige Bielefelder wegen seiner kriminellen Vergangenheit auch einem Racheakt zum Opfer gefallen sein könnte. Daher machte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben dazu, ob eine Waffe beim toten Doppelmörder gefunden wurde beziehungsweise um was für eine Waffe es sich handelt. Das wäre sogenanntes Täterwissen, sollte es doch einen Mörder geben.
Nach Informationen dieser Zeitung soll Erdal A. am Wochenende mit einem seiner Neffen (18) in das Hotel Golden Tulip am Waldhof in der Altstadt eingecheckt haben. Beide sollen zwei Zimmer bezogen haben. Zum Todeszeitpunkt des verurteilten Doppelmörders soll der Neffe in seinem Zimmer gewesen sein. Als dann mindestens ein Schuss fiel und der Leichnam von Erdal A. mit einer Kopfwunde entdeckt wurde, geriet ein weiterer, am tödlichen Geschehen offenbar völlig unbeteiligter Hotelgast ins Visier der alarmierten Polizisten.
Dieser Mann, Polizeiangaben zufolge ein 36-jährige Türke aus Bad Lippspringe, flüchtete so auffällig, dass er von der Polizei zunächst für einen Tatverdächtigen gehalten und sofort festgenommen wurde. Der 36-Jährige habe mit dem Tod von Erdal A. nach aktuellem Ermittlungsstand nichts zu tun, sagte Polizeisprecherin Siedschlag. Der Lippspringer sei geflüchtet, weil er als mutmaßlicher Drogendealer gleich mit zwei Haftbefehlen gesucht worden sei. Nun sitzt der Mann im Bielefelder Gefängnis in Untersuchungshaft.
Gutachter stellte keine Wiederholungsgefahr fest
Die zuerst vom WESTFALEN-BLATT verbreitete Nachricht vom Tod des Bielefelder Doppelmörders sorgte in der Stadt für großes Aufsehen. Erdal A. sei bereits als Kind gewalttätig gewesen und habe immer wieder Mitschüler verprügelt, berichtete eine Leserin. Die kriminelle Karriere des zur streng hierarchischen Glaubensgemeinschaft der Jesiden gehörenden Mannes gipfelte, wie berichtet, im Oktober 2001 in einer Meller Arztpraxis in einen Doppelmord an zwei Arzthelferinnen.
Erdal A. wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er aus Rache für das Beziehungs-Aus seine Ex-Freundin (19) und deren Kollegin (44) mit fünf Schüssen tötete. Weil er zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war und juristisch damit noch als Heranwachsender galt, verhängte das Osnabrücker Landgericht im Jahr 2002 keine lebenslange Haftstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. »Im Prozess wurde damals deutlich, dass sich die Freundin des Mannes wegen dessen Gewalttätigkeit ihr gegenüber zunächst von ihm getrennt hatte. Es gelang ihm aber – angeblich mit massiven Drohungen gegen seine Freundin und deren Familie – sie zurückzuholen.
Aber Gewalt und sexuelle Übergriffe hörten nicht auf. Daher trennte sich die junge Frau im Sommer 2001 endgültig von ihm«, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung. Gleichwohl wurde Erdal A. nach Verbüßung der sogenannten Zwei-Drittel-Strafe aus der Haft entlassen. Laut Gutachtermeinung ging von dem Bielefelder keine Wiederholungsgefahr aus. Vom niedersächsischen Strafvollzug wurde dem verurteilten Doppelmörder zudem eine günstige Sozialprognose gestellt.
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