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Zwei Dutzend Vertreter von radikalen Umweltgruppen klettern in Bäume des Waldes der Firma Storck in Halle

Baumbesetzer wollen Fällungen verhindern

Halle (WB)

Mit der Besetzung von Bäumen wollen Aktivisten von „Extinction Rebellion“ kurzfristig die Fällung von Bäumen in Halle bis Ende Februar verhindern. Dadurch kann der Zeitplan des Süßwarenherstellers Storck insbesondere für naturschutzfachliche Maßnahmen bei der geplanten Laibach-Verlegung um bis zu ein Jahr verzögert werden.

Stefan Küppers und Malte Krammenschneider

Ein Mitglied von Extinction Rebellion ist auf eine Plattform aus Holzpaletten in der Baumkrone geklettert und teilt auf Plakaten seine politischen Überzeugungen zum Konflikt um den Storck-Wald mit. Foto: Krammenschneider

Die Besetzer machen ein persönliches Widerstandsrecht geltend. Dass Gegner der Erweiterungsplanung der Firma Storck auch zu rabiateren Methoden greifen würden, um ihren Protest radikaler zu bekunden und weitere Schritte wie das Fällen von Bäumen aktiv zu verhindern, war seit einiger Zeit absehbar. Am Sonntag haben junge Aktivisten von als radikal geltenden Gruppen mehrere Bäume im Storck-Wald besetzt.

Schon zuvor Protestaktionen

Nach der Markierung einer Vielzahl von Bäumen mit Kreuzen entlang des Steinhausener Weges bereits vor einigen Wochen sowie einzelnen Protestaktionen in kommunalen Gremien, die sich mit der Storck-Planung befassten, mehrten sich zuletzt auch bei der Polizei Hinweise auf mögliche Besetzungsaktionen wie sie zuletzt zum Beispiel von Gegnern des Tagebaus im Hambacher Forst bekannt wurden.

Zuwegung mit Bäumen blockiert

Nachdem die Schneemassen der letzten Wochen mit frühlingshaften Temperaturen weitgehend weggeschmolzen sind, waren die äußeren Bedingungen für eine Waldbesetzung deutlich günstiger geworden. Etwa 25 überwiegend junge Männer und Frauen, die sich zu den Gruppen „Extinction Rebellion“ (etwa „Aufstand gegen das Aussterben“) und „Ende Gelände“ zugehörig erklärten, blockierten zunächst die Zufahrten zum Steinhausener Weg, der bekanntlich von der Straße Arrode durch den Wald führt und von der Beschaffenheit eher einem Waldweg gleicht. Dazu rollten die jungen Leute gefällte Baumstämme, die sie dort vorfanden, auf den Weg und bauten darüber hinaus weitere Hindernisse.

Sprecher begründet Besetzungen

Wie das WB am Sonntag beobachten konnte, kletterten die Aktivisten mit Seilzügen über teilweise 20 und 25 Meter Höhe in die Baumkronen von Buchen, um dort mit klassischen Holzpaletten kleine Plattformen zu bauen, auf denen sie offenbar über einen längeren Zeitpunkt ausharren wollen. Gegenüber dem WB äußerte sich als Sprecher Dr. Thomas Müller-Schwefe aus Borgholzhausen, der Mitglied von „Extinction Rebellion“ ist.

Seiner Aussage zufolge wolle man keine Gewalt, aber zivilen Ungehorsam ausüben. Es gehe den Besetzern „um unsere Zukunft und ein Zeichen gegen Rodungen zu setzen.“ Storck sei „nicht unser Gegner“. „Wir kämpfen für das Leben, denn auch bisherige Ausgleichsmaßnahmen haben keine Wirkung gezeigt“, so der Sprecher, der noch hinzufügte: „Wir wollen hier notfalls bis zum 28. Februar ausharren,denn dann dürfen keine Bäume mehr gefällt werden.“

Bach soll bei Verlegung aufgewertet werden

Dieses Datum deutet auf ein Problem hin, das sich dem Unternehmen Storck stellt. Denn insbesondere für die geplante Verlegung des Laibaches müssen aus dem Waldgebiet entlang des Steinhausener Weges bestimmte Bäume entnommen werden. Die Laibach-Verlegung, die in enger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde beim Kreis Gütersloh entwickelt wurde, soll zu einer deutlichen ökologischen Aufwertung des Gewässers führen, das bislang in Teilen verrohrt über das Storck-Gelände geführt wird. Auch sollen künftig Fische wieder in beide Richtungen des Laibaches ohne Durchlasshindernisse schwimmen können.

Bezüglich der Beanspruchung von Waldflächen hatte es im Laufe des Planverfahrens Anpassungen gegeben, durch die geplante Eingriffe in den Wald deutlich verringert werden konnte. Teile der Grünen im Stadtrat und vor allem der BUND hielten ihre Kritik an der Bachverlegung sowie der Erweiterung insgesamt zuletzt jedoch aufrecht.

Aussage: Wer Klimawandel begünstige, töte Menschen

In einer Presseerklärung auf der Online-Seite „Steini bleibt/Storck stoppen jetzt“ haben die Waldbesetzer ihre Sicht des Konfliktes dargestellt. Die Storck-Pläne werden als „Ökozid“ bezeichnet. Unter Ökozid falle jede Handlung, welche auf den Klimawandel und seine Folgen verstärkend wirke und nicht zur Wahrung der Würde des Menschen diene, wird auf der Seite dargelegt. Wer Co2 ausstoße oder anderweitig (Flächenversiegelung) den Klimawandel begünstige, töte Menschen, nicht sofort und vor allem nicht vor Ort, jedoch auf Umwegen, so die Argumentation. „Storck’s Ausbau ist widerrechtlich und wir haben die Pflicht ihn zu stoppen!“, wird abschließend der Begründungszusammenhang für die widerrechtliche Besetzungsaktion dargelegt.

Storck hat Erweiterungsantrag schon vor mehr als drei Jahren gestellt

Die Polizei hielt sich gestern bewusst zurück und beließ es bei Beobachtung der Lage. Das Unternehmen wollte sich am Sonntag zu den Vorgängen nicht äußern. Es ist aber bekannt, dass nach bereits dreieinhalb Jahren Antragsbearbeitung mindestens für die Laibach-Umlegung ein weiteres Jahr Zeitverlust droht, wenn bestimmte und begrenzte Baumfällmaßnahmen erst wieder im kommenden Winter durchgeführt werden können. Bürgermeister Thomas Tappe will ebenfalls die weitere Entwicklung abwarten. „Wir behalten uns allerdings weitere Schritte vor, wenn neue grobe Rechtsverstöße und Straftatbestände auftreten“, sagte Tappe.

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