Ein Wort zum Heiligabend von Superintendent Walter Hempelmann
Hoffnungszeichen bleiben sichtbar
Halle
#hope kann man zurecht an Weihnachten posten. Es ist eine faszinierend schöne Geschichte, die wir in diesen Tagen feiern. Eine hoffnungsvolle Geschichte. In jedem Kind klingt etwas von unverbrauchtem Leben, von unverbrauchter Hoffnung an. Auch in diesem Kind, dessen Geburt wir jetzt in diesen Tagen an Weihnachten feiern.
Sehnsuchtsgut in diesen Tagen ist die Hoffnung: Hoffnung auf ein normales Leben. Hoffnung auf einen Impfstoff, der endlich zugelassen und ausgeliefert wird und Schaden abwenden kann an Leib und Seele. Hoffnung darauf, dass wir einander wieder unbeschwert begegnen können. Hoffnung gewiss auch, dass unser alltägliches Leben wieder in gewohnter Weise weitergeht…
Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie schnell Selbstverständlichkeiten schwinden können; wie wir plötzlich auf uns selbst zurückgeworfen werden und aushalten müssen, dass sich das Leben einschränken kann. Sollen wir uns wünschen, dass unser Leben in gewohnter Weise weitergeht? Trägt die Pandemie nicht auch die Chance in sich, über Wesentliches und Unwesentliches nachzudenken?
#hope: ich hätte dieses Zeichen gern an den Teutoburger Wald projiziert – für alle sichtbar: Denn die Weihnachtsgeschichte ist die Hoffnungsgeschichte.
Der Himmel ist nicht nur mit steigenden Zahlen verhangen, auf die wir nahezu jeden Abend gebannt schauen. Die Hoffnungszeichen bleiben sichtbar. Gewiss ist diese pandemische Zeit von der Sorge getragen, dass Hoffnung so schnell ihr Gesicht verlieren kann; ein gutes Wort seinen Sinn oder ein freundliches Menschengesicht sein Leuchten. Und manche haben es erlebt: Zur Trauer um verstorbene Menschen kommen Schmerz und Ohnmacht über versäumte Abschiede, weil die Kontaktbeschränkungen den Zugang zu unseren Lieben nicht zuließen.
#hope – das ist eine treffende Zusammenfassung des Weihnachtsgeschehens.
Die weihnachtliche Hoffnung gründet in der Menschlichkeit Gottes. Gott wird Mensch – er solidarisiert sich mit uns. Was stünde uns besser zu Gesicht, als es diesem Gott gleichzutun und uns solidarisch zu erklären?! Menschliche Menschen, die aufeinander acht geben – das ist ein Grundanliegen des Weihnachtsgeschehens. Deshalb verzichten wir in diesem Jahr, wenn auch schweren Herzens, auf Gottesdienste in präsenter Form.
„Christ, der Retter ist da!“ Aber wie könnte ich uneingeschränkt singen und feiern – wenn wir womöglich Menschen gefährden? So verstehe ich diese gemeinsame Aktion der Evangelischen Kirche von Westfalen als Ausdruck tiefer Verantwortung, der wir uns als Evangelischer Kirchenkreis Halle anschließen. Wir wollen so aufeinander achten, dass wir niemanden in unseren Begegnungen gefährden. Selbstverständlich ist uns dieser Schritt nicht leicht gefallen. Wir verzichten auf Durchsetzung eigener Möglichkeiten und Spielräume und geraten in ein Dilemma, wie wir es in unserer Generation noch nicht hatten. Aber es geht nicht um uns selbst!
Das macht Kirche aus, dass sie um der Menschen und um Gottes willen da ist: predigt, Kinder in den Tageseinrichtungen betreut, Jugendliche auf Freizeiten zusammen bringt. In all dem richtet sie ihre Botschaft aus, dass der Mensch Hoffnung für sein Leben und über seinen Tod hinaus hat; dass Menschlichkeit einzieht in unsere unmenschliche Welt. Das ist ja gerade das Paradox, der Widerspruch: Der menschliche Gott kommt in eine unmenschliche Welt. Aber durch sein Kommen wird sich etwas ändern. Gottes Hoffnung verwandelt schon jetzt. Das ist die Hoffnung, die die Kirche wachhält. Weihnachten ist das Fest der Nächstenliebe. Dabei bleibt es. Und kann in diesem Jahr erst recht seinen tiefen Sinn entfalten, indem wir aufeinander achten und auch keine Angst um uns selber haben müssen, wenn wir nicht als erste den Impfstoff erhalten.
Ob wir das können? Na klar!
Bleiben Sie bewahrt an Leib und Seele!
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