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Rietberg

Lautstarker Protest gegen Corona-Regeln

Rietberg (sud) - Am Tag, als Rietberg die kreisweite Inzidenzwert-Statistik nach Harsewinkel und Langenberg anführt, protestieren mehrere hundert Menschen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen und die damit verbundene Einschränkung der Grundrechte. Veranstalter Alexander Worsley zeigt sich zufrieden.

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Mehrere hundert Gegner von Maskenpflicht, Lockdown und Co. marschierten am Montagabend durch die Rietberger Innenstadt. Die Demo führte auch am Päusken vorbei. Dessen behördliche Schließung hatte zuletzt hohe Wellen geschlagen.

530 Teilnehmer sind es seinen Angaben zufolge, die sich am Montagabend auf dem Parkplatz des Rietberger Schulzentrums am Torfweg versammeln. Von dort nimmt der Tross seinen Weg durch die Stadt. Über die Bleiche, die Mühlen- und die Emsstraße über die Rathausstraße. Dabei war ursprünglich ein anderer Streckenverlauf angemeldet gewesen. Auf der geänderten Route liegt auch das Päusken. Jenes Café, das mit der rechtswidrigen Öffnung seines Biergartens am 1. April bundesweit Schlagzeilen machte – und auch als Auslöser für den sogenannten Lichtermarsch gilt.

Kritik an Maskenpflicht

Dass der Protestmarsch vor allem als Solidaritätsbekundung für von dauerhaften Zwangsschließungen gebeutelte Gastwirte angekündigt war, gerät am Montag in den Hintergrund. In den Wortbeiträgen der Redner vor Beginn und am Ende des Umzugs dominieren andere Themen: die Maskenpflicht und die Einschränkungen des täglichen Lebens, die die Corona-Schutzmaßnahmen mit sich bringen.

Angemeldet hat die Veranstaltung der Rietberger Alexander Worsley. Der 35-jährige ehemalige Soldat sagt, dass er beim Bund einen Eid geschworen habe, das Volk vor Schaden zu bewahren. In dieser Tradition sieht er die Kundgebung am Montag. Es gehe um den Schutz der Freiheit, die Wiederherstellung der in der Verfassung verbrieften Grundrechte.

Titanic, Martin Luther King und das Römische Reich

Wenn Worsley an die gegenwärtigen Einschränkungen denkt, dann kommen ihm nach eigenem Bekunden drei Dinge in den Sinn: der Untergang der Titanic, der Niedergang des Römischen Reichs und Martin Luther King. Der versunkene Luxusdampfer deshalb, weil Deutschland unter den aktuellen Corona-Verordnungen einer Katastrophe entgegensteuere. Das alte Rom, weil dort ein Sklavenaufstand zum Ende des Systems geführt habe, und der US-amerikanische farbige Freiheitskämpfer, weil er für gegenseitiges Zuhören und Zusammenhalt gestanden habe.

Zu einem Austausch der Argumente gerät die Veranstaltung dann tatsächlich: Vor allem jener, die zur Verharmlosung der gegenwärtigen Pandemie („die gibt es gar nicht mehr“) und zur Infragestellung der Schutzmaßnahmen geeignet sind.

Seichte Musik und harte Töne

Beschwingte Stimmung und seichte Musik: Zeitweise erinnert der etwa 45-minütige Marsch durch die Stadt an ausgelassene Kundgebungen von Spät-68ern. Zwischendurch gibt es aber auch härtere Töne: Nicht nur aus den mitgeführten Beatboxen, sondern auch aus den Kehlen einiger Teilnehmer. Unterm Strich bleibt die Lage aber entspannt.

„Wir werden für dumm verkauft“

Nach der Rückkehr zum Parkplatz des Schulzentrums wird indes Tacheles geredet. Jetzt bekommen von Veranstalter Alexander Worsley einzelne Teilnehmer das Mikrofon in die Hand gedrückt – auch Jugendliche. Die erwachsenen Redner entpuppen sich zumeist als Organisatoren ähnlicher Protestveranstaltungen in anderen Städten der Region. „Wir alle werden für dumm verkauft“, skandiert einer von ihnen. Seine Kritik richtet sich gegen die Bundesregierung, „das Verbrecherregime“. Die Stimmung im Land kippe zugunsten der Corona-Kritiker sagt er, auch bei Polizei und Behörden: „Die Hälfte der Uniformträger ist im Herzen schon auf unserer Seite.“

FFP2-Masken? Die braucht es nicht, gibt sich der Mann überzeugt. Die Menge jubelt. „Die könnt ihr wegschmeißen, die bringen nichts“, sagt er. Auch Trudi, die nach eigenem Bekunden in Schloß Holte Kundgebungen wie die in Rietberg organisiert, ist sich sicher: „Die Masken tun uns nicht gut.“ Sie besitze inzwischen ein Attest, das sie vom Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung befreie.

Ärztliches Attest in der Tasche

Das haben andere Teilnehmer offenbar auch. Immer wieder fallen beim Blick in die Menge Menschen ohne Masken auf. Das Rietberger Ordnungsamt kontrolliert. Die meisten können ebenso wie Trudi eine ärztliche Bescheinigung vorweisen. Zwischendurch kommen die zu Wort, um die es eigentlich gehen soll: Eine Gastwirtin aus Verl, die vorm Ruin steht, oder Kai aus Rietberg, der seine neue Kletterhalle coronabedingt bislang kaum öffnen durfte und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält.

Wie sie die Veranstaltung findet, sagt Päusken-Inhaberin Sabine Goller im Gespräch mit der „Glocke“: „Wir wollen mit dem Lichtergang Vernetzung bewegen, dass man sich gegenseitig unterstützt. In der Öffentlichkeit ist es ja schwierig, etwas zu sagen, ohne in eine Ecke gestellt zu werden.“

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