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Rheda-Wiedenbrück

Schließung der Realschule eine Option

Rheda-Wiedenbrück (kvs) - Gerät die Rheda-Wiedenbrücker Bildungslandschaft in Teilen aus dem Gleichgewicht? Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls dem Grünen-Ratsherrn Andreas Hahn auf. Er fordert, nach Lösungen zu suchen.

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Für den Standort Wiedenbrück der Gesamtschule wird eine Schieflage erkennbar. Sie lässt sich aus den Anmeldezahlen lesen. Von insgesamt 454 für die Jahrgangsstufe fünf angemeldeten Kindern haben 22 Förderbedarf, 14 davon sollen den Lernort auf der Burg besuchen.

Das differenzierende Bildungswesen konsequent zu einem inklusiven System umformen, trennende Strukturen schrittweise abzubauen und entsprechende Ressourcen in Regelschulen zu schaffen, um dort gute Rahmenbedingungen für alle zu haben: So lautete der Ansatz, der vor wenigen Jahren dem flächendeckenden Aus für die meisten Förderschulen im Land zugrunde lag.

Inklusion läuft nicht rund

Dass der wohlklingende Plan seine Tücken birgt, offenbaren einige Anmeldezahlen für die weiterführenden Lernorte. Grünen-Ratsherr Andreas Hahn war es, der mit einer umfassenden Äußerung dazu während der jüngsten Sitzung des zuständigen Fachausschusses eine kleine Grundsatzdebatte auslöste, die möglicherweise Anstoß zu mehr gewesen ist. So hatte der Kommunalpolitiker darauf hingewiesen, dass von den 53 Mädchen und Jungen, die nach den Sommerferien am Standort Wiedenbrück der Moritz-Fontaine-Gesamtschule (MFG) aufgenommen werden, annähernd ein Drittel besondere Unterstützung benötigt. 14 von ihnen haben sonderpädagogischen Förderbedarf, drei weitere starke Defizite hinsichtlich der deutschen Sprache. Angesichts dieses Missverhältnisses stellt sich Hahn die Frage, wie das funktionieren soll. „Wenn wir das so laufen lassen, droht die Inklusion zu scheitern.“

Um die Situation einordnen zu können, muss man wissen, dass Einstein-Gymnasium und Osterrath-Realschule keine Heranwachsenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen. Bleibt noch das Ratsgymnasium. Von den 81 Viertklässlern, die im August dorthin wechseln, wird allerdings nur ein einziger unter „Gemeinsames Lernen“ geführt. Am MFG-Standort in Rheda sind es immerhin sieben – dort sind allerdings auch 115 Kinder für die Jahrgangsstufe fünf angemeldet worden.

Standort Wiedenbrück als Ersatzhauptschule?

Kurzum: Während die Anmeldezahlen an der Gesamtschule Wiedenbrück im Vergleich zum Vorjahr insgesamt deutlich gesunken sind, steigt der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit dem Anspruch auf besondere Unterstützung gravierend. „Der Standort droht in den Status einer Ersatzhauptschule abzusinken“, befürchtet Hahn. „Das ist ein bisschen viel Gepäck für eine Einrichtung“, ahnt der Grüne. Und es könne nicht genügen, zu sagen, dass die Lehrer das schon irgendwie hinkriegen.

Also mahnt Hahn an, gegenzusteuern. „Ich glaube, es würde helfen, wenn die Verwaltung alle Optionen ergebnisoffen durchspielen würde.“ Dazu gehöre auch die Auflösung der Osterrath-Realschule.

Komplexes Themenfeld

Gemeinsames Lernen sei ein komplexes Themenfeld allein schon ob der verschiedenen Zuständigkeiten und Akteure, gab der Erste Beigeordnete Dr. Georg Robra während der jüngsten Sitzung des Schulausschusses zu bedenken. Natürlich könne sich die Stadt zurücklehnen, weil sie zunächst einmal nur für die Infrastruktur zuständig sei. Aber: Ein guter Träger und eine verantwortungsvolle Politik blickten auch über den Tellerrand hinaus, meint er. Man habe einen langen Entwicklungsprozess hinter sich, was die Bildungsstätten angehe, rief Robra in Erinnerung. Immer noch gebe es zu wenige Lehrer, vor allem solche mit sonderpädagogischen Qualifikationen. Überdies ändere sich das System Familie gravierend und erhöhe die Pandemie den Förderbedarf unter Heranwachsenden. „Es vor diesem Hintergrund ausschließlich auf eine Schulformdebatte zu reduzieren, ist mir zu wenig.“ Stattdessen müsse ein Ansatz sein, Schüler und deren Eltern stärker denn je in Kommunikationsprozesse einzubeziehen.

„Am Elternwillen vorbei“

„Jetzt zu sagen: ‚Wir machen die Realschule dicht‘, geht am Elternwillen vorbei“, meinte CDU-Ratsherr Uwe Henkenjohann. „Jede Schulform hat ihre Berechtigung“, stellte Sylvia Peto als neue Leiterin der Moritz-Fontaine-Gesamtschule heraus. „Das Problem ist nicht so extrem wie man es lesen könnte“, sagte sie. An der Qualität des Tuns hegte keine der Fraktionen einen Zweifel. „Wir sollten die Gesamtschule nicht so schlechtreden“, forderte beispielsweise Ralf Harz (CDU). Brigitte Frisch-Linnhoff (sachkundige Bürgerin, SPD) unterstrich: „Dort wird außerordentlich gute sonderpädagogische Arbeit geleistet.“

Grünen-Ratsherr Andreas Hahn, der die Diskussion angestoßen hatte, stellte klar: „Ich habe die Schule nicht schlechtgeredet. Sie braucht Hilfe. Ich habe auch nicht gesagt, dass die Realschule weg muss. Ich würde es dennoch als sinnvoll erachten, wenn die Verwaltung alle Optionen ergebnisoffen prüft. Und der Appell, dass dieses Gremium an dem Thema dranbleiben sollte, ist auch meine Intention.“

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