Rheda-Wiedenbrück
Vergleichsweise hohe Coronabelastung
Rheda-Wiedenbrück (kaw) - Die besonderen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie haben das vergangene Jahr im St.-Vinzenz-Hospital bestimmt. Und das Virus wird die medizinische Einrichtung an der Rietberger Straße in Wiedenbrück wohl weiter in Schach halten.
„Wir werden bis weit in die zweite Jahreshälfte eine Isolierstation brauchen.“ Diese Vermutung äußerte Chefarzt Dr. Rainer Schnippe am Freitag anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts 2020. Darin heißt es über die Klinik für Allgemeine Innere Medizin am Vinzenz unter Leitung Schnippes und Dr. Daniel Winters, sie „dürfte die in Relation zu ihrer Größe wohl am stärksten von der Coronapandemie betroffene Klinik in unserer Region darstellen“. Laut Dr. Georg Rüter, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung Ostwestfalen (KHO), dem Verbund gehören mit dem St.-Vinzenz-Hospital in Wiedenbrück insgesamt drei Krankenhäuser an, wurden am Vinzenz pro Bett 1,4 Covid-Patienten behandelt. Das seien mehr als doppelt so viele wie im OWL-Schnitt.
Zwischen Weihnachten und Dreikönige Spitze erreicht
Er nannte im Pressegespräch zwei wesentliche Gründe: „Unter anderem lag es an der Coronawelle durch Tönnies.“ Zudem habe das St.-Vinzenz-Hospital Covid-Patienten übernehmen müssen, als vorübergehend für das Klinikum Gütersloh wegen eines Ausbruchs eine behördlich verfügte Schließung gegolten habe. Dieses Ereignis lag zeitlich nah an der dritten Pandemiewelle, die von November bis Februar gedauert habe. Zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag sei der Höhepunkt an Coronafällen erreicht worden, blickte Rüter zurück. Die Stationen 4 und 5 mussten zum Teil für die Covid-Versorgung blockiert werden. Schnippe: „Eine komplette Etage war über Weihnachten und Neujahr praktisch eine Isolierstation.“ Die erste Welle ereilte die medizinische Einrichtung kurz vor Ostern, im Juni folgte eine weitere durch den Ausbruch des Infektionsgeschehens im Tönnies-Fleischwerk. Laut Dr. Rüter lag der Höchststand an Coronapatienten bei 25 Personen. Er betonte: „Vor Ort war immer die Versorgung sichergestellt.“
Stand Freitag würden im Wiedenbrücker Krankenhaus, das über 147 Planbetten verfügt, drei Covid-Patienten behandelt, was einem Anteil von 2,04 Prozent entspreche. Von ihnen liege niemand auf der Intensivstation, und keiner müsse beatmet werden. Wohin die Reise geht, lässt sich laut Dr. Schnippe schwer sagen. Die Mutationen stellten die größte Unsicherheit dar. Jede Neuinfektion werde auf ihren Typ hin getestet. Sowohl die südafrikanische als auch die britische seien schon festgestellt worden, wobei die britische die stärker vertretene der Varianten sei. Betroffene Patienten würden getrennt isoliert.
Mitarbeiter vollbringen Höchstleistungen
Dass die Pandemie im Wiedenbrücker Krankenhaus so wie bisher habe gemeistert werden können, kommt nach Ansicht des Geschäftsführers Dr. Rüter nicht von ungefähr. Er nannte als Faktoren ein Hygienemanagement, dem bereits seit Jahren große Aufmerksamkeit zukomme. Zudem sei ein Krisenstab bestehend aus leitenden Mitarbeitern des Pflegedienstes, des Chefarztkollegiums, des Hygienemanagements und der Unternehmensleitung ins Leben gerufen worden. Er hob dabei das Tagen in kurzen Abständen hervor, sowie eine intensive Informationspolitik innerhalb des Hauses. Der Stab habe jeweils rasch mit zahlreichen Coronainfos in Form von Newslettern sämtliche Mitarbeiter „über die aktuelle Pandemielage, besondere Vorkommnisse, gesetzliche Regelungen und nicht zuletzt Handlungsempfehlungen und -anweisungen“ informiert. Hervorgehoben wurde insbesondere die Leistung der 333 Mitarbeiter: „Wir sind beeindruckt und dankbar, wie loyal und konstruktiv unsere Mitarbeiter alle Belastungen getragen haben und bei noch so plötzlich auftretenden Ereignissen besonnen und im Dienste des Gesamtunternehmens sowie der Patienten gehandelt haben“, unterstrich Pflegedienstleiter Siegmund Neu. Er sprach mit Blick auf die Arbeit auf der Intensivstation von „Schwerstarbeit in Schutzanzügen“ und „Höchstleistungen“, die vollbracht worden seien.
Ehrenamtliche Dolmetscherdienste helfen bei Tönnies-Ausbruch
Als zusätzlich wertvoll hob Dr. Rüter das ehrenamtliche Engagement der eigenen Mitarbeiter mit rumänischem oder polnischem Migrationshintergrund als Dolmetscher hervor. „Ohne sie hätten wir das Übersetzungsproblem während des Tönnies-Ausbruchs nicht geschafft.“ Die Zahl der Mitarbeiter ist laut Dr. Rüter an allen drei KHO-Standorten weiter ausgebaut worden. Mit 1678 Mitarbeitern sei der Rekordwert des Vorjahres deutlich überboten worden. Der Zuwachs im St.-Vinzenz-Hospital betrage fünf Prozent. Zum Thema Fachkräfte sagte Rüter: „Wir haben immer über Bedarf ausgebildet, das hat sich bewährt.“ Wie Pflegedienstleiter Neu informierte, werde etwa seit dem vorigen Frühjahr die neue generalisierte Pflegeausbildung angeboten. Dieses Jahr haben die Mitarbeiter die Möglichkeit zur Impfung bekommen. Sie nutzen diese offenbar gut. „Die Impfbereitschaft ist hoch. Ich denke, wir kriegen eine Herdenimmunität hin“, sagte Dr. Schnippe bezüglich des St.-Vinzenz-Personals.
Behandlungen nicht unnötig verschieben
„Testen, testen, testen“ sei ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts, das das St.-Vinzenz-Hospital verfolge, unterstrich Siegmund Neu. Beispielsweise sei dies im Vorfeld geplanter Eingriffe üblich. Denn auch die seien laut Dr. Schnippe nicht aus dem Blick zu verlieren. „Es gibt immer auch Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Tumorpatienten, die darf man nicht vergessen“, sagte er. Er wie auch Dr. Rüter warnten davor, sich aus Sorge vor einer Coronaansteckung bei notwendiger Behandlung nicht ins Krankenhaus zu begeben.
Geriatrie-Station ausgebaut
Den Schwerpunkt der Investitionen des Hospitals an der Rietberger Straße bildete voriges Jahr der Ausbau der neuen Geriatrie-Station, die größer wurde und neue Behandlungs- und Aufenthaltsräumen erhielt (Diese Zeitung berichtete). Dieser Behandlungsschwerpunkt wird mit dem neuen Chefarzt Dr. Stephan Held seit diesem Januar und Oberärztin Elena Siemens seit Oktober 2020 verantwortet. Nach eigenen Angaben ging im Wiedenbrücker Krankenhaus die Zahl der stationär behandelten Patienten zurück. Dabei sei gleichzeitig die durchschnittliche Behandlungsschwere gestiegen, sodass die effektive Leistung (im diagnosebezogenen Diagnosis Related Groups-System gemessen in sogenannten Case-Mix-Punkten) um zehn Prozent gesunken sei. Kaufmännischer Leiter Wolfgang Bien lobte die von Bund und Land beschlossenen unbürokratischen finanziellen Unterstützungen. Er machte aber auch deutlich, dass das Jahr 2021 ohne Unterstützung schwer werde. KHO-Geschäftsführer Dr. Rüter äußerte die Hoffnung, dass der Bund die Pandemiezeit mit Leistungen überbrückt. Gegenwärtig baue man noch auf vorhandene Substanz.
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