Volksbanken Bielefeld-Gütersloh und Herford-Mindener Land wollen zur „Volksbank in Ostwestfalen“ fusionieren
Ein zweiter Volksbank-Riese in OWL geplant
Bielefeld/Herford
In Ostwestfalen-Lippe soll neben der Verbundvolksbank OWL mit Sitz in Paderborn ein zweiter Volksbank-Riese entstehen. Die Volksbanken Bielefeld-Gütersloh und Herford-Mindener Land wollen zum 1. Januar 2024 fusionieren. Hauptsitz soll Bielefeld sein.
Das neue Institut mit dann mehr als 290.000 Kunden und einer Bilanzsumme von rund 10 Milliarden Euro soll den Namen „Volksbank in Ostwestfalen“ tragen.
Das haben die Vorstände der Volksbanken Bielefeld-Gütersloh und Herford-Mindener Land am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in den Räumen der Schüco-Arena in Bielefeld bekanntgegeben. Mit der angestrebten Verschmelzung stellen die beiden Genossenschaften die Weichen, um die "Herausforderungen der dynamischen Transformation in der Branche erfolgreich gestalten zu können", wie es heißt.
Erst nach der technischen Verschmelzung in etwa eineinhalb Jahren auf das System der etwas größeren Volksbank Bielefeld/Gütersloh erhalten die Kunden der Volksbank Herford-Mindener Land eine neue IBAN-Nummer.
Deitert und Kämmerling als Co-Chefs
Die neue Groß-Volksbank – Nummer vier in NRW und Nummer 12 bundesweit – wird von sechs Vorständen geführt – drei von jeder Seite. Als Co-Vorsitzende fungieren Michael Deitert und Andreas Kämmerling. Nach dem Zusammenschluss wird die neue Bank an 95 Standorten in der Region rund 1300 Mitarbeiter beschäftigen. Weder bei der Zahl der Geschäftsstellen noch der Mitarbeiter soll sich durch die Fusion etwas ändern. „Wir brauchen alle Mann an Bord“, betont Andreas Kämmerling.
Mit der angestrebten Verschmelzung stellten die beiden Banken die Weichen, „um die Herausforderungen der Transformation in der Branche erfolgreich gestalten zu können“, wie Kämmerling erläutert. Gemeinsam wolle die Bank besser dem Kosten- und Margendruck in der Branche begegnen. Man wolle weiter wachsen und auch mehr junge Kunden gewinnen.
Fusion bietet "historische Chance"
Allein in die Digitalisierung will die neue Volksbank jährlich rund fünf Millionen Euro investieren. Die wachsenden regulatorischen Anforderungen an Banken seitens der EU spielten bei der geplanten Fusion ebenso eine Rolle wie das Vorhaben, in neue zukunftsorientierte Geschäftsfelder vorzustoßen. Kämmerling nennt als Beispiele die Agrarbranche, Freiberufler oder das internationale Geschäft. „Wir können uns mehr spezialisieren und unsere Beratung ausbauen.“ Weiter betont er: „Diese anstehende Fusion bietet uns allen eine historische Chance, die wir gemeinsam gerne ergreifen wollen.“
Hauptsitz der neuen Bank soll Bielefeld sein. Die Standorte Gütersloh, Herford und Minden sollen Regionalzentren werden. „Wir haben sehr vertrauensvolle und konstruktive Sondierungsgespräche geführt, in denen wir schnell erkannt haben, wie gut unsere beiden Kreditinstitute auf der wirtschaftlichen Ebene und im Bereich der Unternehmenskultur zusammenpassen, betont Michael Deitert, Vorstandschef der Volksbank Bielefeld-Gütersloh.
Sondierungsgespräche seit November
Beide Banken arbeiteten schon seit längerer Zeit in unterschiedlichen Kooperationen zusammen, erklären die designierten Co-Vorsitzenden. „Wir werden unsere Dienstleistungen und digitalen Angebote rund um das Thema Finanzen für Privatkunden und Unternehmen nochmals verstärken“, sagen Deitert und Kämmerling.
Aufsichtsräte und Vorstände beider Banken hatten die Sondierungsphase bereits im November 2022 eingeleitet, sagt Deitert. Er spricht von einer „Fusion auf Augenhöhe.“ Beide Banken sehen sich als ertragsstark. Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh hat an ihre Mitglieder zuletzt eine Dividende von 1,4 Millionen Euro ausgeschüttet, die Volksbank Herford-Mindener Land 1,1 Millionen Euro.
Die Volksbank Herford-Mindener Land ist erst im August 2020 aus der Fusion der Volksbanken Bad-Oeynhausen-Herford und Mindener Land hervorgegangen. Die Volksbanken Bielefeld und Gütersloh schlossen sich 2014 zusammen.
Entscheidung im Oktober
Verlaufen die Verhandlungen erfolgreich, würden die Mitgliedervertreter beider Banken im Oktober in außerordentlichen Vertreterversammlungen über die Fusion entscheiden, die technisch im dritten Quartal 2024 abgeschlossen werden soll. Dazu sei eine Mehrheit von jeweils mindestens 75 Prozent der anwesenden Gesellschafter notwendig.
Die „Volksbank in Ostwestfalen“ dürfte in etwa so groß sein wie die Verbundvolksbank OWL, die in den vergangenen Jahren durch mehrere Fusionen zur jetzigen Größe aufgestiegen ist, zuletzt schloss sich die Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten an. Beide Geschäftsbereiche haben einige Überschneidungen: So ist die Verbundvolksbank OWL auch in Bielefeld und Minden vertreten.
Die Konsolidierung in der Bankenbranche geht derweil weiter: Für dieses Frühjahr ist die Fusion der Volksbanken Delbrück-Hövelhof und Rietberg geplant. Darüber hinaus gibt es in OWL noch rund ein Dutzend selbstständiger, meist kleinerer Volksbanken.
Abschluss im dritten Quartal 2024?
Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh (700 Mitarbeiter) hat mehr als 113.500 Mitglieder und verfügt über 19 Kompetenzzentren und Geschäftsstellen. Das verwaltete Gesamtvermögen betrug 2022 insgesamt 6,0 Milliarden Euro. Die Bilanzsumme beträgt 5,6 Milliarden Euro.
Die Volksbank Herford-Mindener Land hat 614 Mitarbeiter und rund 150.000 Privat- und Firmenkunden sowie 78.000 Mitglieder. Das betreute Kundenvolumen beläuft sich auf 8,77 Milliarden Euro. Die Bilanzsumme beträgt 4,639 Milliarden Euro.
Fusionen auch bei Sparkassen in OWL
Auch bei den Sparkassen in OWL gibt es weitere Fusionen. Zum 1. April schließen sich die Sparkassen Delbrück und Höxter dem größten und ältesten OWL-Institut Paderborn-Detmold an. Das Geldhaus heißt dann Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter, wird mit einer Bilanzsumme von rund 11,3 Milliarden Euro, mehr als 1600 Mitarbeitern das größte Institut der Region sein.
Verhandlungen über einen Zusammenschluss führen derzeit auch die Kreissparkassen Halle und Wiedenbrück im Kreis Gütersloh. Im Sommer hatten die Sparkassen Gütersloh-Rietberg und die Stadtsparkasse Versmold fusioniert.
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