Corona-Streit: Die Konflikte zwischen dem Vorsitzenden Jan Brüggeshemke und dem übrigen Vorstand lassen sich offenbar nicht lösen
Sprachlosigkeit im Borgholzhausener Heimatverein
Borgholzhausen
Im kleinen Borgholzhausen ist im dortigen Heimatverein ein Streit eskaliert, der sich am großen Corona-Thema und einem angemessenen Umgang damit entzündet. Es geht um Kritik am Infektionsschutzgesetz, um Links zu Seiten umstrittener Autoren, die Anwesenheit bei einer großen „Querdenker“-Demo sowie im Nachgang um empfundene Denunziation sowie auch um eine Strafanzeige wegen übler Nachrede.
Die Konflikte zwischen dem Vorsitzenden Jan Brüggeshemke und dem übrigen Vorstand lassen sich offenbar nicht mehr lösen. Das Tischtuch im Vorstand des Heimatvereins Borgholzhausen ist zerschnitten. Auch wenn alle Beteiligten betonen, nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen zu wollen, scheint ein weihnachtlicher Frieden derzeit nicht in Sicht. »Wir verstanden ihn nicht, und er verstand uns nicht«, bringt es ein Vorstandsmitglied auf den Punkt.
Vorwurf an Vorsitzenden: „Politische Haltung weit rechts von der Mitte offenbart.“
In einem Brief an seine Mitglieder hatte der Vorstand unlängst von unüberbrückbaren Differenzen zum Vorsitzenden Jan Brüggeshemke berichtet, die in einer Rücktrittsforderung gipfelten. Jan Brüggeshemke habe anlässlich der Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes einen Link verschickt, der »eine politische Haltung weit rechts von der Mitte offenbart«, so heißt es in dem Schreiben. Gemeint ist ein Beitrag des als Verschwörungstheoretiker geltenden ehemaligen Fernseh-und Radiomoderatoren Ken Jebsen.
»Wir haben zum Ausdruck gebracht, dass die politischen Äußerungen, die er in den letzten Wochen uns gegenüber getätigt hat, uns zutiefst irritiert und unsere eindeutige Ablehnung hervorgerufen haben«, lautet ein weiterer Satz, der in der Feststellung mündet, der Heimatverein wolle auch weiterhin seiner »politisch liberalen Tradition« treu bleiben. Für Jan Brüggeshemke, vor fünf Jahren noch Bürgermeisterkandidat der CDU in Borgholzhausen, stellt sich die Sachlage anders dar. »Ich habe in einem vertraulichen Gespräch unter vier Augen die Meinung vertreten, das Infektionsschutzgesetz erlaube, das Grundgesetz außer Kraft zu setzen«, sagt der Vorsitzende. Er fühle sich durch die in die Öffentlichkeit getragene Auseinandersetzung persönlich diffamiert und habe Strafanzeige gegen seine Stellvertreterin Eva Eggert wegen Verleumdung und übler Nachrede gestellt.
Vorsitzender gibt sich kämpferisch und stellt Strafanzeige wegen übler Nachrede
»Am 23. November ist der Vorstand schriftlich zurück getreten, und am 4. Dezember habe ich diesen Rücktritt angenommen«, gibt sich Jan Brüggeshemke kämpferisch. Das Angebot, sein Amt für drei Monate ruhen zu lassen, sei vom restlichen Vorstand abgelehnt worden. »Weil damit Stillschweigen verbunden war«, kontert die Gegenseite, die sich keineswegs als zurück getreten betrachtet, weil dies laut Vereinsrecht gar nicht möglich sei. Jan Brüggeshemke habe selber darauf hingewiesen und die Vorstandsmitglieder gebeten, in ihren Funktionen bis zur nächsten Mitgliederversammlung im Amt zu bleiben, um die Handlungsfähigkeit des Vereins zu gewährleisten, heißt es.
Ursprünglich sollte die nächste Jahreshauptversammlung turnusgemäß im Januar 2021 stattfinden. Aufgrund der geltenden Corona-Beschränkungen ist das nicht möglich. Bis zum geplanten Ausweichtermin im Mai wollten die Vorstandsmitglieder offenbar nicht warten und haben deshalb den Schritt in die Öffentlichkeit getan, weil »ein Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht und er unsere Zweifel nicht ausräumen konnte«. Auch Brüggeshemke sieht »das Eis komplett gebrochen« und sich persönlich »komplett denunziert«. Beide Seiten berufen sich zudem auf zahlreiche zustimmende und den Rücken stärkende Zuschriften.
Anwesenheit bei Corona-Demo soll nicht das Hauptproblem sein
»Die CDU steht komplett hinter mir«, betont Jan Brüggeshemke, der als einziger sein Direktmandat für die Christdemokraten gewonnen hat und Schriftführer im Stadtverbands- und Fraktionsvorstand ist. Das bestätigt der Stadtverbandsvorsitzende Arnold Weßling mit den Worten: »So, wie er sich uns gegenüber geäußert hat, richtet er sich nicht gegen die nötigen Maßnahmen, zeigt die erforderliche Achtsamkeit und erkennt die parlamentarischen Entscheidungen an«.
Brüggeshemkes Teilnahme an der Demonstration gegen das Infektionsschutzgesetz am 18. November in Berlin sieht Jürgen Hellweg vom Heimatverein im Sinne von »Gedankenfreiheit und Religionsfreiheit« nicht als Hauptproblem an. Er habe sich aber im Anschluss geweigert, sich von bestimmten Teilnehmern zu distanzieren, werfen ihm die übrigen Vorstandsmitglieder des Heimatvereins vor.
Bürgermeister Dirk Speckmann bleibt unterdessen gelassen und will das Thema »nicht so hoch kochen«. Er betrachtet die Vorgänge als interne Angelegenheit des Vereins, die bei der nächsten Mitgliederversammlung geklärt werden sollte.
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