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Bücherhaus Häger ist Umschlagplatz für Krimis, Romane und Kinderlektüre, die zu schade zum Verstaubenlassen sind

Lesevergnügen zum Nulltarif

Werther-Häger (WB)

Die Stadtbibliothek hat wegen Umbau geschlossen, aber Sie sind trotzdem auf der Suche nach Gratis-Lesestoff? Und zwar handfestem? Wer eine Alternative zur Onleihe sucht, die natürlich weiterhin virtuell funktioniert, wird womöglich im Bücherhaus Häger fündig - dem Umschlagplatz für alles, was zu Hause nur rumgestanden hat und trotzdem noch lesenswert ist.

Margit Brand

Hier ist man nicht zum Suchen, sondern zum Finden: Im Bücherhaus in Häger wechselt das Sortiment ständig. Aktuelle, gut erhaltene Lektüre ist besonders gern gesehen. Foto: Margit Brand

Mit einer Bücherei kann und will sich das Angebot in dem charmanten Mini-Fachwerkhaus im Schatten des Bürgerhauses zwischen Engerstraße und Bleeke natürlich nicht messen. Aber anders als andernorts in umfunktionierten Telefonzellen oder öffentlichen Tauschbörsen merkt man hier, das regelmäßig ordnende Hände am Werk sind. Konsalik, Reiseführer von anno dazumal oder wissenschaftliche Lektüre, die längst überholt ist? Kommt nicht ins Regal. „Ich kann auch ganz gut wegwerfen“, sagt Ulla Wefing mit einem Schmunzeln. Sie gehört zu den Frauen des Heimatvereins Häger, die sich um den Bestand im Bücherhaus kümmern.

Was irgendwo im Keller vor sich hin moderte oder völlig verqualmt viel zu lange im Wohnzimmer stand, landet also im Altpapier. Manchmal wünscht sich Ulla Wefing, dass die Leute sich und anderen diesen „Umweg“ über das Bücherhaus sparen.

„Als Entsorgungspunkt ist es nicht gedacht“, sagt sie, ist aber umgekehrt oft auch überrascht und erfreut, was da immer wieder an tollen, gut erhaltenen Büchern in den Kisten am Eingang landet. Ken Follet oder Ingrid Noll - die sind meist in Nullkommanix wieder verschwunden.

Auch Kinderbücher sind sehr beliebt. „Da dürften gerne noch mehr von kommen“, findet Ulla Wefing. Zum Glück gab‘s gerade erst eine großzügige Spende der Stadtbücherei. Was Susanne Damisch und ihr Team im Zuge der Aufräumarbeiten aussortiert haben, stellen die Bücherfrauen des Heimatvereins nach und nach in die Regale.

Wiederkommen lohnt also, und das tun auch viele. Zumal man hier ohnehin nicht suchen, sondern nur finden kann. „Viele machen bei einem Spaziergang durchs Dorf gerade einen Zwischenstopp. Nicht selten halten auch Autos mit Bielefelder Kennzeichen“, hat Ulla Wefing beobachtet. Praktisch: Das Bücherhaus hat rund um die Uhr geöffnet - und abends sogar mit Beleuchtung. Die ist mit den Straßenlaternen vernetzt.

Das ganz Projekt lebt - inzwischen seit ungefähr acht Jahren - von der Ehrlichkeit. Meistens auch gut, berichtet Ulla Wefing. Auch ihr ist natürlich in Erinnerung, dass das Haus vor einigen Jahren einmal komplett verwüstet worden ist. Aber das bliebt zum Glück die Ausnahme. Ulla Wefing mag auch nicht ausschließen, dass die besonders aktuellen, gut erhaltenen Bücher gelegentlich auf irgendwelchen Gebraucht-Portalen im Internet wieder zu Geld gemacht werden. „Aber reich werden kann man damit ja auch nicht.“

Dem Heimatverein jedenfalls liegt daran, gute Bücher in neue Hände zu vermitteln. Mögen Bücherwände vielleicht zunehmend aus den Wohnungseinrichtungen verschwinden: „Nicht jeder mag deshalb nur E-Books. Es ist doch schön, wenn Bücher, die nach einmaligem Lesen womöglich nur noch rumliegen, auch einem anderen noch ein paar Stunden Lesevergnügen bescheren.“

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