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Rheda-Wiedenbrück

Fabrikhalle in Rheda geht bei Großbrand in Flammen auf

Rheda-Wiedenbrück

Die Flammen schossen in den Nachthimmel und waren weithin zu sehen. Am Samstagabend ist in Rheda-Wiedenbrück eine alte Lagerhalle abgebrannt.

-ei-

Eine Lagerhalle am Bosfelder Weg in Rheda ist am Samstagabend in Flammen aufgegangen. Mehr als 370 Einsatzkräfte verschiedener Feuerwehen bekämpften den Großbrand.

Ein vernichtender Großbrand hat am Samstagabend eine mehrere tausend Quadratmeter große und mehr als 100 Jahre alte Fabrik- und Lagerhalle zerstört. Mehr als 370 Feuerwehrleute kämpften fieberhaft gegen die Flammen, 60 DRK-Mitarbeiter versorgten sie mit Getränken und Essen. Zwei Familien aus gegenüberliegenden Wohnhäuser mussten evakuiert werden, eine Familie wurde von Mitarbeitern der Stadt in einer Notunterkunft untergebracht.

Meterhohe Flammen schlagen in den Himmel

Um 20.40 Uhr hatte ein Passant eine Rauchentwicklung aus dem Gebäude bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. Sofort wurden die beiden Löschzüge Rheda und Wiedenbrück zu dem Einsatzort, dem ehemaligen Pfleiderer-Gelände, entsandt.

Den Älteren ist das Areal auch als das Firmengrundstück von Nolte-Küchen bekannt. Als die ersten Kräfte am Brandort waren, hatte sich das Feuer bereits durch eine Decke gefressen, Meterhohe Flammen schlugen in den Himmel. Ein (gezielter) Innenangriff war zu diesem frühen Zeitpunkt des Einsatzes schon nicht mehr möglich, zu unsicher war die Statik auch für die zunächst noch nicht betroffenen Gebäudeteile. 

Detonationen schrecken Schaulustige auf

Da sich durch einen Deckeneinsturz bereits eine Öffnung ergeben hatte, wurden bis zu sechs Drehleitern für die Löscharbeiten in Stellung gebracht. Ein riesigen Flammenmeer erhellte den Brandort und wies den anrückenden Feuerwehrleuten schon aus mehreren Kilometern den Weg. Detonationen schreckten zahlreiche Schaulustige auf, die an den Polizeiabsperrungen das ungewöhnliche Spektakel verfolgten. 

Unglücklicherweise waren die Halbschranken am Bahnübergang unmittelbar vor der Einmündung zum Georg-Nolte-Weg geschlossen, weil ein Zugführer aus Richtung Münster kommend aufgrund der in den Himmel schießenden Flammen unmittelbar vor der Straße den Zug abgebremst hatte. Er fuhr dann später weiter, dann öffneten sich auch die Schranken wieder. 

Feuersbrunst kaum in den Griff zu bekommen

Unter der Leitung von Wiedenbrücks Löschzugführer Jürgen Böckmann wurde die Brandbekämpfung organisatorisch in mehrere Abschnitte aufgeteilt, gegen 21 Uhr die Löschzüge Batenhorst und St. Vit und etwa 20 Minuten später auch der Löschzug Lintel alarmiert. Doch diese Feuerbrunst war nicht in den Griff zu bekommen, die intensiven Löschversuche schienen eine eher homöopathische Wirkung zu haben. 

Die Feuerwehrleute waren nicht nur mit der Brandbekämpfung beschäftigt sondern auch damit, das durch Funkenflug nicht noch weitere Brände entstehen. So wurde ein gegenüberliegendes Geschäftsgebäude, in dem auch mehrere Tonnen chemische Reinigungsstoffe lagern sollen, intensiv gekühlt. Im Innenhof waren bereits dort gelagerte Plastikflaschen durch Funkenflug in Brand geraten und mussten abgelöscht werden. 

Umliegende Häuser werden gezielt gekühlt

Am Boesfelder Weg wurden die gegenüber der Halle liegenden Häuser intensiv gekühlt, um hier einen Hitzeüberschlag und damit weitere Brände zu vermeiden Gegen 21.15 Uhr wurden dann auch die ersten auswärtigen Kräfte hinzugezogen, zunächst der Löschzug Herzebrock, gegen 22 Uhr die Löschzüge Rietberg, Neuenkirchen, Gütersloh und Oelde. Weitere Unterstützung kam dann aus Langenberg und Harsewinkel und gegen Mitternacht noch aus Quenhorn, Avenwedde, Verl und Kaunitz. Der Löschzug Neuenkirchen stellte den Grundschutz für mögliche Paralleleinsätze in Rheda-Wiedenbrück sicher, der Löschzug Mastholte für das Rietberger Stadtgebiet.

Über die bekannten Warn-Apps Nina und Katwarn wurde die Bevölkerung auf mögliche Gesundheitsgefahren aufmerksam gemacht. Fenster und Türen sollten geschlossen, Lüftungsanlagen abgestellt werden. Der Rauch zog Richtung Osten über das Stadtgebiet ab. Neugierige wurden aufgefordert wegen der weiter anrückenden Einsatzfahrzeuge das Gebiet zu meiden.

Aus Gullideckeln quillt heißer Dampf

Über Stunden gingen Feuerwalzen durch die riesigen Hallen, riesige Qualmwolken stiegen in den Himmel. Unter anderem soll sich ein mehrere tausend Liter fassender Heizöltank in den Hallen befunden haben. An der Einfahrt auf das Betriebsgelände am Georg-Nolte-Weg zog dann irgendwann eine pechschwarze Wolke in den Himmel, während sich die Flammen immer weiter durch die einzelnen Hallen fraßen. Das hatte schon etwas Apokalyptisches und hätte wohl von keinem noch so guten Drehbuchautor dramatischer geschrieben werden können. Aus den Gullidenkeln quoll der heiße Dampf des Löschwasser auf. Die ersten Giebel stürzten laut krachend ein. 

Gegen Mitternacht traf auch Bürgermeister Theo Mettenborg an der Brandstelle ein, um den ersten auswärtigen Helfern zu danken und sich von Einsatzleiter Jürgen Böckmann aus erster Hand zu informieren. Weil am Boesfelder Weg alle verfügbaren Unterflurhydranten für eine leistungsfähige Wasserversorgung angezapft wurden, sperrten Polizeibeamte die Straße an der Einmündung Herzebrocker Straße. 

Bagger reißt Außenmauern ein

Ferner wurde ein Pendelverkehr eingerichtet, bei dem Tanklöschfahrzeuge das Wasser aus einem anderen Netz nahe der Oelde Straße entnahmen und zu der zweiten Zufahrt nahe des Bahndamms brachten. Dort hatte der Löschzug Quenhorn ein Sammelbecken für 8000 Liter Wasser aufgebaut, die Tankfahrzeuge füllten das Bassin während mit einer Tragkraftspritze (Pumpe) das Wasser an die jeweiligen Abnehmer gepumpt wurde.

In den frühen Morgenstunden wurde ein Bagger eingesetzt, um die Außenmauern einzureißen und ein gezielteres Löschen zu ermöglichen. Nach und nach wurden die Wände eingerissen, so dass gegen 4 Uhr keine offenen Flammen mehr zu sehen waren. Grösster Mieter des Hallenkomplexes war vermutlich ein Möbelhändler, Inhaber sollen Nachfahren des ehemaligen Küchenfabrikanten sein.

Rotes Kreuz versorgt Einsatzkräfte mit Essen und Getränken

Zum zweiten Mal binnen einer Woche wurde die Betreuungskomponente Süd des Deutschen Roten Kreuzes unter Leitung von Christian Schumacher alarmiert, um mehrere hundert Einsatzkräfte der Feuerwehr mit warmen und kalten Getränken sowie Essen zu versorgen. Rund 60 Einsatzkräfte bauten zwei Versorgungsstationen auf, einmal am Rande des Firmengeländes und einmal etwas abgelegen am Seidenstickerhaus. Hier hatte sich zuvor noch ein Bereitstellungsraum für Feuerwehrfahrzeuge befunden, der aber im weiteren Verlauf wieder leer war. 

Die DRK-Mitarbeitenden aus Gütersloh, Schloß-Holte-Stukenbrock, Rietberg oder Versmold konnten bei einer Fleischerei an der Berliner Straße mehr als 300 Würstchen und Schnitzel besorgen, nachdem andere Lieferanten nicht erreichbar waren. Während Schumacher den Einsatz für die DRK-Aktiven leitete, hielt Fachberater Tim Schikora einen kurze Draht zur Feuerwehr-Einsatzleitung. So konnte schnell abgeklopft werden, welcher Bedarf besteht und wie er befriedigt werden kann.

Noch in der Nacht bereiteten die Ehrenamtlichen das Frühstück für die Einsatzkräfte vor, da bereits absehbar war, dass dieser Einsatz noch lange andauern wird. 

Erst am Dienstag hatte ein Großbrand in Steinhagen die Einsatzkräfte gefordert, zwei Einsätze in einer Woche hat es nach Schumachers Erinnerung noch nicht gegeben.

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