Gütersloh
Prämierte Satirikerin Bosetti gastiert in Gütersloh
Gütersloh (ed)
Sarah Bosetti verwandelt Kritik in Liebeslyrik. In der Gütersloher Stadthalle las sie aus ihrem Bestseller und begeisterte ihre Fans.
Gütersloh (ed) - „Ich hab Angst, dass die Regierung da was verwechselt und aus Versehen eine Temposteuer und ein Tamponlimit einführt.“ Sarah Bosetti, das kreative Supergirl, das Semantik und Syntax frisch kombiniert, um politische Sachverhalte satirisch aufzupeppen oder um Schmähkritik aus dem Internet in originelle Liebeslyrik zu verwandeln, trifft exakt den Humor ihrer applausspendenden Fans. Ihre wortgewaltige Kunst konnte die aus Funk und Fernsehen bekannte Moderatorin und Kabarettistin am Donnerstagabend im populären Schlado-Format an den Mann, beziehungsweise an die Frau bringen.
Gesellschaftskritik zum Aufwärmen
Mit der Lesung aus ihrem Bestseller „Ich hab nichts gegen Frauen, du Schlampe“ wurde sie bereits im April 2020 erwartet, doch coronabedingt kam erst der dritte Ausweichtermin am Dreikönigstag zur Aufführung. „Schön, dass ihr da seid! Seid ihr alle echt?“ Sarah Bosetti lockerte die gute Laune im kleinen Saal der Stadthalle auf und fokussierte zum Aufwärmen Gesellschaftskritik in Worten, die das alltägliche „Wollen“ ambivalent hinterfragen: „Wir wollen eine abwechslungsreiche Welt, in der alle so denken wie wir. Wir wollen gewinnen, ohne zu kämpfen. Wir wollen mehr verdienen als der Nachbar, aber trotzdem eine gerechte Welt haben. Wir wollen im Bett frühstücken, aber keine Krümel. Wir wollen Liebe ohne Drama.“
Preisgekrönte Autorin spricht über Hass
Nach ihren Aphorismen bat die Wortakrobatin für den Einstieg um Verzeihung. „Die nächsten zwei Stunden möchte ich über Hass sprechen“, kündigte die preisgekrönte Autorin an und kategorisierte die Hasstiraden, die nicht nur in den sozialen Netzwerken stattfinden. „Frauen, Ausländer und Fremde, und die Eliten da oben sind die Angriffsziele“, unterteilt die Analytikerin.
„Die Leute werden bedroht, beleidig und diskriminiert, und alle fragen sich, was kann man dagegen tun. Doch ich glaube, das ist die falsche Frage. Hass ist Energie, und wir sollten uns fragen, was wir mit der Energie tun und wie wir sie umwandeln können“, so Bosetti.
Shitstorm-Zeilen in romantische Lyrik codiert
„Ich liefere euch auch die Ursprungstexte. Das sind die Radiokolumnen und Fernsehgags, die nach ihrer Ausstrahlung kommentiert werden“, sagt die 37-jährige Mutter, der oft vorgeworfen wird, sexuell nicht ausreichend befriedigt worden zu sein. Sie projiziert die Originaltexte, die vor orthografischen und grammatischen Fehlern nur so wimmeln, an die Wand und codiert heftige Shitstorm-Zeilen in romantische Lyrik um, die ihre Widersacher liebevoll, doch sehr direkt aufklären.
Kontra mit starken Worten
Sarah Bosetti boxt verbal auch äußerst erfolgreich gegen die absurden Argumente der Verschwörungstheoretiker, indem sie kraftvoll formulierte „linke“ und „rechte“ Haken austeilt. Aus ihrer literarischen Halbdistanz landet sie im Ring des Diskurses immer wieder mit starken Worten einen Uppercut, der gesessen hat. „Meinen Ordner für diese Mails habe ich übrigens ‚Gauland’ genannt“, verrät die Künstlerin schmunzelnd, die allen Angreifern den schriftlichen Knockout serviert.
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