Im Caritas-Seniorencentrum St. Johannes sind Bewohner und Mitarbeiter gegen das Coronavirus geimpft worden
Pieks und – „mehr ist das nicht?“
Schloß Holte-Stuk...
„Mehr ist das nicht?“ Adelheid Mertens (77) ist eine der ersten Bewohner des Caritas-Seniorencentrums St. Johannes Stukenbrock, die am Mittwoch die Corona-Schutzimpfung erhalten haben.
Weil sie dabei fotografiert wird, hat sie sich mehr auf die Fotografen als auf die Spritze konzentriert, die ihr Dr. Alfred Stroband in den linken Oberarm gesetzt hat. „Ich habe den Einstich gar nicht gemerkt“, sagt sie eine Minute später.
Mehr als 90 der 121 Bewohner und 40 Mitarbeiter haben der Betriebsarzt des Seniorencentrums und seine Frau Dr. Silvia Stroband am Mittwoch geimpft – unterstützt vom Team des Seniorencentrums.
Nach der Impfung soll Adelheid Mertens eine halbe Stunde ruhen. In der Zeit sind die Pflegekräfte besonders aufmerksam. „Ich lege mich ein bisschen hin“, sagt Adelheid Mertens. „Ich fühle mich beruhigt. Dreimal wurde ich auf Corona getestet. Wer sich nicht impfen lässt, darf nicht über Einschränkungen meckern.“ Adelheid Mertens lebt seit vier Jahren im Seniorencentrum und engagiert sich im Bewohner-Beirat, der Anregungen gibt, was im Haus noch verbessert werden könnte.
Dr. Alfred Stroband zieht mit Bereichsleiter Florian Osterloh weiter zur nächsten Impfung. Vorbereitet werden die Spritzen im Gymnastik- und Therapieraum unter schärfsten hygienischen Bedingungen. 135 Impfdosen hat Einrichtungsleiter Bernd Zilger bestellt. Das sind 27 Fläschchen, in denen fünf Portionen sind, die im Therapieraum mit Hilfe einer examinierten Krankenschwester, Martina Goldbeck (leitet die Tagespflege) aufgezogen werden. Hilfe leisten im Impfteam die Bereichsleiter Florian Osterloh und Karin Wagner.
Anke Heiden, Leiterin des Sozialen Dienstes im Seniorencentrum, hat offenbar die ruhigste Hand und holt immer nur zwei Fläschchen, um die im Therapieraum vorbereiten zu lassen. Wenn sie aus dem Kühlschrank genommen worden sind, müssen sie schnell verarbeitet werden. Um den Impfstoff mit Kochsalzlösung zu mischen, behandeln die Mitarbeiter den Wirkstoff der Firma Biontech wie ein rohes Ei. Beim Mischen wird der Stoff nicht geschüttelt, sondern langsam hin- und herbewegt. Die Chargennummer wird notiert und im Impfnachweis eingetragen.
Der Impfstoff lagert in einem Kühlschrank, wo er bei 2 bis 8 Grad Celsius fünf Tage haltbar ist. Angeliefert wurde er am Dienstag. Der Kühlschrank steht in einem geheim gehaltenen Raum. Der ist videoüberwacht. Den Schlüssel haben nur zwei Personen. Die Temperatur des Inneren des Kühlschranks wird über ein Außenthermometer angezeigt und aufgezeichnet. „Wir wollen jedes Risiko ausschließen“, sagt Bernd Zilger. Er hat sich lange Gedanken darüber gemacht und Informationen eingeholt, wie der Impfstoff gelagert werden muss. Dass es ein einfacher Kühlschrank tut, hat ihn dann überrascht.
„Das ist ein gutes Gefühl, dass die Impfungen losgehen“, sagt Dr. Alfred Stroband. Der Arzt (68) aus Bad Lippspringe hat bis zu seiner Pensionierung im Zentrum für Arbeitsmedizin in Bethel gearbeitet und kümmert sich als Betriebsarzt des Caritas-Seniorencentrums St. Johannes um die Mitarbeiter bei Einstellungsuntersuchungen, macht die Hepatitis-B-Impfkampagnen und berät das Seniorencentrum in Fragen des Arbeitsschutzes. Er selbst, so sagt er, sei gegen die Corona-Impfpflicht. „Das ist eine höchst persönliche Entscheidung.“ Allerdings spreche er sich fürs Impfen aus. „Meine Tochter und mein Schwiegersohn arbeiten an der Heidelberger Uniklinik, die Intensivbetten freihalten für Corona-Patienten. Die wissen, was passiert, wenn die Kapazitäten nicht ausreichen.“
Die Nachricht, dass das Caritas-Seniorencentrum St. Johannes eine der ersten Einrichtungen sein wird, in denen geimpft wird, hat Bernd Zilger am 18. Dezember, kurz vor Weihnachten, erreicht. Als erster Termin wurde der erste Weihnachtstag avisiert. „Wir mussten die Bewohner und die Angehörigen informieren. Jeder, der geimpft werden will, muss eine Einverständniserklärung unterschreiben. Die musste bis zum 22. Dezember zurück geschickt worden sein.“ Da der Kreis Gütersloh aber nur 180 Impfdosen in der ersten Lieferung bekommen hat, musste der Termin verschoben werden. „Über die Weihnachtstage habe ich mit dem Impfzentrum Gütersloh und der Kassenärztlichen Vereinigung Dortmund hin und her telefoniert. Dann gab es noch Missverständnisse, eine Mail wurde doppelt gewertet, sodass zwei Feuerwehrleute des Kreises Gütersloh am Dienstag nicht nur die 27 Fläschchen à fünf Impfdosen, sondern noch weitere 48 Fläschchen (240 Impfdosen) lieferten, die sie gleich wieder in der Kühlbox mitnehmen mussten. Auch ein Karton mit Kanülen und Zubehör war eigentlich an eine Einrichtung im Rheinland adressiert. „Das wurde wieder abgeholt.“ Viel zu organisieren also.
Während die Bewohner auf ihren Zimmern geimpft werden, nutzten die Mitarbeiter am Nachmittag die Räume der Tagespflege, die zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen ist. Das Angebot, sich impfen zu lassen, gilt auch für die Mieter des Betreuten Wohnens. Zwölf von 18 Mietern lassen sich impfen. Die Tochter einer Bewohnerin, Anette Moriba, bot sich an, Kaffee zu servieren.
„Ich lege Wert darauf, die Angehörigen zu informieren, bevor etwas in der Zeitung steht“, sagt Bernd Zilger. So wissen auch alle, dass die Impfung nach 21 Tagen wiederholt werden muss und der Impfschutz erst sieben Tage nach der zweiten Impfung besteht. Trotzdem bleiben die Hygieneregeln im Seniorencentrum bestehen. Das heißt: Besucher müssen eine FFP2-Maske tragen, sich am Empfang eintragen, Fieber messen lassen, die Hände desinfizieren. „Von Angehörigen gibt es nur positive Rückmeldungen“, sagt Zilger.
Bernd Zilger hält es für eine große Chance, dass die Bewohner zu den ersten Geimpften gehören. „Wir wissen nicht, ob und wann wir diese Chance wieder erhalten.“ Denn: In 21 Tagen werden nur die erneut geimpft, die bereits die erste Impfung hinter sich haben. Nach heutigem Informationsstand wird es dann keine Erstimpfungen geben.
Für nicht optimal hält Zilger, dass die Aufklärung über die Corona-Impfung unzureichend ist. „Es sind auch viele Gerüchte in Umlauf, wie zum Beispiel der Vergleich mit dem Mittel Contergan, die Unsicherheit schüren. Dazu kommt die Allergie-Diskussion. Wer allergisch gegen Bienen- oder Wespenstich ist, sollte sich mit seinem Arzt beraten.“
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