1. www.westfalen-blatt.de
  2. >
  3. OWL
  4. >
  5. Borgholzhausen
  6. >
  7. Heilsversprechen aus der Solequelle

  8. >

Dr. Rolf Westheider betrachtet im Jahrbuch „Schönes Westfalen“ die Entwicklung von „Deutsch-Marienbad“ zum „Solbad Ravensberg“

Heilsversprechen aus der Solequelle

Altkreis Halle

„Meistens war die Sole lästig, weil sie die Landwirtschaft störte“, schreibt der Historiker Dr. Rolf Westheider in seinem Beitrag für die neue Ausgabe des Jahrbuchs „Schönes Westfalen“. Er meint damit die hartnäckige Solequelle im Borgholzhausener Stadtteil Ostbarthausen, wo das Unternehmen Marienbrunnen über 75 Jahre lang sein Mineralwasser förderte.

Johannes Gerhards

Der frühere „Ravensberger Hof“ an der Straße zwischen Dissen und Halle war einst ein Kurhaus mit Hotel, Tanzsaal und Konzertgarten. Das spätere Restaurant „Cooks“ in diesem nostalgischen Gebäude ist seit einigen Jahren wieder geschlossen. Foto: WB

Bereits im 15. Jahrhundert wurden die Solequellen für die Salzgewinnung genutzt, zwischen 1607 und 1650 hat das örtliche Salzwerk rentabel produziert. Die stets sprudelnde Quelle wurde anschließend höchstens noch genutzt, wenn die Salzpreise hoch waren – wie zur Zeit der französischen Besatzung Anfang des 19. Jahrhunderts. Der damalige Eigentümer versuchte mit allen Mitteln – aber letztlich erfolglos –, die Quelle zu verstopfen und deren schädlichen Einfluss auf die Landwirtschaft zu unterbinden.

Erst nachdem sich Bad Rothenfelde zum Sole-Kurort entwickeln konnte, wurden auch in Borgholzhausen Pläne geschmiedet, die „Salzpütte“ von Ostbarthausen für Heilzwecke zu nutzen. Naturheilkundler wie „Prof. Rohde“ oder „Medizinalrat Prof. Dr. H. Schulz“ bescheinigten der unverwässerten „Heil-Trink-Sole“ eine wundersame Wirkung bei allerlei Gebrechen und beriefen sich auf zahlreiche Nutzer, denen die Solequelle ein als „Bethesda“ bezeichneter Gesundbrunnen gewesen sei.

Der Kalkwerksbesitzer und Wünschelrutengänger Gerhard Hüsing aus Dissen begründete schließlich mit der Betriebsbezeichnung „Deutsch Marienbad und Ravensberger Heilquellen“ den Miniatur-Kurort, der mit mehr als einhundert westfälischen Einrichtungen dieser Art im Wettbewerb stand. Von Hüsings Ehefrau hat Marienbrunnen seinen Namen erhalten, gegen das weithin bekannte böhmische Marienbad konnte man sich allerdings nicht durchsetzen. Ab 1932 musste sich die Einrichtung in „Solbad Ravensberg“ umbenennen.

Der Kurgarten mit Trinkhallen, Inhalatorium und Liegehallen, umgeben von „herrlicher Gottesnatur“, lockte als „Eldorado für Kranke und Genesende“ zahlreiche Besucher zum „Teutonenwalde“, wie es ein Kurgast um 1910 in einem Gedicht euphorisch beschreibt. Sie übernachteten in „Ravensberger Hof“, „Westfalenruh“ oder weiteren Gasthäusern entlang der ehemaligen B 68. Während diese Gebäude heute leer stehen oder anderweitig genutzt werden, existiert der Haltepunkt Westbarthausen an der Bahnstrecke des Haller Willem auch weiterhin.

Die Betreiber garantierten „auch weniger Begüterten ein behagliches Unterkommen“, in Bezug auf Wirksamkeit und Qualität der Heilwässer stellten sie sich dagegen auf eine Stufe mit Nauheim oder Bad Oeynhausen. Noch Ende der fünfziger Jahre versprachen sie, „den abgespannten, nervösen Menschen unserer hektischen Zeit die erforderliche Frische und Spannkraft für den Alltag wiederzugeben“. Auch das zuständige Landesministerium bescheinigte 1977 den Quellen „Bethesda“ und „Wünschelbrunnen“ die nötigen medizinisch-therapeutischen Voraussetzungen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

Zehn Jahre später kam der Badebetrieb dann endgültig zum Erliegen, die alte Liegehalle fiel dem Vandalismus zum Opfer, das Badehaus wurde durch Brandstiftung zerstört. Heute sind nahezu sämtliche Relikte der Kur- und Badeeinrichtungen verschwunden. Die Markenrechte für das Mineralwasser Marienbrunnen inklusive des Marienkäfer-Logos liegen beim Unternehmen Salvus in Emsdetten. Solbad Ravensberg ist vor allem als Bezeichnung mehrerer Borgholzhausener Sportvereine noch sehr präsent.

Das jetzt im Aschendorff-Verlag erschienene Buch „Schönes Westfalen“ steht in der Tradition des Jahrbuchs Westfalens mit dem früheren Untertitel „Westfälischer Heimatkalender“. Nach der Ausgabe 2020 mit Schwerpunkt Mobilität dreht sich im aktuellen von Dr. Peter Kracht herausgegebenen Band auf 272 Seiten alles um das Thema „Gesund und aktiv in Westfalen“.

Unter den 45 Beiträgen renommierter Autorinnen und Autoren sind auch zwei Artikel des Stadtarchivars von Borgholzhausen und Versmold, Dr. Rolf Westheider. Neben „Von Deutsch-Marienbad zu Solbad Ravensberg“ hat er sich unter dem Titel „Ein Sanatorium des Mittelstandes“ mit der Naturheilkunde im Kurhaus Güthenke in Gütersloh befasst.

Das Jahrbuch 2021 versammelt lesenswerte Geschichten aus der heimischen Region und ist unter der ISBN 978-3402-15827-2 zum Preis von 19,50 Euro im Buchhandel erhältlich.

Startseite
ANZEIGE