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Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann hofft auf Tempo-Limit auf der Autobahn

Aus Rücksicht Fuß vom Gas

Halle (WB). Noch im Januar will sich Anne Rodenbrock-Wesselmann entscheiden: Tritt sie bei der Kommunalwahl noch einmal an als Kandidatin für den Bürgermeisterposten in Halle? Mit 68 Jahren? „Es ist eine Sache der politischen Fairness. Inzwischen machen sich schon viele Gedanken“, weiß die SPD-Frau, die seit fast 18 Jahren an der Spitze der Stadtverwaltung steht.

Klaudia Genuit-Thiessen

‘Seit fast 18 Jahren steht Anne Rodenbrock-Wesselmann an der Spitze der Stadtverwaltung. Noch im Januar will sie entscheiden, ob sie bei der Kommunalwahl im September noch einmal als Bürgermeisterin kandidieren will. Foto: Klaudia Genuit-Thiessen

Die Wirtschaft

Als Chefin im Rathaus hat man derzeit eine Aufgabe in einer äußerst komfortablen Situation, wie Anne Rodenbrock-Wesselmann selbst weiß. Schließlich steht Halle auch wegen des Gewerbesteueraufkommens wirtschaftlich ausgezeichnet da. „Es macht glücklich, weil man etwas gestalten und bearbeiten kann. Es gibt nicht viel, was wir von vornherein ausschließen müssen“, sagt sie mit Blick auf Halles große und kleine erfolgreiche Unternehmen. Viele hätten gedacht, dass die Stadt mit Gerry Weber abstürze. Doch „wir haben es verdauen können. Ich hoffe wirklich, dass die Firma wieder auf gesunde Füße kommt. Derzeit sieht es ja so aus.“

Bei ihren Firmenbesuchen ist die Bürgermeisterin überrascht, wie viele Unternehmen international aufgestellt sind und wo sie investieren. Erfreut ist sie darüber, wie viele sich in der Lindenstadt niederlassen wollen. „Im Ravenna-Park sind fast alle Grundstücke veräußert. Eriks will im ersten Halbjahr starten, und viele kleinere Firmen werden dort demnächst sichtbar werden.“ Weil die Stadt dort auch für die Kommunen Gütersloh und Werther als Teilhaber des Gewerbegebietes tätig sei, schaue man sehr genau hin, wer sich dort niederlassen wolle. Anne Rodenbrock-Wesselmann: „Es geht nicht nur um die Frage, wie viele Arbeitsplätze dort geschaffen werden, sondern auch um die Nachhaltigkeit. Etliche Firmen kriegen Absagen.“ Bei circa 14.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und rund 4000 mehr Ein- als Auspendlern sei das nicht nur eine Frage von Gewerbesteuereinnahmen, sagt sie. Und im Hinblick auf die Storck-Expansion: „Man muss sehen, dass sich hier ein superseriöses und vorausschauendes Unternehmen, das sehr bewusst und nachhaltig agiert, weiterentwickeln will. Der Eingriff in die Landschaft muss natürlich regional- und landesplanerisch gut begleitet werden.“

Der Verkehr

Die Anbindung von Storck an die Westumgehung bewertet die Bürgermeisterin als große Chance. Ebenso wie den A 33-Lückenschluss, der dabei helfe, das Arbeitskräfteproblem zu lösen. „Entweder nutzen die Mitarbeiter in unseren Firmen die schnellen Wege über die Autobahn oder sie finden in Halle eine Bleibe.“ Die Tatsache, dass die Autobahn so nahe an die Stadt gerückt sei – „damals für uns eine mittlere Katastrophe“ – entlaste viele wie an der B 68, die ja nur noch ein Drittel des früheren Verkehrsaufkommens habe. Der durchrauschende Verkehr belaste aber einige andere Haller. „Ich habe totales Verständnis für sie, für die Anwohner der Alleestraße ebenso wie für die Menschen in Hesseln. Ich glaube aber nicht, dass sich die jetzige, vier Meter hohe Wall-/Wandkombination, die ja im Naturschutz begründet ist, für einige hunderttausend Euros aufstocken lässt“, sagt Anne Rodenbrock-Wesselmann.

Sie setzt auf Tempolimits und hofft, dass die Straßenverkehrsbehörde mitspielt. „Was geht, das soll man machen. Ich habe den moralischen Anspruch, dass die Haller, die die Autobahn ertragen müssen, auch etwas zurückbekommen. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind effiziente Mittel gegen die Lärmbelastung. Es muss möglich sein, das Tempo auf der A 33 in Stadtnähe auf 100 zu reduzieren und auf der Alleestraße auf 50. Ich setze auf das Ermessen und auf gelebte und gefahrene Rücksichtnahme.“

Das Prinzip will sie auch für die Alleestraße. Tempo 30 innerorts – „tut das einem weh?“ Bisher seien die Planungen nur vorgestellt, aber noch nicht politisch beraten worden, schränkt sie allerdings ein.

Die alten Häuser

Gleiches gelte für die alten Häuser an der Langen Straße, für die derzeit Expertisen aufgestellt werden. Und die die Stadt ausschließlich aus strategischen Gründen angekauft habe. Anne Wesselmann: „Privat kann man Brandschutzfragen ja ignorieren, aber wenn es um neue Baugenehmigungen geht …. Die Anregung mit einem mobilen Gestaltungsbeirat, einem Zusammenschluss von Fachleuten des LWL hinsichtlich alter Bausubstanz wollen wir aufgreifen. Aber das ist ein Gremium, das Empfehlungen gibt. Die Politik wird entscheiden müssen, wie es weitergehen soll. Es soll auf jeden Fall schön werden, unabhängig von der Frage, ob man jedes Haus erhalten kann. Falls man etwas veräußert, muss klar sein, was dort entstehen soll und wie es aussehen soll.“

Die Sportstadt

“Mein Favorit ist ein Badesee. Das ist mehr als nur eine Badewanne vor der Haustür. Für die Brandheide und das Lindenbad liegen noch keine Machbarkeitsstudien vor. Aber für den See in Sandforth fehlt noch eine Rückmeldung der Eigentümergemeinschaft.“ Sie lehnt es für die Stadt ab, selbst als Betreiber aufzutreten. Aber man könne doch dabei helfen, die Infrastruktur herzustellen.“ „Das kostet alles richtig“, ebenso wie die neue Sportanlage an der Masch. „Eine riesige Sache“, wie die Bürgermeisterin findet. Die Investition in den Sport passe in Zeit und Landschaft.

Der Wohnungsbau

„Das Gelände an der Masch hat ein enormes Potenzial. Weil die Menschen nach Halle drängen und wir dringend Wohnraum brauchen, laufen auch die Planungen für die rechte Herzhälfte der Innenstadt, das Borgers- und das Kaup-Gelände sowie den Sandkamp und an der B 68. Wir haben Druck, weil es so viele Anfragen von Interessenten gibt, auch im Mietwohnungsbau.“ Rund um das Haller Herz sieht Anne Wesselmann auch ästhetische Fragen: „Kann die Stadt Einfluss nehmen, damit in der Innenstadt etwas Schönes entsteht?“

Das Jugendzentrum

Immer schon eine „Herzenssache“ der Bürgermeisterin ist ein Ort für Jugendliche. Den Standort nahe der Sport- und Freizeiteinrichtungen hält sie für ausgezeichnet. Jetzt müsse nur noch die Frage des Architekturbüros geklärt werden. „Sie können es alle“.

Die Antragsflut

„Die Verwaltung entscheidet nichts hinter verschlossenen Türen. Doch je besser es uns geht, desto häufiger werden Klagen und derzeit eine komische Stimmung. Ich wünsche mir, dass wir unsere wunderbare Stadt bewusst erleben und schätzen und einen fairen und offenen Umgang erhalten und ausbauen. Wir haben Menschen, die sich für die Stadt engagieren, und ein Rathaus, das für die Bürger arbeitet. Die Frage ist nur, wie wir die Menschen heute erreichen.“

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