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Von Steinhagen nach Schweden: Kfz-Azubis nutzen Pilotprojekt

Wo alles etwas entspannter läuft

Steinhagen (WB). Wie arbeitet und lebt es sich in Schweden? Diese Erfahrung konnten jetzt Marc Rauer (20) und Felix Eickmeyer (25) machen. Die angehenden Kfz-Mechatroniker verbrachten zwei Wochen in Uppsala – ein Pilotprojekt von Kfz-Verband und Handwerkskammer.

Volker Hagemann

Felix Eickmeyer (links) und Marc Rauer nach ihrer Rückkehr. Der 20 Jahre alte Toyota Corolla spulte in den zwei Wochen mehrere tausend Kilometer ab. Foto: Volker Hagemann

Ihr Steinhagener Chef, Kfz-Meister Frank Ackermann, nimmt es mit Humor, wenn die Auszubildenden sagen: „Es ist ein entspannteres Arbeiten in schwedischen Autowerkstätten.“ Ein gutes Arbeitsklima, das hätten sie auch bei ihrem Steinhagener Arbeitgeber „Die Werkstatt“ , betonen beide den Spaß an ihrer Arbeit an alten und neuen Autos. Doch in Schweden liefen die Uhren eben ein wenig anders, vielleicht ein bisschen gemütlicher.

Rebecca Hof, Handwerkskammer Düsseldorf

Das berichten sie jedenfalls von ihren Gast-Werkstätten, in denen sie vom 8. bis 21. März gearbeitet haben. Zustande gekommen ist diese zweiwöchige Qualifizierungsmaßnahme jetzt erstmals auf Initiative des Kfz-Verbands NRW in Kooperation mit der Handwerkskammer Düsseldorf. „Wir haben mehrere Betriebe in NRW angeschrieben. Außer Frank Ackermanns Werkstatt kamen nur eine Handvoll weiterer Betriebe in diesen Genuss eines Stipendiums“, berichtet Rebecca Hof von der Handwerkskammer. „Das EU-Förderprogramm Erasmus ermöglicht seit 2009 wechselnde Praktika für junge Fachkräfte. Und wenn sonst viele junge Leute die Fördermittel für Auslandssemester an Unis nutzen, soll auch der Nachwuchs im Handwerk Ähnliches nutzen können“, erläutert Rebecca Hof. „Es macht das Handwerk nebenbei populärer.“

900 Euro Stipendium erhält jeder Teilnehmer; mit Felix Eickmeyer, Marc Rauer und sechs weiteren Azubis aus NRW kam die Kfz-Branche erstmals überhaupt in den Genuss dieser Förderung.

Die Anreise erfolgte auf eigener Achse, gewohnt haben die jungen Leute in einer Ferienwohnung. Marc Rauer ergänzte das Team von RA Motor in Uppsala, 70 Kilometer nördlich von Stockholm. „Ein Betrieb, der sich vorwiegend um japanische Automodelle kümmert“, erklärt Rauer. „Und ich wurde gleich voll integriert, durfte auch bei Arbeiten wie einer kompletten Motorüberholung oder der Erneuerung von Airbags mit eingreifen.“ Ebenso gute Erfahrungen hat Felix Eickmeyer in seinem Gast-Betrieb Upplands Motor gemacht: „Dort wird vor allem an Ford, Mercedes, Renault und wie bei uns in Steinhagen an Volvo gearbeitet. Mit etwa 80 Mitarbeitern und allein 61 Hebebühnen eine viel größere Werkstatt.“

Mehr Pausen als sonst

Die Verständigung auf Englisch klappte trotz der vielen Fachbegriffe gut, berichten die Gast-Azubis. So sei schnell ein regelrecht kumpelhafter Umgang unterein­ander entstanden. „Es wird zwar grundsätzlich genauso hart und fleißig wie hierzulande gearbeitet, aber allein, wie viele Kaffeepausen zwischendurch gemacht werden, das ist schon entspannt. Die Arbeitszeiten werden sehr flexibel gehandhabt“, berichten beide.

Und auch nach der Arbeit traf man sich unter den Kollegen oft, für Ausflüge in die Stadt oder zum Grillen. All das ging in Schwedens viertgrößter Stadt Uppsala in jenen Tagen noch: „Corona war aber mehr und mehr ein Thema. In unserer zweiten Woche schlossen dann zunehmend Gaststätten und Schulen“, berichtet Felix Eickmeyer. Beeindruckt sind die beiden von der Weite der schwedischen Landschaft: „Oft hat man mehr als 50 Kilometer lang nur Wald ohne ein Haus um sich herum“, erinnert sich Marc Rauer. Denn am Wochenende blieb Zeit für Touren in die Umgebung, etwa zu spontanen Runden auf einer Rennstrecke oder beim Besuch in Auto- und Spielzeugmuseen.

Dänemark hatte die Grenzen schon geschlossen

Auf der Rückreise wurden die beiden dann doch noch einmal mit dem Thema Corona konfrontiert: Dänemark hatte bereits seine Grenzen geschlossen. „Doch die Durchreise zurück nach Deutschland war uns zum Glück noch gestattet“, berichten die beiden. „Allerdings mit längeren Kontrollen.“

Kfz-Meister Frank Ackermann musste zwar für zwei Wochen auf seine beiden jungen Mitarbeiter verzichten, „ich sehe das aber als eine Art Bonbon für die beiden. Wer weiß, wann sie mal wieder eine solche Gelegenheit haben?“

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