Naturschutzverbände lehnen Storcks Wasserrechtsantrag wegen fachlicher Mängel ab
Reicht das Wasser wirklich für alle?
Halle (WB). Wie sich der Klimawandel mit weiteren trockenen Sommern auf das Haller Grundwasser auswirken wird, das weiß noch niemand. „Das ist Spökenkiekerei“, sagt auch Dr. Manfred Dümmer. Der Wasserexperte vom BUND-Landesverband hält den Wasserrechtsantrag der Firma Storck allerdings dennoch für unzureichend. Und nicht nur, weil solch ein ungünstiges Szenario gar nicht erst ins Kalkül gezogen wird. Die Naturschutzverbände fordern aufgrund der großen Bedeutung der Grundwasserentnahme, dass auch die Bezirksregierung Detmold sowie die Untere Wasserbehörde des Kreises Gütersloh, die auch Genehmigungsbehörde ist, schon vor einer Genehmigung in das Verfahren eingebunden werden, quasi ein Scoping-Verfahren.
Zudem müssten Pläne der Technischen Werke Osning berücksichtigt werden und natürlich die öffentliche Wasserversorgung. „Das Modell soll uns sagen, ob das Dargebot überhaupt reicht“, fügt Diplom-Geologe Dr. Dirk Brehm vom Büro für Geohydrologie und Umweltinformationssysteme hinzu. „Es geht nicht darum, etwas zu verhindern, sondern um eine saubere Abarbeitung des Antrages“, betont Hartmut Lüker von der BUND-Kreisgruppe Gütersloh.
Gutachter gegen Gutachter
Bekanntlich will Storck die Deckelung seiner fünf Brunnen aufheben: Krötenbrunnen, Paulinenbrunnen, Pappelbrunnen und andere auf dem Betriebsgelände und an der Holtfelder Straße sollen künftig 450.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr fördern. Zudem soll ein neuer Brunnen 75.000 weitere Kubikmeter liefern und die Tagesspitzen an 20 Tagen im Jahr von 1800 auf 2300 Kubikmeter steigen. Laut Naturschutzverbänden hat Storck zudem einen vorzeitigen Beginn der wasserrechtlichen Erlaubnis beantragt.
Storck-Gutachter Frank Schmidt ist der Meinung, dass genügend Wasser da und zwar in einem tiefer liegenden Stockwerk, das eine Schicht von undurchlässigem Geschiebemergel von dem Grundwasserleiter trennt, aus dem die Vegetation ihren Bedarf zieht. Genau daran macht der BUND allerdings seine Kritik fest. Denn der von Storck beauftragte Hydrogeologen hat für sein Urteil ein zweidimensionales Grundwasserströmungsmodell eingesetzt. Mit diesem könne man jedoch gar nicht korrekt beurteilen, welche Reichweite die Absenkungen durch den Brunnenbetrieb haben. „Die entscheidende Frage ist doch: Woher kommt das Wasser, und gibt es davon genug?“, sagt Hydrogeologe Dr. Dümmer, der bis zum Ruhestand für die Untere Wasserbehörde der Stadt Bielefeld gearbeitet hat. Alle entscheidenden Parameter berücksichtigen, im Gelände darstellen, messen und rechnen: Das Modell des Storck-Fachmanns halten die Verbände in diesem Fall für gänzlich ungeeignet: Es fehlten Aussagen zur Neubildung von Grundwasser und zu den Zuflüssen an den Rändern des Einzugsgebietes oder sie seien fachlich nicht nachzuvollziehen. Wechselwirkungen zwischen den beiden Wasser-Reservoiren würden nicht geklärt.
Veraltetes Modell
Der Untersuchungsraum, über den der Gutachter spreche, umfasse nicht einmal alle Wasserentnehmer, sehen die Hydrogeologen auch die Gefahr einer Förderkonkurrenz: Die Stadt bezieht ihr Trinkwasser bekanntlich aus zwei Wasserwerken: Aber Tatenhausen sei gerade einmal mit abgebildet, das Wasserwerk Bokel an der Kölkebecker Straße werde überhaupt nicht berücksichtigt. Dr. Dümmer: „Hier wurde willkürlich ein Rand gezogen, ohne zu berücksichtigen, was in der Natur passieren kann. “ Das Modell entspreche nicht den einschlägigen Anforderungen nach den anerkannten Regeln der Technik und sei nicht in der Lage, mögliche Folgen für Laibach, Loddenbach und Ruthebach zu beschreiben. Eine „Überstrapazierung“ könne gegebenenfalls auch die Vorfluter trocken fallen lassen. „Vor einer Umlegung des Laibaches sollte ein unabhängiger Gutachter eine Aussage machen“, fordert der BUND und kritisiert weiter, dass die Auswirkungen auf den Wald und die landwirtschaftlichen Flächen nicht bestimmt werden sowie Flächenversiegelungen – beispielsweise durch die Autobahn – nicht berücksichtigt. Die Verbände regen an, gegebenenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung – vor allem im Hinblick auf das FFH-Gebiet – durchzuführen.
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