Wie nicht nur in Werther der Unterrichtsstoff vermittelt wird, wenn die Schulen geschlossen sind
Katapult ins digitale Zeitalter
Werther (WB). »Wir fühlen uns, als ob wir mit einem Katapult ins digitale Zeitalter geschleudert werden«, so beschreibt Ulla Husemann, Schulleiterin der PAB Gesamtschule, die gegenwärtige Situation. Ihr Kollege Jens Gadow von der Grundschule Werther antwortet auf die Frage, ob die Lehrkräfte auf den digitalen Unterricht vorbereitet sind, mit »Nein, aber wir arbeiten uns da ran«.
Was von einigen Schülern als vorgezogene Ferienzeit mit nahezu unbegrenzter Zeit zum »Onlinezocken« verstanden wird, stellt das Schulsystem vor ungeahnte Probleme. Immerhin herrscht inzwischen Einigkeit unter den Bundesländern darüber, dass die Abiturprüfungen stattfinden sollen. In Bezug auf den aus den Fugen geratenen Zeitplan herrscht aber nach wie vor große Unsicherheit.
Rückkehr in den Schulalltag nach den Osterferien?
Ulla Husemann geht wie ihr Kollegium zunächst einmal davon aus, dass ab dem 20. April eine Rückkehr zum schulischen Alltag eingeleitet werden kann. »Falls nicht, sind wir auch darauf vorbereitet«, stellt sie klar. Derzeit sind die Lehrer damit beschäftigt, sich mit der digitalen Plattform »Office 365« vertraut zu machen und die Schüler mit online zu bewältigenden Aufgabenstellungen zu versorgen. In der Sekundarstufe 1 haben diese laut Husemann übenden und wiederholenden Charakter und bestehen auch aus projektorientierten Arbeiten. Für die Schüler der Oberstufe geht es dagegen im Wesentlichen um Vorbereitung auf anstehende Prüfungen.
»Wir können mittlerweile 92 Prozent aller Eltern mit der SchulApp erreichen«, bestätigt Jens Gadow. Nach Klassen bzw. Jahrgängen gestaffelte digitale Lernangebote gebe es auch für die Grundschule. Allerdings geschehe das nur auf freiwilliger Basis, »da wir ja nicht davon ausgehen können, dass alle Kinder einen Internetzugang haben«. Leistungsüberprüfungen wie modifizierte Klassenarbeiten seien demzufolge nicht möglich. Die in der Zwangspause geübten Inhalte sollen dazu dienen, bei Wiederaufnahme des Unterrichtsbetriebes Anknüpfungspunkte zu haben.
»Ich bin positiv überrascht bis nahezu begeistert«, so Ulla Husemann über die Möglichkeiten der digitalen Plattform, die sie auch für ihren Deutschkurs nutze. Man könne chatten und Videokonferenzen abhalten, den Schülern werden Rückmeldungen zu ihren Aufgaben und Lösungswege zur Selbstkontrolle übermittelt. Als Hemmschuh erweise sich dagegen die digitale Infrastruktur. »Am Standort Werther könnten wir lospreschen«, es fehle aber an der entsprechenden leistungsfähigen Anschlüssen, sagt die Schulleiterin und zieht den Vergleich zu »einem Porsche mit Rasenmähermotor«. Am Standort Borgholzhausen gebe es zwar eine Uploadrate von 600 Mbit, dafür fehle die Verkabelung im Schulgebäude, so »als ob der Rasenmäher mit Ferrarimotor betrieben werden muss«.
Digitaler Unterricht ist individualisierter
Auch wenn der direkte menschliche Kontakt fehle und der Arbeitsaufwand für alle Beteiligten erheblich höher sei, bieten die digitalen Unterrichtsformen größere Möglichkeiten für individualisierten Unterricht und damit mehr Chancengerechtigkeit, findet Ulla Husemann und kann so der Krise auch positive Aspekte mit längerfristigen Auswirkungen abgewinnen. Die derzeit gemachten Erfahrungen werden sich auch nach Ansicht von Jens Gadow im Nachhinein noch bezahlt machen.
Vorerst hofft er, dass »wir alle diese Zeit gut überstehen und gemeinsam für die Schülerinnen und Schüler gute Wege finden, Lernen zu gestalten«. Für Ulla Husemann hat neben dem hohen Maß an Gelassenheit und der nötigen Flexibilität vor allem der Humor eine wichtige Bedeutung.
Die Sekretariate beider Schulen sind täglich erreichbar, die Schulleitung ist regelmäßig vor Ort. An der Grundschule nutzen derzeit fünf Kinder die Notfallbetreuung, die Gesamtschule verzeichnet bisher keine derartigen Nachfragen.
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