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Festakt zum 100. Geburtstag des LWL-Klinikums Gütersloh – Doku-Band präsentiert

Auf Krankenakte von 1837 gestoßen

Gütersloh (WB). Kaum ein Leben verläuft geradlinig: So gibt es auch im vor 100 Jahren eröffneten, früheren Landeskrankenhaus und jetzigen LWL-Klinikum Gütersloh unrühmliche Kapitel. Diese wurden beim offiziellen Festakt am Mittwoch anlässlich des Jubiläums nicht verschwiegen.

Carsten Borgmeier

Dr. Ute Pothmann hat den Dokumentationsband federführend verfasst und ist dabei auch auf bislang unbekanntes Material gestoßen. Bernd Meißnest gehörte der Projektgruppe an, die der in Gütersloh lebenden Historikerin dabei zuarbeitete. Foto: Carsten Borgmeier

»Die 100-jährige Geschichte dieses psychiatrischen Krankenhauses ist reich an dunklen wie auch an hellen Kapiteln«, sagte Matthias Löb als Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vor rund 150 geladenen Gästen in der Aula der Bernhard-Salzmann-Klinik (BSK). »Diese Kapitel sind uns gleichermaßen Verpflichtung und Ansporn für die Gestaltung der Zukunft«, so Löb in seiner Festrede.

Dunkles Kapitel nicht ausgespart

Das LWL-Klinikum habe sich innerhalb eines Jahrhunderts von einer Heil- und Pflegeanstalt zu einem modernen Klinikum mit den Fachdisziplinen Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie und Innerer Medizin/Geriatrie entwickelt, ergänzt um die Rehabilitation sucht- und psychisch Kranker, den Wohnverbund und das Pflegezentrum. Zu den »hellen Kapiteln« zählte Löb »wichtige, fachliche Impulse«, die in den vergangenen Jahrzehnten oftmals von dieser Klinik ausgingen und bundesweit beachtet wurden.

Auf großes Interesse stieß am Ende des Festaktes mit Redebeiträgen unter anderem von Landrat Sven-Georg Adenauer und Monika Paskarbies (beide CDU) als stellvertretende Bürgermeisterin Güterslohs der neue Dokumentationsband »Von der Provinzialheilanstalt zum LWL-Klinikum Gütersloh«, der federführend von der Historikerin Dr. Ute Pothmann erarbeitet worden war. Auch auf den wohl dunkelsten Teil der Klinikumsgeschichte, der systematische Massenmord an mehr als 1000 psychisch kranken und geistig behinderten Menschen zwischen 1939 und 1945, geht die Veröffentlichung umfangreich ein.

»Unsere Geschichte verpflichtet uns, die Würde der Patienten über alles andere zu stellen, und sie ermutigt uns, auch künftig von Gütersloh aus starke Signale für eine fortschrittliche, am Menschen orientierte Psychiatrie zu senden«, sagte Direktor Löb.

Auf Klinikgelände auf unerforschtes Material gestoßen

Dr. Pothmann hat mit einer siebenköpfigen Projektgruppe des Klinikums das mehr als 115 Seiten umfassende und reich bebilderte Buch zur Klinikgeschichte verfasst. Dabei war die Historikerin überraschend auf große Mengen an bisher unerforschten Archivalien, darunter eine Krankenakte von 1837, auf Dachböden und in Kellerregalen der Einrichtung gestoßen. »Den mit Abstand größten Bestand, sowohl Text- als auch Bildmaterial, fand ich hier auf dem Klinikgelände. Diese Archivalien sind weitgehend unerforscht«, sagte Dr. Pothmann zu den Festgästen, darunter Alt-Bürgermeisterin Maria Unger (SPD).

Der Dokumentationsband von Ute Pothmann, Ute Feischen, Michael Löhr, Reinhard Loer, Bernd Meißnest, Michael Schulz, Hildegard Winkler, Klaus-Thomas Kronmüller »EinJahrhundertProjekt der Psychiatriegeschichte – von der Provinzialheilanstalt zum LWL-Klinikum Gütersloh«, Köln 2019, ist im Psychiatrieverlag Köln für 20 Euro erhältlich (ISBN: 978-3-96605-036-4).

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