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Skulptur zu 56. Haller Bach-Tagen eingeweiht: Arabische Kalligraphie auf Altem Friedhof

Friedensbotschaft in Noten und Schrift

Halle (WB). Die Schönheit der Schrift schlägt einen Bogen vom christlichen Glauben zum Islam – jetzt auch im Skulpturenpark auf dem Alten Friedhof in Halle. Dort enthüllten Kirchenmusikdirektor Martin Rieker und der in Pakistan geborene Kalligraphie-Künstler Shahid Alam eine Metallskulptur zu den 56. Haller Bach-Tagen unter dem Motto »In Gottes Namen«.

Klaudia Genuit-Thiessen

Papier, Feder und Tusche – die arabische Kalligraphie ist Shahid Alams künstlerischer Ausdruck. Foto: Klaudia Genuit-Thiessen

Auf einem Notenständer aus Edelstahl ist Bachs Friedensbotschaft aus dem Ende der h-moll-Messe zu lesen: in Notenschrift, in Latein und in arabischer Kalligraphie. Dona nobis pacem bildet die Brücke für einen Dialog zwischen den Religionen und den Kulturen, zwischen Okzident und Orient.

Damit ist der 1828 eingeweihte Alte Friedhof an der Bahnhofstraße als Ausstellungsraum unter freiem Himmel gefüllt. 14 Skulpturen haben dort ihren Platz gefunden: nach dem Kreuz von Johannes Schepp alles Werke, die im Rahmen der Haller Bach-Tage entstanden sind. »Wir wollen den Park nicht überfrachten, sondern den Skulpturen genügend Raum lassen«, sagte Susanne Debour vom Kulturbüro der Stadt. Zu diesem Anlass präsentierte sie eine neue Auflage der Broschüre, die ausführlich die Arbeiten und die Künstler vorstellt.

Schon Goethe liebte die Schönschrift

Auf den 1952 geborenen Künstler Shahid Alam ist Martin Rieker bei einer Ausstellung in Berlin aufmerksam geworden. Dort, wie zuvor schon in der Hauptkirche St. Katharinen in Hamburg, war eine große Skulptur des Künstlers zu sehen: 99 mundgeblasene Glas-Bausteine, denen jeweils Buchstaben zugeordnet waren, die 99 Namens Gottes. Martin Rieker: »Ich war zutiefst beeindruckt. Es war zwingend klar, dass ich in mein letztes Bach-Tage-Thema ›Im Namen Gottes‹ auch den Orient miteinbeziehen musste«. Bekanntlich wollte der Kirchenmusikdirektor und scheidende Kantor bei seinen letzten Bach-Tagen die Weite des Bach-Festes zeigen.

»Arabisch war über 800 Jahre auch in Europa die Schrift der Wissenschaft«, sagte Shahid Alam, der seit 1973 in Deutschland lebt. Der Mann der Schrift aus Pakistan hat Pädagogik, Kunst, Politik- und Euopawissenschaften in Dortmund und Aachen studiert. Mehr als 20 Jahre hat er als Lehrer gearbeitet, seit 1996 ist er freischaffender Künstler.

Schon Goethe habe seinen Tag mit kalligraphischen Übungen begonnen, sagte er gestern. Die Schönschrift mit arabischen Buchstaben betreibt Alam schon seit Kindertagen. »Jedes Wort hat sein Schwergewicht im unteren Bereich und öffnet sich zum Licht hin, nach oben«, erklärt er die Ästhetik der Kalligraphie, zu der er ausschließlich Papier, Tusche und Feder benötigt.

Lyrik künstlerisch umgesetzt

Alam hat Gedichte von Rückert und Hölderlin künstlerisch umgesetzt. Schillers »Freude schöner Götterfunken« gleicht im Buchstaben-Bild einem unter fremden Fahnen dahin ziehenden Segelboot. Alam macht große Dichtung sichtbar, lässt Wort und Bild verschmelzen. 32 Ausstellungen in Kirchen haben seinen arabischen Buchstaben-Verbindungen bereits Raum geboten – auch dem in der christlichen Welt bekannten ökumenischen Friedensgebet. Eine neue Ausstellung seiner Werke wird am 11. Mai im Berlin Bezirk Neukölln eröffnet.

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