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Kriminalpolizei ermittelt nach Feuer bei Firma Bestpool  - Bahnhof gesperrt, Kita und Grundschule geschlossen

Millionenschaden und vier Verletzte nach Großbrand in Steinhagen

Steinhagen

Nach dem Großbrand bei der Firma Bestpool in Steinhagen am Dienstagabend (7. Februar) ermittelt die Kriminalpolizei.  Vier Menschen sind bei dem Feuer verletzt worden, es ist ein Millionenschaden entstanden. 

Bis in die frühen Morgenstunden war die Feuerwehr im Einsatz. Die Flammen haben weite Teile der Hallen zerstört.

Etwa 200 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und Hilfsorganisationen waren vor Ort. In den Hallen waren 50 Tonnen Chlortabletten gelagert, durch ihre Verbrennung hatte sich Chlorgase gebildet, eine Gefahr für die Gesundheit besteht offenbar nicht.

Wie die Beamten am Mittwochmorgen mitteilten, sollten Anwohner Fenster und Türen aber weiterhin geschlossen halten. In den sozialen Netzwerken machten am Mittwochmorgen Fotos von dem weißen Pulver auf Dachfenstern und Autos die Runde.  Die Behörden raten: „Fassen Sie das Granulat nicht an!“

Schulen und Kitas teils geschlossen

Die Löscharbeiten sind unterdessen beendet worden. Eine Ausdehnung des Feuers auf umliegende Lagerhallen wurde verhindert, die Feuerwehr ist noch mit Nachlöscharbeiten vor Ort betraut.

Kriminalbeamte der Kreispolizeibehörde Gütersloh haben die Ermittlungen zur genauen Brandursache übernommen. Der Brandort ist beschlagnahmt worden. Wegen der Hitzeentwicklung und akuter Einsturzgefahr kann das Gebäude nicht betreten werden. 

Zunächst war nach Angaben von Anwohnern am Dienstag gegen 18.30 Uhr eine Detonation zu hören gewesen. Eine riesige Stichflamme schoss in die Höhe, eine schwarze Wolke stieg auf und breitete sich aus.  Die Wolke soll bis Herford zu sehen gewesen sein. Ein Nachbar, der in 500 Metern Entfernung von der Firma wohnt, berichtete von weiteren Explosionen und betätigte den Notruf - wie viele weitere Anwohner.

Die drei Löschzüge der Gemeinde Steinhagen waren die ersten vor Ort. Zahlreiche Einsatzkräfte von außerhalb folgten. Unter anderem versuchte man mit zwei Drehleitern, eine aus Halle, den Brand auch von oben zu bekämpfen.  "Das Feuer ist noch nicht gelöscht", sagte Marc Berkenkötter, Sprecher der Feuerwehren im Kreis Gütersloh gegen 23 Uhr. 

Wie Berkenkötter weiter berichtete, sind die Produktionshallen der Firma in drei Abschnitte unterteilt. Von diesen drei Gebäudeteilen sind zwei komplett ausgebrannt und eingestürzt. "Die dritte Halle ist durch eine noch intakte Brandwand geschützt, die wir zu halten versuchen", sagte Marc Berkenkötter am Abend dem WESTFALEN-BLATT. Denn hinter dieser Wand lagern etliche Tonnen Säure und Laugen. Mit der Drohne beobachtete die Feuerwehr, wie sich das Feuer weiter ausdehnte. 

Ein Anlieger, ein Feuerwehrmann und zwei Rettungskräfte werden verletzt

Ein Mann, der sich in der Nähe der Einsatzstelle Verletzungen zugezogen hatte, ist im Krankenhaus Halle behandelt worden. Laut Polizeisprecher Kohnert war es im Zusammenhang mit dem Brand der Firma zum Brand eines Pkw gekommen. Zwei Rettungskräfte verletzten sich zudem bei dem Versuch, ihm zu helfen.  Die Polizei berichtet von insgesamt vier Verletzten -  dem Anlieger, einem Feuerwehrmann und zwei Rettungssanitätern.

Etwa 50 Tonnen Chlortabletten waren in den Hallen gelagert

In den beiden abgebrannten Hallenteilen waren etwa 50 Tonnen an Chlortabletten gelagert. "Diese sind zum Teil mit verbrannt, so dass sich Chlorgas entwickelt hat, oder sie sind als Chlorgranulat nach draußen geschleudert worden, so dass wir nun verhindern müssen, dass sie in der Luftfeuchtigkeit reagieren", so Berkenkötter.

Polizei-Pressesprecher Mark Kohnert sagte: "Wir gehen davon aus, dass giftige Stoffe in der Luft sind, die sich auch als Partikel niederschlagen können." Die Warn-App Nina war zunächst auf einen fünf Kilometer großen Radius definiert worden, in dem sich niemand draußen aufhalten und die Bevölkerung Fenster und Türen geschlossen halten sollte. Im Laufe des Abends wurde der Warnradius auf 20 Kilometer erweitert.

In diesem Gebiet sind Ausflockungen des chemischen Stoffes Calciumhypochlorit heruntergekommen. Es bestehe aber keine akute Gefährdung der Atemwege, heißt es nach der nächtlichen Begehung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Foto: Gemeinde Steinhagen

Dieser Radius wird auch am Mittwoch erst einmal gehalten. Anrufe am Dienstagabend von Schulen und Kindergärten, ob ein Betrieb am Mittwoch möglich sei, konnte die Feuerwehr mit Hinweis auf laufende Luft- und Bodenmessungen durch das Landesumweltamt zunächst noch nicht beantworten. Parallel pumpte eine Fachfirma kontaminiertes Löschwasser aus der Kanalisation ab. 

Mittlerweile liegt das Ergebnis der Untersuchung vor:

Demnach besteht keine akute Gefährdung der Atemwege. Allerdings sind Ausflockungen des chemischen Stoffes Calciumhypochlorit im betroffenen Gebiet (siehe Karte) vorhanden. Es handelt sich hierbei um einen alkalischen Stoff, der in Form feiner Granulatkugeln auftritt. Dadurch ist er recht gut vom aufgrund der Witterung aufgebrachten Streusalz zu unterscheiden.

Das LANV rät:

  • Das Granulat sollte nicht angefasst werden
  • Kontakt zu Schleimhäuten ist zu vermeiden
  • Das Granulat kann trocken aufgenommen und im Restmüll entsorgt werden. Alternativ kann es mit reichlich Wasser abgespült werden. Bei der Entfernung wird empfohlen Schutzmasken, Handschuhe und entsprechendes Schuhwerk zu tragen.
  • Es sollte nicht  in die Wohnräume getragebn werden.
  • Freilaufende Haustiere sollten nach Möglichkeit in der Wohnung bleiben. Sofern ein Kontakt bereits erfolgt oder notwendig ist, sollten die Pfoten mit Wasser gereinigt werden.
  • Auflagerungen von Granulat auf Kraftfahrzeugen sollten aus versicherungstechnischen Gründen dokumentiert werden. Laut LANUV ist eine Reinigung in einer üblichen Autowaschanlage möglich.

Das genaue Ausmaß der Schäden ist noch nicht absehbar. 30 bis 40 Einsatzkräfte aus der ersten Phase des Brandes mussten im Verlauf des Abends durch eine Dekontaminationsschleuse gehen. "Wir wissen nicht, ob sie kontaminiert sind. Sie werden auch noch untersucht", so Feuerwehr-Sprecher Berkenkötter am Abend.

Polizei sucht
nach Zeugen

 Der Kreis Gütersloh hat am Abend eine Betreuung für 200 Personen auf einem Gelände in der Nähe eingerichtet. Die Feuerwehr hat das sogenannte MANV-10-Konzept - für einen Massenanfall von zehn Verletzten und mehr - ausgelöst.

"Die Lage ist nach wie vor dynamisch", sagte Mark Kohnert am späten Abend. Sein Kollege von der Feuerwehr, Marc Berkenkötter, sagte: "Es ist immer noch ein größerer Einsatz."

🎥 Feuerwehrsprecher Michael Schnatmann zum Großbrand in Steinhagen - zum Abspielen auf den Play-Button drücken ▶️ :

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